Essen. Ein riesiger Neubau am Philippusstift, eine Psychiatrie samt weiterer Angebote für Altenessen: Die neue Krankenhaus-Landschaft zeichnet sich ab.
Es war, alles in allem, eine schwierige Geburt. Doch zehn Monate nach dem überraschend verkündeten Aus für eine Mega-Klinik in Altenessen und gut sechs Wochen bevor auch das zweite Krankenhaus im Norden seine Pforten schließt, lichtet sich jetzt langsam der Nebel über jener Krankenhaus-Landschaft der Zukunft, so wie Klinikbetreiber Contilia sie sich vorstellt. Im Mittelpunkt: ein großer Neubau am Philippusstift in Borbeck und der Umzug der Psychiatrie nach Altenessen.
Einer Runde mit dem OB und den Spitzen der örtlichen Politik wurden die erstmals konkret gefassten Überlegungen am vergangenen Mittwoch präsentiert. Es war dies augenscheinlich auch ein Versuch, nach der einhellig und über alle Parteigrenzen hinweg massiven Kritik an Contilia den Gesprächsfaden nicht fallen zu lassen.
Das Philippusstift bleibt danach das einzige klassische Krankenhaus im Norden
Dies, obwohl es im Grundsatz dabei bleibt: Als Krankenhaus im landläufigen Sinne wird es künftig nur noch das Philippusstift in Borbeck geben. Dort soll auf dem südlichen Klinik-Areal, hin zur Pfarrkirche St. Dionysius, ein großer Erweiterungs-Komplex entstehen, um das „Herz der Versorgung im Essener Norden“, wie Contilia es formuliert, noch deutlich leistungsfähiger zu machen.
Der Freiraum für einen solchen mehrstöckigen Neubau lässt sich laut Contilia dadurch gewinnen, dass die komplette Psychiatrie vom Philippusstift in einen langgestreckten Bau des seit wenigen Wochen leerstehenden Marienhospitals in Altenessen verlagert wird. Hier soll nicht nur eine stationäre Psychiatrie entstehen, sondern auch eine psychiatrische Tagesklinik und Institutsambulanz mit interkulturellem Schwerpunkt. Als Partner ist dabei die ZNS Bottrop GmbH im Gespräch.
Ein Notarztstandort, ein Ärztehaus und Operationen mit 24-Stunden-Überwachung
Für den neuen Gesundheitsstandort Altenessen sind überdies noch weitere Bausteine im Gespräch: So ist im bisherigen Verwaltungsbau der Katholischen Kliniken an der Johanniskirchstraße ein Ärztehaus geplant, weitere ambulante Angebote könnten in Richtung Karlsplatz entstehen. Contilia denkt zudem daran, niedergelassene Ärzte als Partner zu gewinnen, die vor Ort Eingriffe und Operationen mit 24-Stunden-Überwachung durchführen.
Weitere Schwerpunkte sollen die Eltern- und Kinderförderung sein, modernste medizinische Diagnostik und Behandlung mit der Universitätsmedizin an der Seite. Und nicht zuletzt wird es – ebenfalls an der Johanniskirchstraße – den von allen Seiten geforderten Notarztstandort der Feuerwehr geben sowie eine ambulante Notversorgung durch Ärzte. Man begegnet damit der großen Sorge vieler Menschen im Norden, im medizinischen Notfall abgehängt zu sein.
Das Gelände in Altenessen wäre mit den Ideen schon weitestgehend belegt
Klar wird in diesen Tagen: Werden all diese Angebote in die Tat umgesetzt, dann ist der alte Krankenhaus-Standort an der Hospitalstraße womöglich weitestgehend belegt. Wohl vor diesem Hintergrund signalisierte die Stadt am Donnerstagabend, mit Klinikbetreiber Contilia die Zukunftsplanung für das andere aufzugebende Gelände zu erörtern – den Standort des St. Vincenz-Krankenhauses in Stoppenberg.
Vieles in den Planungen für die neue Krankenhaus-Landschaft des Essener Nordens bleibt bei alledem noch verschwommen. Details will Contilia erst offenbaren, wenn man das Gespräch mit der Bezirksregierung gesucht hat. Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen, der immer wieder an die Verantwortung der Krankenhausbetreiber erinnert hatte, zeigt sich in einer ersten Stellungnahme vorsichtig optimistisch: Die Vorschläge seien „gut, aus meiner Sicht aber nicht ausreichend“, meinte Kufen.
Das Projekt steht und fällt mit den 94 Millionen Euro aus dem Strukturfonds
Darum werde er noch in diesem Jahr weitere Gespräche führen. Ziel sei es, „den Ansatz einer neuen Fachklinik (...) auf den Weg zu bringen“, in der schwerpunktmäßig und modellhaft aufgezeigt werden könnte, wie sich die Gesundheitsversorgung von der stationären stärker zur ambulanten Versorgung wandeln und sich zugleich die Digitalisierung besser zunutze machen lässt. Klar wird damit aber auch: Eine schnelle Lösung für den Stadtteil kann es kaum geben. In seiner Präsentation vor der Politik nannte Klinikbetreiber Contilia das Jahr 2027 als Zielmarke.
Deutlich wird die Dimension der Pläne auch an den Finanzen: Rund 118 Millionen Euro will die Contilia in die Neugestaltung investieren, 98 Millionen entfallen dabei auf den Erweiterungs-Komplex am Philippusstift in Borbeck, weitere 20 Millionen auf die Psychiatrie und die Umnutzung der vorhanden Gebäude in Altenessen. Die ehrgeizigen Pläne, so viel wird damit deutlich, stehen und fallen mit Zuschüssen, denn nur rund 24 Millionen Euro sollen aus Eigenmitteln der Contilia kommen. Die übrigen 94 Millionen Euro hätte der Klinikbetreiber gern aus dem Topf jener Strukturfonds-Mittel des Landes, die schon für den Mega-Neubau in Altenessen in Aussicht gestellt waren.
Da schließt sich der Kreis.