Essen. Das neue Schnelltest-Zentrum in der Grugahalle hat seinen Betrieb aufgenommen. Auch in der Lichtburg soll es bald kostenlose Bürgertests geben.
Tag eins im Corona-Schnelltestzentrum Grugahalle beginnt Dienstagfrüh um sieben ohne Warteschlange. Erst zwei Stunden später steigt im großen Foyer die Frequenz, wenn auch nur leicht. Dass Essen hier den ersten kostenlosen „Bürgertest“ für alle anbietet – dem bald ein weiterer Standort in der Lichtburg folgen soll –, hat bis dahin noch nicht viele erreicht. „Eine tolle Sache“, sagt Bettina Hermann. „Ich habe es heute morgen in der Zeitung gelesen und bin spontan hin.“
Die Rüttenscheiderin ist Tagesmutter von fünf Kindern, da gebe ein Test allen Beteiligten, auch Eltern und Geschwistern, ein Gefühl der Sicherheit. „In den letzten Monaten habe ich schon vier Tests gemacht, alle negativ“, fügt sie hinzu. Der kostenlose Corona-Test einmal pro Woche, und dann noch direkt vor der Haustür, sei für sie ein perfektes Angebot. Als Tagesmutter habe sie seit Herbst zwar Anspruch auf monatlich einen kostenlosen Test beim Hausarzt. „Aber dort fehlen meistens Kapazitäten.“ Deshalb habe sie sich am Flughafen Düsseldorf testen lassen - bezahlt aus eigener Tasche.
Nach nur zehn Minuten steht das Ergebnis fest: Bettina Hermann lacht, es ist „negativ“
Ohne Warteschlange dauert das Test-Prozedere in der Grugahalle gerade mal 20 Minuten – Schnelltest eben. Die Frauen am Eingang verlangen den Personalausweis, eine Telefonnummer, zwei Unterschriften. Dann geht’s mit den Formularen und dem in Folie verpackten Antigen-Schnelltest-Kit in eine der zwölf Testkabinen. Dr. Udo Gleibs, der Ärztliche Leiter, streicht mit dem langen Wattestäbchen zuerst den Rachen und dann fix die Nase ab. Nach zehn Minuten im Wartebereich gibt’s das Resultat. „Negativ“, lacht Bettina Hermann und eilt erleichtert von dannen.
Melina Teichmann aus Altenessen, Studentin für Tourismus-Management, berichtet von leichten Symptomen nach dem Aufstehen: „Halsschmerzen“. Bei der Arbeit habe sie Kontakt zu anderen Menschen, daher wolle sie auf Nummer sicher gehen. Das Angebot sich kostenlos testen zu lassen, und das obendrein von medizinisch geschultem Personal, spricht die junge Frau an. Ihr Trip zur Grugahalle sollte sich lohnen. Auf dem von Dr. Gleibs unterschriebenen weißen Bogen steht das Kreuzchen ebenfalls bei Negativ.
Im Gegensatz zum Corona-Schnelltest vom Discounter hat der Bürgertest im behördlich zugelassenen Testzentrum einen großen Vorteil: Alle getesteten Personen erhalten ein Zertifikat. Ist der Befund positiv, schickt der Arzt die Testperson nach eingehender Beratung zum Hausarzt, damit dieser den präziseren PCR-Test vornimmt.
Dezernent will eine aufs ganze Stadtgebiet verteilte Infrastruktur für kostenlose Tests
Oberbürgermeister Thomas Kufen und Ordnungsdezernent Christian Kromberg machen sich schon um halb neun ein Bild vom neuen „CTG Corona Testzentrum Grugahalle Essen“ – und sind zufrieden. „Die Kombination von Impfen und Testen ist ein Schritt raus aus der Pandemie“, sagt der OB. Für den Dezernenten ist der „Bürgertest“ in der Grugahalle nur der erste Schritt. „Unser Ziel ist eine aufs gesamte Stadtgebiet verteilte Infrastruktur für kostenlose Tests.“
Ein städtisches Testzentrum sei übrigens nie erwogen gewesen, betont Kromberg. Die Stadt betreibe bereits das Impfzentrum, hinzu komme seit Beginn der Pandemie das Corona-Lagezentrum. Für den „Bürgertest“ suche man sich nun geeignete Partner, und das Interesse sei groß. Dass Apotheker und niedergelassene Ärzte in Essen kostenlose Test in ihren eigenen Geschäften bzw. Praxen anbieten, dürfte mangels Kapazität die große Ausnahme sein.
Große Kapazitäten, hohe Frequenz: Das Testzentrum Grugahalle betreibt der Essener Apotheker Peter Ricken, der dort schon kurz vor Weihnachten mit Erfolg Antigen-Schnelltests angeboten hatte. Im Premierenkino Lichtburg auf der Kettwiger, also im Herzen der Innenstadt, eröffnet der Geschäftsmann vermutlich schon bald das nächste Testzentrum – der Antrag ist bereits gestellt.
Essener Apotheker reagiert schnell auf die Pandemie und entdeckt neue Geschäftsfelder
Damit nicht genug: Auch das große DRK-Testzentrum im Hangar des Flugplatzes Essen/Mülheim könnte schon bald die Zulassung des Gesundheitsamtes bekommen. Montagabend flatterte dem Dezernenten ferner das Angebot eines Privat-Unternehmers ins Haus, der sich bei den Kommunen im Lande anpreist als „führender Anbieter“ von Schnelltests. Kurzum: Es scheint eine Art Goldgräberstimmung zu herrschen.
Peter Ricken gehört zu denen, die schnell auf die Verwerfungen durch die Pandemie reagiert und völlig neue Geschäftsfelder erschlossen haben. „Aus der Not eine Tugend machen“ lautet seine Devise. Der Essener, der neben den beiden Essener Apotheken noch jeweils eine in Mülheim und Hagen besitzt, beliefert inzwischen etliche Unternehmen an Rhein und Ruhr regelmäßig mit Corona-Selbsttests. Auf Wunsch schickt er interessierten Firmen auch mobile Test-Trupps ins Haus. Ricken: „Die Hälfte meines Geschäfts wickele ich inzwischen mit Firmenkunden ab, die ich vor einem Jahr noch gar nicht kannte.“
- Wir möchten wissen: Wie kommen Sie durch die Pandemie-Krise? Was vermissen Sie, mit welchen Erwartungen blicken Sie in die Zukunft? Machen Sie mit bei unserer Umfrage unter www.waz.de/waz-coronacheck
- Mehr Nachrichten aus Essen lesen Sie hier.