Essen-Rüttenscheid. Das Angebot an zweisprachigen Kitas in Essen ist durch einen neuen spanisch-deutschen Kindergarten angewachsen. Corona erschwerte aber den Start.
Wenn sich hier am Morgen Kinder und Erzieherinnen begrüßen, dann hört man nicht nur „Guten Morgen“ oder „Hallo“. Gern heißt es auch „Buenos dias“ wahlweise „Hola“. Willkommen in der Kita an der Goethestraße. Neben Deutsch wird Spanisch gesprochen. Die bilinguale Einrichtung steckt noch ein wenig in den Kinderschuhen, wurde sie doch erst im vergangenen Sommer gestartet. „Corona konnte uns nicht aufhalten, bleibt aber eine Herausforderung“, so Initiatorin Teresa Lagos. Für sie erfüllt sich mit der Kita ein Lebenstraum und für Essen geht eine Erweiterung des bilingualen Kindergartenangebots damit einher.
Team der Kita in Essen-Rüttenscheid erlebte ein Wechselbad der Gefühle
Neun Jahre lang hat die Essenerin mit ihrem Verein „Casita, mi Kita“ geplant und auf das Ziel hingearbeitet, den zweisprachigen Kindergarten zu eröffnen. Sprachkurse und Spielgruppen bot er auch vorher schon an, doch das Angebot sollte ausgebaut werden. Dass dann wenige Monate vor Beginn die Pandemie ausbrach, konnte die Beteiligten aber nicht von ihrem Weg abbringen. „Wir haben allerdings mit etwas weniger Kindern begonnen als zunächst vorgesehen“, sagt Lagos, Coronabedingt sei es nach wie vor schwierig, Erzieherinnen und Erzieher zu finden und einzustellen. Doch immerhin fand sich genügend Personal, dass nun 25 Kinder einen Platz haben, eigentlich und ursprünglich sollten es 30 sein.
In den wenigen Monaten hat das Team der jungen Kita schon ein Wechselbad der Gefühle erlebt. Im Sommer bestand zunächst viel Hoffnung, dass Corona bald ein Ende haben könnte und damit auch Auflagen wie Abstandsregeln und strenge Hygienevorschriften wegfallen würden. Dann allerdings trat genau das Gegenteil im Dezember ein, Kitas wurden geschlossen und durften nur Notbetreuung anbieten. Seit Anfang der Woche dürfen nun alle Kinder wieder ihre Kita besuchen. Wie es weitergeht, hängt von der Corona-Entwicklung ab.
Mädchen und Jungen lernen spielerisch die spanische Sprache
In Essen gibt es jetzt sieben bilinguale Kitas
In Essen gibt es laut Jugendamt sieben bilinguale Kitas.Deutsch-Englische Kitas bestehen in Rüttenscheid (Kita Grugapark, 80 Plätze insgesamt), sowie zwei in Bergerhausen (Weserstraße 80 mit 41 Plätzen und Diemelstraße mit 60 Plätzen).Eine deutsch-spanische Kita betreibt die Stadt an der Barthel-Bruyn-Straße in Holsterhausen (95 Plätze), zudem eine deutsch-türkische Kita an der Hildesheimer Straße in Frohnhausen (96 Plätze). Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) unterhält eine deutsch-französische Kita am Voßbusch in Bredeney (56 Plätze). Weitere Informationen zu der neuen Kita in Rüttenscheid: www.casitamikita.de
Bei den Mädchen und Jungen habe man eine große Freude spüren können, zur Goethestraße zurückkehren zu können, erzählt Teresa Lagos. „Ihnen war anzumerken, wie sehr sie den Kindergarten vermisst haben.“ Andersherum waren auch die Erzieherinnen froh, dass die Kinder wieder da waren. Ganz ohne junge Besucher blieb das Team zwar nie, aber der übliche Betrieb war über Wochen hinweg nun mal nicht angesagt.
