Essen. Der Versuch der Stadt, das Bürgerbegehren abzuwimmeln, indem man die Kostenangabe verweigert, ist gescheitert: Das Gericht sieht einen Anspruch.

Die Kosten für ein kommunales Krankenhaus – „unkalkulierbar“, das Bürgerbegehren dafür also eh „unzulässig“: Mit dieser Formel weigerte sich die Essener Stadtverwaltung über Monate beharrlich, für das geplante Klinik-Begehren eine Kostenschätzung abzugeben. Diese ist aber wiederum zwingend nötig, um das gewünschte Verfahren überhaupt in Gang zu setzen, weshalb die Initiatoren kurzerhand vors Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen zogen – mit Erfolg. Die Stadt muss einen Preis nennen.

Der entsprechende Beschluss der 15. Kammer, ergangen im Eilverfahren einer einstweiligen Anordnung, bedeutet eine ebenso überraschende wie peinliche Klatsche für die Verwaltung, die sich für ihre Rechtsauffassung sogar mit einem Rechtsgutachten der Düsseldorfer Rechtsanwalts-Kanzlei Gleiss Lutz munitioniert hatte. Das lief darauf hinaus, von vornherein jenes Bürgerbegehren zu kassieren, das mit dem Gedanken spielt, die durch zwei geschlossene Krankenhäuser im Norden entstandene Versorgungslücke durch eine kommunale Klinik zu stopfen.

Ein Bürgerbegehren als schwere Geburt

Fast neun Monate gehen die Initiatoren nun schon mit dem Plan für ein Bürgerbegehren gegen die Schließung zweier Krankenhäuser im Norden schwanger, doch noch ist nichts Zählbares dabei herausgekommen.

Erst hakte es bei der Formulierung der Begehrens-Frage, dann über Monate an der Kostenschätzung. Inzwischen hat Klinik-Betreiber Contilia Fakten geschaffen: Die beiden Hospitäler in Altenessen und Stoppenberg sind dicht – ersatzlos.

Ein neues, kommunales Krankenhaus durch die Hintertür

Schwarz auf Weiß liest sich das allerdings zunächst anders. Denn das Klinik-Begehren wollte aus taktischen Gründen einstweilen nur die Gründung einer gemeinnützigen GmbH durchsetzen, eine, die sich der Gesundheitsversorgung „durch Erhalt, Reaktivierung sowie Neugründung von wohnortnahen Klinikstandorten“ widmet. Wenn man so will: ein neues, kommunales Krankenhaus durch die Hintertür.

Mag sein, signalisieren nun die drei Verwaltungsrichter aus Gelsenkirchen und wollen die Sorge der Stadt vor ausufernden Ausgaben gar nicht in Abrede stellen. Das aber rechtfertige nicht, die laut Gemeindeordnung nötige Kostenschätzung zu verweigern, denn weder die Stadt noch das Gericht „haben in diesem Stadium des Verfahrens eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu treffen“, so heißt es wörtlich in dem Beschluss der Richter. Das sei vielmehr Sache des Stadtrates.

Laut Gericht nimmt der Gesetzgeber den Aufwand in Kauf, um die Bürgerbeteiligung zu stärken

Und zwar auch, wenn eine Stadt die Befürchtung hegt, dass eine solche Kostenschätzung mit großem Verwaltungsaufwand einhergeht: „Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers“, schreiben die Verwaltungsrichter, solche Mühen „auch in diesen Fällen zugunsten einer Stärkung der Bürgerbeteiligung aufzuerlegen“. Eine vorgeschaltete Zulässigkeits-Kontrolle durch die Stadt sehe das Gesetz jedenfalls nicht vor.

Und überhaupt: Es gehe ja zunächst nur um die grob geschätzten Kosten. Die könne das Rathaus ja durchaus um den Hinweis auf das Risiko womöglich erheblicher Folgekosten ergänzen. Ja, selbst der Hinweis auf nicht bezifferbare finanzielle Belastungen würde schon ausreichen, um die Bürger über die finanzielle Tragweite des Bürgerbegehrens zu informieren. Und darum gehe es ja schließlich.

Ob die Stadt nun nachgibt oder die nächste Instanz anruft, ist noch unklar

Offen ist noch, ob die Stadt Essen den Beschluss des Verwaltungsgericht ohne weiteres Grummeln nun umsetzt oder weiter den Rechtsweg bestreitet und Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster einlegt: Rechtsdezernent Christian Kromberg signalisierte, man werde den Fall zunächst eingehend prüfen. Fügt man sich, wäre den Initiatoren des Bürgerbegehrens eine andere Kostenschätzung jedenfalls egal: Die Kosten des Eil-Verfahrens muss die Stadt tragen.