Essen. Essener Zentralbibliothek erweitert die Öffnungszeiten. Auch der Montag wird Ausleihtag. Zur „Open Library“ gehört das Prinzip Selbstbedienung.

Manchmal braucht es eine Krise, um zu erkennen, wie wichtig öffentliche Einrichtungen für die Organisation des Alltags sind. Dass die Zentralbibliothek längst mehr ist als ein Ort zum Ausleihen von Büchern, CDs, DVDs und anderen Medien, das bekommen die Nutzer derzeit tagtäglich zu spüren. All jene, die sonst vor allem auch zum Lernen und Arbeiten, Hausaufgabenmachen und Ruhe finden, aber auch zum Spielen und Freunde treffen an die Hollestraße kommen, warten nun seit fast zwei Monaten sehnlichst darauf, dass dieser Ort der Bildung und Begegnung bald wieder öffnet.

Open Library: Testphase ist zunächst auf zwei Jahre angelegt

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Nach einem ersten vorsichtigen Start mit Ausleihen auf Bestellung will man nach Angaben von Klaus-Peter Böttger, Direktor der Zentralbibliothek, Anfang nächster Woche wieder eine begrenzte Anzahl von Leuten ins Haus lassen. Spätestens Anfang Juni soll der Betrieb dann wieder deutlich hochgefahren werden. Denn dann startet in Essen ein Versuchsprojekt, dass die Öffnungszeiten der Zentralbibliothek erweitern und dem veränderten Nutzerverhalten anpassen will. „Open Library“ heißt das Modell, das – sofern der Rat Ende Mai grünes Licht gibt – ab 1. Juni trotz Corona-Pandemie für zunächst zwei Jahre anlaufen soll.

Längere und kundengerechte Öffnungszeiten, aber nicht mehr Personalaufwand – die Open Library soll’s an der Hollestraße möglich machen. Das Modell, das bereits in mehreren deutschen Städten getestet wird, vergleicht Böttger mit dem automatisierten Dienstleistungsangebot einer Bank. Gewisse Dinge können zwei Stunden am Tag, dienstags bis samstags zwischen 9 und 11 Uhr, im Selbstbedienungsmodus erledigt werden. So kommen zehn zusätzliche Wochenöffnungsstunden dazu, während in den restlichen 40 Wochenöffnungsstunden der Aspekt der Beratung weiter im Vordergrund stehe, erklärt Böttger.

Essen gehört zu den wenigen Großstädten, die montags noch keine Öffnungszeit anbieten

Als zusätzlicher Öffnungstag kommt der Montag dazu, geöffnet ist das Haus dann von 15 bis 19 Uhr. Die Zentralbibliothek Essen sei bislang eine der letzten Großstadtbibliotheken im Land, die montags keine Öffnungszeit anbiete, heißt es dazu in der Ratsvorlage. Auch dem veränderten Freizeitverhalten am Samstag will man mit einer nutzerfreundlichen Zeitverschiebung Rechnung tragen. Statt von 10 bis 14 Uhr werden Kunden dann künftig von 11 bis 15 Uhr bedient.

Diese zeitlichen Verschiebungen und eine Aufstockung der Öffnungszeiten auf 50 Stunden hält Böttger in einer Großstadt wie Essen für „mindestens angemessen“. Zumal die Öffnungszeiten der Zentralbibliothek zuletzt mit dem Umzug an die Hollestraße 1989 angepasst wurden. Schon in den vergangenen Jahren hatte Böttger betont, dass man eine Strategie für das veränderte Kundenverhalten finden müsse. Sparrunden hatten in der Vergangenheit aber immer wieder zu personellen Einschnitten geführt.

Mitarbeiter sind anwesend und sorgen für eine Atmosphäre der Sicherheit

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Ein Rückbau würde auch das Open Library-Konzept zunichte machen: „Die Veränderungen können nur mit der jetzt vorhandenen Anzahl an Vollzeitäquivalenten umgesetzt werden. Bei zukünftigen Vakanzen muss diese Anzahl durch Wiederbesetzung beibehalten werden“, heißt es bereits mahnend in einer Ratsvorlage. Zum Konzept der Open Library gehört schließlich auch in den Selbstbedienungs-Zeiten die Anwesenheit von Mitarbeitern, um eine Atmosphäre der Sicherheit und eine gewisse Form von sozialer Kontrolle zu gewährleisten. Der Eingangsbereich wird in den zwei Stunden zusätzlich videoüberwacht. Zugang haben dabei ohnehin nur Nutzer ab 16 Jahren mit gültigem Bibliotheksausweis.

Ob man das Modell der ausgeweiteten Öffnungszeiten bei gleichbleibender Personalanzahl am Ende auch auf den Sonntag ausdehnen kann, mag Klaus-Peter Böttger momentan nicht beurteilen. Das Thema dürfte in den kommenden Wochen und Monaten noch einmal auf die Tagesordnung rücken. Erfahrungen mit dem neuen Öffnungs-Konzept sollen in dem kommenden zwei Jahren dabei fortwährend ausgewertet werden. Bibliotheken in Bielefeld oder Hamburg- Finkenwerder hätten ihr Angebot nach der erfolgreichen Testphase jedenfalls weiter ausgeweitet, berichtet Böttger.

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