Essen-Rellinghausen. Viele Grundschulen leiden unter Platzmangel. An der Ardeyschule wird die Lage immer schwieriger. Dabei liegen Pläne für eine Mehrzweckhalle vor.

Elli Schulz

Wie viele Grundschulen in Essen leidet die knapp 200 Jahre alte Ardeyschule in Rellinghausen unter akuter Raumnot. Dort ist seit Jahren der Bau einer Mehrzweckhalle im Gespräch, der die Situation entspannen soll. Diese hat sich seit Anfang des Jahres noch einmal zugespitzt, da aufgrund von Brandschutzbestimmungen ein Klassenraum gesperrt werden musste.

Das ist Anlass für die Politiker in der Bezirksvertretung II (Rellinghausen, Stadtwald, Bergerhausen, Rüttenscheid), sich in ihrer nächsten Sitzung am Donnerstag, 25. März, mit der beengten Raumsituation an der Grundschule, die 2017 ihr 190-jähriges Bestehen feierte, zu beschäftigen. Die Politiker wollen von der Verwaltung zudem aktuelle Zahlen zur Infrastruktur im Bezirk.

Die Ardeyschule ist nur ein Beispiel für die Raumnot an Essener Grundschulen. Im Zuge der Anmeldungen Anfang des Jahres wurde klar, dass die Zahl der Erstklässler mit über 5500 im kommenden Schuljahr einen Rekordwert erreicht. Etliche Schulen mussten Interessenten abweisen, viele Kinder können nicht ihre Wunschschule besuchen.

In der Vergangenheit waren immer wieder Grundschulen geschlossen worden, weil die Zahl der Kinder zurückging. Nachdem sie nun wieder steigt, greift die Stadt an vielen Standorten auf Lösungen wie Fertigbauten, Container oder Pavillons zurück, um die Kinder unterzubringen.

Einziger Mehrzweckraum der Rellinghauser Schule wird derzeit als Klassenraum genutzt

Die Bezirksvertreter wollen jetzt darüber beraten, ob Rat und Verwaltung die Lage an der Ardeyschule neu begutachten und bewerten sollen. Ziel soll die Entwicklung und Umsetzung eines neuen Konzepts zur Verbesserung der Raumsituation sein.

Grundschule mit langer Tradition

Im Laufe der langjährigen Geschichte der Ardeyschule war der Raumbedarf gewachsen: 1827 sei ein Raum in Rellinghausen angemietet worden, in dem dann eine einklassige Schule für die evangelischen Kinder untergebracht war. 1849 erfolgte laut Chronik der Umzug in die einklassige Schule mit Lehrerwohnung an der Oberstraße. Die evangelische Volksschule wurde 1939 in Ardeyschule umbenannt. Sie nahm 1945 als evangelische Schule ihre Arbeit mit 738 Schülern in 15 Klassen wieder auf. Ein Anbau entstand 1963. Seit 1968 ist die Ardeyschule städtische Gemeinschaftsgrundschule. 2009 wurde das Gebäude grundlegend saniert.

Durch die Sperrung eines Raums aus Brandschutzgründen habe sich die Raumnot an der Grundschule noch einmal verschärft. Ein bisher für die verlässliche Betreuung der Kinder von 8 bis 13 Uhr zur Verfügung stehender Raum müsse nun als Klassenraum zweckentfremdet werden. Die sogenannte „8-1“-Betreuung finde in der einen Hälfte des einzig vorhandenen Mehrzweckraums statt, der nun für Bewegung und musikalische Erziehung entfalle.

In Spitzenzeiten teilten sich bis zu 80 Kinder die zur Verfügung stehenden 100 Quadratmeter. Die Beschränkungen durch die Corona-Pandemie wie Abstandsregeln und Trennung von Schülergruppen verschärften die Situation und zeigten den dringenden Handlungsbedarf.