Jetzt also bieten die Erzieherinnen wechselweise Gruppen an, in denen Spanisch oder Deutsch gesprochen wird. Da Kinder in der Regel gern Neues entdecken, „lernen sie die neuen spanischen Begriff mit großer Leichtigkeit“. Anders als später in der Schule müssen die Kleinen hier keine Vokabeln pauken oder Grammatik üben, spielerisch machen sie sich mit Spanisch vertraut. Wie das funktioniert erklärt Teresa Lagos an einem Beispiel: Da fragt die Erzieherin : „Quién quiere la pelota?“, also: Wer möchte den Ball? Dabei hält sie einen Ball in der Hand und die Kinder verstehen fix, um welchen Begriff es sich dreht. Im weiteren Verlauf erfahren die Kinder, wie sie antworten können, wiederholen solche Sätze und nach einer Zeit ist ein anderes Wort an der Reihe. Gern nimmt die Erzieherin auch ein spanisches Bilderbuch zur Hand, liest nicht nur die Geschichte langsam vor, sondern zeigt auch immer wieder auf den Bildern, welche Begriffe gemeint sind.
Auf der Speisekarte stehen Gerichten aus zwei Nationen
Nun will die Kita aber nicht nur die Sprache vermitteln, sondern die jungen Gäste sollen auch etwas über das Leben und die Kultur erfahren. Da werden dann wie in diesen Wochen schon mal kleine, kurze Frühlingsgedichte vorgelesen. Auf der Speisekarte am Mittag finden die Kinder typisch spanische Gerichte. Wer nun nur an Paella denkt, kennt lediglich einen Teil der spanischen Küche. In der Heimat von Teresa Lagos haben Eintöpfe mit Hülsenfrüchten immer Konjunktur. Ob Linsen, Bohnen oder Kichererbsen, die Köchin der Kita kennt die passenden Rezepte aus dem Effeff, sie stammt aus Ecuador und ist sowohl mit der spanischen als auch der lateinamerikanischen Küche vertraut. In einer bilingualen Einrichtung sollte aber auch die andere Nation nicht zu kurz kommen, Bratkartoffeln und Würstchen gehören auch zum Programm. Eine bunte Menüfolge werden den Kindern geboten, zu der Vollkornnudeln, Gemüse und Salate ebenso dazuzählen. Auf gesunde Ernährung lege die Kita großen Wert, betont das Team.
Die Eltern haben sich aus ganz unterschiedlichen Gründen für die Kita entschieden. Einige stammen aus dem südeuropäischen Land oder einer der Ehepartner. „Wir leben seit Oktober in Deutschland und freuen uns sehr, dass die Kita unsere Kinder und auch uns bei der Eingewöhnung derart unterstützt“, sagt eine Mutter. Andere in Deutschland geborene Eltern wiederum möchten ihre Kinder schon recht früh mit einer zweiten Sprache vertraut machen „und dass sie in einem multikulturellen Umfeld aufwachsen“, sagt ein weiteres Paar. Ihnen ist „der Austausch mit anderen Kulturen ganz besonders wichtig“. Es gebe auch Kinder, die schon mit der dritten Sprache beginnen, so Teresa Lagos. Sie hat eine Familie vor Augen, die aus Schottland stamme, hier zunächst Deutsch gelernt habe. Das Kind solle nun mit einer weiteren Sprache starten.
Lob auf das vielfältige Engagement der Eltern
Bei aller Begeisterung, dass die Kita wieder geöffnet ist, berichtet die Initiatorin, habe Normalität im Alltag noch nicht Einzug gehalten. Erzieherinnen tragen weiterhin Masken, Umarmungen sind eher selten und Berührungen ebenso, obwohl das nun so gar nicht zur spanischen Mentalität passe. Gerne würde man auch mal Lieder singen, doch auch das müsse momentan noch unterbleiben. Damit müssten sich aber auch andere Kitas arrangieren, sagt die Gründerin. Sie wünscht sich zudem, dass Eltern wie sonst üblich in der Einrichtung aufhalten dürften. Das erleichtere den Kontakt doch ganz erheblich. An Engagement herrsche aber auch in Corona-Zeiten kein Mangel und den Einsatz der Eltern möchte sie nicht missen.
Die Kinder wiederum sind oftmals richtig stolz, wenn sie Wörter einer anderen Sprache nutzen können. Malu (3) meint, sie kenne schon die Zahlen uno, duo, tres und Theo (4) weiß, wie er sich verabschieden muss:: „Hasta mañana“ - Bis morgen.
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