Essen. Groß war die Hoffnung, dass die Stadt mit ihrem Gesundheitsbericht auch Details zu Klinikplänen im Norden offenlegt. Doch es wird weiter geprüft.

Oha: „Salutogenetische Denkweise“ und „dichotomer Zustand“ – da musste am Mittwoch mancher erst mal eilig googeln, was die Stadt und ihre beratenden Experten da so über die Klinikversorgung der Zukunft in Essen zu sagen haben: Es ist, in einem Satz, der Versuch, die Frage von Kranksein und damit auch die Gesundheitsversorgung auf eine ganz neue Weise anzugehen. Ein Ansatz, der viele Freunde findet. Doch den seit Monaten erwarteten Klartext darüber, ob, wann, wo und wie das in Aussicht gestellte „Musterkrankenhaus“ im Essener Norden an den Start geht, blieb die Stadt auch in der jüngsten Ratssitzung weiter schuldig. Es wird geprüft, geprüft, geprüft.

Zum Beispiel die Frage, wie so etwas aussehen kann: ein Gesundheits-Standort, der den Trend zur ambulanten Behandlung ebenso aufgreift wie die Digitalisierung der Medizin – und der dennoch die Chance bereithält, Menschen (teil-)stationär unterzubringen. Zum Beispiel aber auch die Frage, wie denn die Kostenträger fair vergüten könnten, was da passiert, um Menschen wieder gesund zu machen, wenn die verschiedenen Bereiche verschwimmen und nicht mehr so scharf abzugrenzen ist, wo das Ärztehaus beginnt und der Begegnungsort mit unterstützenden Leistungen endet.

Stadt legt erstmals „Basisgesundheitsbericht“ vor

Zum ersten Mal hat die Stadt am Mittwoch im Rat einen Gesundheitsbericht vorgelegt, der allerlei Zahlen und Daten aus dem Gesundheits-Sektor zusammenführt und als Grundlage für eigene Analysen und die Politik dienen soll.

Wermutstropfen dabei: Der Bericht operiert mit Zahlen bis 2017 bzw. 2018 und bildet deshalb eine zentrale Entwicklung nicht ab: die Schließung von Marienhospital Altenessen und St. Vincenz Krankenhaus Stoppenberg.

Ende März will man dem Ministerium das „Musterkrankenhaus“ präsentieren

Nicht zuletzt sei auch noch zu prüfen, ob und wenn ja: wie hoch das Land einen solchen Gesundheits-Standort finanziell fördert, welche Co-Partner die Stadt für den Betrieb findet, und auf welchem Grundstück im Norden dieser hypermoderne Komplex denn entstehen könnte, zusätzlich zu dem vom Klinik-Konzern Contilia betriebenen Philippusstift in Borbeck und dem künftigen Psychiatrie-Standort im alten Marienhospital in Altenessen.

Das alles scheint nichts für Ungeduldige: Konkreter wird es frühestens Ende März, so signalisierte die Stadt am Mittwoch: Dann will man dem NRW-Gesundheitsministerium die Idee des „Musterkrankenhauses“ detailliert präsentieren. Der Rat soll dann vor der Sommerpause mehr erfahren.

SPD kritisiert: Stadt überlasse die Problemlösung offenbar anderen Partnern

Das geht vor allem den Sozialdemokraten gegen den Strich, die schon in der Ratssitzung arg in Wallung kamen, weil der von der Verwaltung vorgelegte „Basisgesundheitsbericht 2020“ zwar in die politische Debatte eingebracht, aber nicht umgehend beraten wurde. Vor allem vor dem Hintergrund eines tragischen weil tödlichen Patienten-Falls in Katernberg wollten die Genossen die Bettenversorgung in den verbliebenen Essener Krankenhäusern zum Thema machen. Doch der Punkt wurde von CDU und Grünen von der Tagesordnung genommen, eine ersatzweise beantragte „Aktuelle Stunde“ dazu: abgelehnt.

Für Martin Schlauch, SPD-Ratsherr aus Altenessen und Vorsitzender im städtischen Gesundheits-Ausschuss, „völlig unverständlich“: „Es gibt kaum ein Thema, das so akut brennt.“ Anstatt eines Konzepts, wie die Gesundheitsversorgung im Norden künftig aussehen soll, sehe er nur, „wie man die Problemlösung anderen Partnern überlässt“. Die Stadt müsse aber „endlich eigene Pläne und Ideen vorlegen“, denn vor allem die zukünftige Versorgung des Bezirks Zollverein „findet sich nirgendwo wieder“.

Die Stadt versucht zu beruhigen: Ein solches Projekt sei halt „bisher ohne Beispiel“.