Schüler der Ardeyschule hatten im Sommer 2019 bereits Modelle wie dieses gebaut, um ihre Vorstellungen von einer Mehrzweckhalle zu zeigen.
Schüler der Ardeyschule hatten im Sommer 2019 bereits Modelle wie dieses gebaut, um ihre Vorstellungen von einer Mehrzweckhalle zu zeigen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die Raumnot der Ardeyschule sei im bisherigen Schulentwicklungs- und -bebauungsplan mit der Option einer Mehrzweckhalle zwar bereits anerkannt und bedacht, eine solche Halle sei jedoch erst für einen Zeitraum nach 2024 in der Prioritätenliste. Ob man den Bau einer solchen Halle nicht vorziehen könne und welche zusätzlichen Lösungsansätze zur kurzfristigen Verbesserung der angespannten Raumsituation entwickelt und umgesetzt werden können, solle Teil der Neubewertung der Ardeyschule sein.

Pläne für die Mehrzweckhalle wurden vor zwei Jahren vorgestellt

Vor zwei Jahren waren die Pläne für eine Mehrzweckhalle auf dem Gelände der Grundschule an der Oberstraße der Öffentlichkeit präsentiert worden. Eltern, Kollegium, Förderverein und Schüler der Schule wünschen sich dringend eine Halle für Einschulungsveranstaltungen, Theater- und Zirkusaufführungen sowie Sport. Der Förderverein hatte deshalb eine Machbarkeitsuntersuchung bei einem Bergerhauser Architektenbüro in Auftrag gegeben. Die Pläne waren bereits im Oktober 2018 dem Schulamt und der städtischen Immobilienwirtschaft vorgestellt worden.

Die Schule verfügt über keine Aula und keine Sporthalle

Die Ardeyschule verfügt über keine Aula, keine Pausenhalle, keine Sporthalle und einen nur bedingt nutzbaren Bewegungsraum, dessen Nutzung jetzt gerade weiter eingeschränkt ist. Vor dem Abriss des benachbarten evangelischen Gemeindezentrums konnte die Schule dort Räume mitnutzen. Bei der Präsentation der Pläne für die Mehrzweckhalle gab es viel Zustimmung seitens der Politik. Doch schon damals ging man davon aus, dass eine solche Halle bestenfalls mittelfristig gebaut werden könne.

Für die zweigeschossige Halle mit Nebenräumen hatten damals zwei Entwürfe vorgelegen, die sich vor allem darin unterschieden, dass das Neubau einmal vor und einmal hinter dem historischen Schulgebäude platziert wäre. Für Michael Reiß, Schulpflegschaftsvorsitzender an der Ardeyschule, ist die Situation sehr unbefriedigend. Er wünscht sich mehr Verbindlichkeit.

„Wir haben unsere Arbeit mit der Präsentation der Pläne für die Mehrzweckhalle gemacht. Jetzt liegt die Sache seit anderthalb Jahren bei der Stadt und wir wissen immer noch nicht, wie es zeitlich weitergehen könnte. Es gibt keine Transparenz, was die Prioritätenliste angeht.“ Wenn auch coronabedingt einige Termine nicht hätten eingehalten werden können, sei angesichts des Engagements aller Beteiligten vor Ort die Rückmeldung seitens der Stadt schon ziemlich dürftig, fürchtet Reiß, dass die Initiative am Ende „auf dem Abstellgleis“ landen könnte.

Zahlreiche Bauprojekte im Bezirk verschärfen die Situation

Kritik an der Raumnot in Schulen im Bezirk II kommt von der SPD. Die zahlreichen Bebauungsmaßnahmen, besonders in Rüttenscheid, und eine niedrige Versorgungsquote für die frühkindliche Bildung und Betreuung im Bezirk II stehen für die Sozialdemokraten in einem engen Zusammenhang. „Grundschulen platzen schon derzeit aus den Nähten, 30 Schüler auf 55 Quadratmetern sind nicht hinnehmbar. Das ist ein Desaster“, so Andreas Goszdick, SPD-Fraktionsvorsitzender.