Essen-Überruhr. Spaziergänger, Hundebesitzer, Geocacher: Durch Corona sind die Wälder voll. Jäger sorgen sich, weil Wildtiere so zu Tode gehetzt werden können.
In Coronazeiten treibt es die Menschen scharenweise in die Natur. Das hat Auswirkungen auf die heimische Tierwelt, erklärt Veith Groote, zuständiger Jäger in Überruhr. Um zu verhindern, dass Rehe und Co. gestresst, von Hunden zu Tode gehetzt oder gerissen werden, macht er Vorschläge für ein friedliches Miteinander im Wald.
„Ich kann durchaus verstehen, dass den Menschen coronabedingt zu Hause die Decke auf den Kopf fällt und es sie nach draußen in den Wald zieht. Bewegung in der Natur ist ja erstmal positiv“, sagt Veith Groote, der als Jäger seit vielen Jahren für das Revier Überruhr zuständig ist. Er sehe sich als „Anwalt der Tiere“, wolle, dass es dem heimischen Wild gut gehe, betont er.
Spaziergänger auf den Wegen sind kein Problem für Wildtiere
Spaziergänger, die allein oder mit ihren Hunden auf dem Weg blieben, seien kein Problem. Das seien die Wildtiere gewohnt. Problematisch werde es, wenn die Leute quer durch den Wald laufen würden oder die Hunde im Unterholz stöberten. „Dabei kommen sie dann in die Nähe der Ruhestellen, wo sich Wiederkäuer wie Rehe zum Verdauen hingelegt haben.“ Das Wild werde gestört, gerate in Panik und fliehe.
So komme es oft zu tödlichen Unfällen, wenn die Tiere dabei Straßen überquerten. Das Wild werde von Hunden gerissen oder die Tiere verlören so viel Energie durch die Flucht, dass sie völlig erschöpft seien und sogar sterben könnten. Sie seien im Winter sowieso geschwächt, weil das Nahrungsangebot nicht so üppig sei. Die Tiere würden in der kalten Jahreszeit ihren Stoffwechsel herunterfahren, um weniger Energie zu brauchen. „Bei Rehen, die seit Juli oder August trächtig sind, tritt sogar die Eiruhe ein, das heißt, der Embryo wächst zeitweise nicht weiter.“ Wenn dann noch Schnee und Eis die wenige Nahrung unerreichbar machten, richte man Futterstellen im Wald ein, um die Tiere mit Heusilage zu unterstützen.
Aufgescheuchte Rehe und Füchse fliehen in Todesangst
Veith Groote geht davon aus, dass die Spaziergänger einfach nicht darüber nachdächten, dass sie die Waldtiere beim Verlassen der Wege in Panik versetzten. Rund 40 bis 50 Mal habe er in den vergangenen Wochen freilaufende Hunde abseits der Wege erlebt. Dabei sei das Führen von Hunden ohne Leine im Wald außerhalb von Wegen nach dem Landesforstgesetz NRW nicht erlaubt und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Demnach muss der Vierbeiner auf dem Weg bleiben und jederzeit abrufbar sein.
Zuständiger Jäger für Überruhr
Veith Groote ist der Jagdausübungsberechtigte für Überruhr und für die Öffentlichkeitsarbeit bei den Jägern zuständig. Er war früher für die Kreisjägerschaft Essen aktiv.
Die Jäger schießen laut Veith Groote in der Umgebung meist Füchse, Krähen oder Elstern.
„Das Wild hat im Winter nur die Chance, sich in den Wald zurückzuziehen, da die Felder, die im Sommer auch Schutz böten, nicht bestellt seien. Erst vor einigen Tagen habe es wieder einen Einsatz gegeben. „Ein freilaufender Hund hat einen Nutria durch Bisse stark verletzt. Die Polizei hat uns benachrichtigt und wir mussten das Tier erlösen“, berichtet Groote.
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Ein zusätzliches Problem seien Geocacher, die an Schnitzeljagden per GPS teilnähmen und die versteckten Dinge oft ganz in der Nähe der Tierruhestellen, zum Beispiel unter Hecken, suchten. Auch Geocacher seien in Coronazeiten häufiger unterwegs als sonst, allein in Überruhr gebe es 50 bis 70 Stellen, wo Dinge versteckt würden.
Gemeinsam nach Lösungen für das Problem suchen
„Es wäre schön, wenn wir Jäger gemeinsam mit den Geocachern Orte festlegen könnten, bei denen nicht die Einstände des Wildes betroffen sind und die Geocacher trotzdem ihrem Hobby nachgehen können“, sagt Veith Groote. Allerdings sei es trotz mehrfacher Versuche bisher nicht gelungen, mit den Veranstaltern der Geocachings in Kontakt zu kommen.
„Auch Wildtiere haben ein Recht auf ihren Lebensraum“, sagt Veith Groote und hofft, dass die Spaziergänger und Geocacher künftig mehr Rücksicht nehmen.