essen-Kettwig. . Gehetzt und durch einen Biss des Jagdhundes getötet – so verendete am Sonntag ein nur wenige Monate altes Rehkitz im Landsberger Wald in Kettwig.

Direkt an der Grenze zu Kettwig, entlang der August-Thyssen-Straße, liegt der Landsberger Wald schon auf Ratinger Gebiet. Ein beliebtes Ziel für Wanderer und Spaziergänger nicht nur aus dem Essener Süden. Und für Hundehalter. Auch Birgit Lehmann aus Heiligenhaus war am Sonntag in den Vormittagsstunden mit ihrem Appenzeller Sennenhund dort unterwegs. „Erst rief jemand wie verrückt nach seinem Hund – und dann hörte ich die Schreie. Wenn ein Reh verletzt ist, schreit es wie ein Kind...“

Birgit Lehmann ging in diese Richtung, „und als ich dann in der Nähe war, bellte mein Hund und ich sah einen anderen Hund davon stürmen.“ Zurück blieb der Kadaver eines Bockkitzes. Nicht älter als sieben, acht Monate, wie ihr kurze Zeit später der zuständige Jagdaufseher bestätigte. „Mein Hund hat das tote Tierchen immer wieder mit der Nase angestupst. Es war so traurig.“

Gejagte Tiere laufen vor Zäune

Kein Einzelfall, denn die Zahl der Hunde, die in den Wäldern jagen, nimmt zu. Im laufenden Jagdjahr, das vom 1. April bis 31. März dauert, wurden allein in diesem Gebiet 15 Stück Rehwild entweder zu Tode gehetzt oder gerissen. Oftmals laufen die gejagten Tiere auch vor Zäune und brechen dort das Genick oder sie rennen voller Panik auf die Straße. Noch vor wenigen Jahren war es gerade Mal ein knappes Dutzend pro Jahr. Doch die Zahl der verantwortungslosen Hundebesitzer steigt offensichtlich. So werden immer wieder Halter beobachtet, die am Waldrand ihren Wagen abstellen, die Tür öffnen und den Hund ganz allein seine Runde drehen lassen. Und dann passiert es – das Tier nimmt eine Spur auf und die wilde Hatz auf das Rehwild beginnt...

Über den Schaden, den die wildernden Hunde in den Wäldern anrichten, gibt es keine genaue Statistik. Hans-Bernhard Mann, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Essen, hat aber beobachtet, „dass wir auf Essener Gebiet eine hohe Anzahl Fallwild haben. Ob das allerdings Tiere sind, die vor ein Auto gelaufen oder von einem Hund gehetzt und gerissen wurden, kann man nicht sagen“.

Rasse mit ausgeprägtem Jagdinstinkt

Wer den Tod des Kitzes im Landsberger Wald verursacht hat, steht auf jeden Fall fest. „Das war eindeutig ein Jagdhund der Rasse Deutsch-Drahthaar“, sagt Birgit Lehmann. Also ein Tier, dass einen ausgeprägten Jagdinstinkt hat, unbedingt an die Leine und nicht in die Hände von Laien gehört.

Mit verständnislosen Hundehaltern hat Birgit Lehmann viel Erfahrung. „Wir haben vorher in Fischlaken gewohnt. Und gerade an den Wochenenden kamen die Touristen, stellten sich an die Feldränder und ließen ihre Hunde einfach laufen. So ein Verhalten macht mich wahnsinnig.“

Füchse, Dache, Marder und Rehwild leben im Landsberger Wald. Und langsam kommen auch die Wildschweine immer näher. In Oefte und Heidhausen wurden sie schon gesichtet. Aber gerade um die Rehwildpopulation macht sich Birgit Lehmann Sorgen. „Wir wohnen an der Frankfurter Straße, und vor einigen Jahren hatten wir jeden Morgen Rehe im Garten – jetzt kommen keine mehr.“

Zusammenstöße von Wild und Auto reduziert

Die Gefahr durch jagende Hunde bleibt. Da helfen nur deutliche Appelle an die Besitzer. Aber zumindest die Zusammenstöße von Wild und Auto konnte reduziert werden. So wurden entlang von August-Thyssen- und Mendener Straße blaue Wildwarnreflektoren angebracht. Der Jagdaufseher, der sich für die Thyssen-Stiftung um den Landsberger Wald kümmert, vermeldet messbare Erfolge.