Essen. Kosmetiksalons sind durch Corona betroffen wie kaum eine andere Branche. Zwei Essener Kosmetikerinnen berichten. Eine von ihnen gibt nun auf.

Kerstin Braunsteiner will wachrütteln und in der Corona-Krise auch ihrer Branche eine Stimme geben. Seit über drei Monaten ist die Kosmetikerin wegen des zweiten Lockdowns erneut zum Nichtstun verdammt. Die Kosmetikstudios waren im November zusammen mit der Gastronomie die ersten, die zwangsweise schließen mussten. „Und wir werden wohl die Letzten sein, die wieder öffnen dürfen“, prophezeit Kerstin Braunsteiner, die ihr Kosmetikinstitut in Bredeney seit 14 Jahren betreibt.

Doch, und das beklagt die 55-Jährige, spricht kaum jemand über die Not der Kosmetikbranche. Es werde über Friseure, Gastronomen, die Einzelhändler, die Pflegebranche berichtet. Die Kosmetiker dagegen hätten kaum eine Lobby, sagt Kerstin Braunsteiner. Viele leiden und kämpfen im Stillen.

Corona-Krise traf Kosmetikstudios besonders

Schon im Frühjahr vergangenes Jahr gehörten die Kosmetikstudios zu den besonders Betroffenen. Sie öffneten noch später als die Gastronomie und die Friseure. Mittlerweile summiert sich die Zeit der Geschäftsschließung während der Corona-Pandemie auf über fünf Monate.

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Kerstin Braunsteiner steht in ihrem Kosmetikinstitut in Bredeney. Sie ist seit Anfang November im Lockdown und ein Ende ist noch nicht in Sicht.
Kerstin Braunsteiner steht in ihrem Kosmetikinstitut in Bredeney. Sie ist seit Anfang November im Lockdown und ein Ende ist noch nicht in Sicht. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Die 55-Jährige befürchtet, dass viele ihrer Zunft diese Krise nicht überstehen werden. Denn Kosten laufen weiter, und die versprochenen November- und Dezemberhilfen kommen nur schleppend. Doch schon vor Corona war das Geschäft hart. „Eine goldene Nase, so wie manche glauben, verdient man sich damit nicht“, betont Kerstin Braunsteiner. Sie vermutet, dass manche Kosmetikerin mit ihren Einnahmen geradeso über die Runden gekommen ist. Corona und der Lockdown verschärfen deren Lage nun immens.

Sie selbst sagt, dass sie durch das Einkommen ihres Mannes existenziell abgesichert ist. Außerdem betreibt sie ihr Kosmetikinstitut im eigenen Haus. So fällt auch keine Miete für den Salon an. Sie weiß, dass sie damit besser da steht, als viele andere. Aber auch sie sagt: „Gut geht es mir nicht damit, dass ich nicht arbeiten darf.“

Eine Essener Kosmetikerin gibt den Kampf auf

Christina Simoneit hat vor wenigen Tagen eine schwere Entscheidung getroffen. Sie betrieb ihr Kosmetikstudio in Stadtwald erfolgreich seit 15 Jahren. Bis Corona kam. Nun sagt die 58-Jährige: „Ich werde aufhören.“ Ende Januar hat sie ihrem Vermieter die Kündigung für den Laden geschickt. Sie hofft, dass er sie früher aus dem Mietvertrag lässt. „Ich gebe auf, schweren Herzens. Aber ich musste die Reißleine ziehen“, meint Christina Simoneit. Es gehe nur noch darum, die Kosten soweit wie möglich zu reduzieren. „Reine Schadensbegrenzung“ sei das. Bis sie ihr Geschäft endgültig schließt, wird sie versuchen, sich mit der Fußpflege über Wasser zu halten. Diese ist vom Lockdown ausgenommen.

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Die versprochenen Hilfen der Bundesregierung haben Christina Simoneit nicht gerettet. Olaf Scholz hatte eine „Bazooka“ angekündigt, doch davon habe sie nichts gespürt. Die Novemberhilfe bekam sie bisher erst zur Hälfte ausgezahlt. Die Dezemberhilfe war erst vor wenigen Tagen auf dem Konto. Wann die Überbrückungshilfe für Januar fließt, ist noch völlig offen.

Hilfen kommen spät, Soforthilfe muss großteils zurückgezahlt werden

Außerdem fielen die Zahlungen bei ihr längst nicht so hoch aus, wie erhofft. Statt 75 Prozent des Vorjahresumsatzes im Dezember bekam sie noch nicht einmal 60 Prozent. Das lag auch an weniger Arbeitstagen 2020.

Hinzu kommt noch, dass sie einen Großteil der 9000-Euro-Soforthilfe aus dem Frühjahr wieder zurückzahlen muss. Ein Schlag ins Kontor, der viele treffen dürfte. „Die zugesagten üppigen Hilfen haben sich als große Lüge entpuppt“, sagt sie.

Immer wieder hat Christina Simoneit in den vergangenen Monaten auf ihre privaten Rücklagen zurückgreifen müssen. „Doch irgendwann geht das nicht mehr, sonst ist die Altersvorsorge weg.“ Sie ist alleinstehend, hat keinen Partner, der sie finanziell stützen kann.

Umsatzeinbußen schon seit einem Jahr

Das Kosmetikgeschäft leidet im Grunde bereits seit einem Jahr unter Corona. Christina Simoneit spricht von riesigen Umsatzeinbußen in dieser Zeit. „Ich habe nicht einen Monat normales Geld verdient.“ Denn schon vor dem Lockdown Mitte März seien die Kunden zurückhaltender gewesen. Und auch danach kamen weniger, obwohl die Kosmetikfachfrau viel in den Infektionsschutz investiert hatte.

Dass sie jetzt aufgibt, liegt auch an der fehlenden Perspektive. Wann darf wieder geöffnet werden, gibt es einen dritten Lockdown, wann kommen die Kunden wieder? Fragen, die ihr momentan niemand beantworten kann. Christina Simoneit fühlt sich machtlos. Und sie hadert mit den unterschiedlichen Maßstäben, die angelegt werden – wenn beispielsweise Friseure später schließen und früher öffnen dürfen, oder der öffentliche Nahverkehr weiter läuft. „Ich putze, wasche, desinfiziere ohne Ende.“ Aber letztlich ändere das nichts an Entscheidungen.

Einen Plan B für die Zeit nach der Geschäftsschließung hat sie noch nicht. Im Gespräch wirkt sie sehr aufgeräumt. Doch im Inneren sieht es anders aus, , sagt sie offen. „Im Moment verspüre ich die nackte Angst vor der Zukunft.“

Mehr Informationen zur Kosmetikbranche in Essen

Aktuell sind in Essen 98 Betriebe mit den Tätigkeiten „Kosmetiksalon“ beziehungsweise „Kosmetikstudio“ angemeldet. Zudem kommen insgesamt 167 Betriebe, deren Tätigkeitsbeschreibung „Kosmetiker/in“ oder „kosmetische Behandlungen“ lauten – diese sind in der Regel mobil und haben kein festes Ladenlokal, in dem sie ihre Dienstleistungen anbieten.

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