Essen. Die Existenznot der Solo-Selbstständigen ist durch den Lockdown groß. Eine Kosmetikerin aus Essen Stadtwald berichtet, wie es ihr ergeht.

„Wenn ich mit der Gesichtsbehandlung fertig bin, brauche ich erst mal ein Sauerstoffzelt“, sagt Christina Simoneit und lacht. Seit eine Woche steht die Kosmetikerin wieder im Salon. Seitdem gehört es zu ihrer neuen Normalität, sowohl eine FFP-2-Maske als auch ein Schutzvisier bei der Arbeit zu tragen.

Dennoch ist sie froh, überhaupt wieder geöffnet zu haben. Denn sie habe während des Lockdowns „ganz schön Federn gelassen“, wie die Solo-Selbstständige von sich sagt. „Natürlich hat man Angst, wenn einem die Existenz unter den Füßen weggerissen wird,“ berichtet die 57-Jährige, „ich habe keinen Mann im Rücken, der mich versorgt.“

Corona-Soforthilfe rettet die Existenz

Seit 15 Jahren betreibt Christina Simoneit ihren Kosmetik-Salon in Essen-Stadtwald. Wie viele andere Selbstständige hat sie die Soforthilfe von 9000 Euro der Landesregierung beantragt. Doch während die meisten ihr Geld innerhalb von 24 Stunden ausgezahlt bekamen, habe Simoneit einen ganzen Monat auf die Auszahlung warten müssen. Die Landesregierung hatte die Auszahlung kurzzeitig wegen Betrugsfällen ausgesetzt. Das Geld habe ihr zwar geholfen, ausreichend sei es aber keinesfalls. „Ab Mitte Februar kam es schon zu Umsatzeinbußen. Vor allem ältere Kundinnen haben ihre Termine wegen Corona abgesagt“, erzählt Simoneit. Eine angeordnete Schließung hätte sie zu der Zeit aber keinesfalls erwartet.

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Dennoch ist sie dankbar für die Soforthilfe. „Wenn es die nicht gegeben hätte, hätte ich an meine Altersvorsorge gehen müssen.“ Zudem sei sie froh, dass das Geld jetzt auch für private Ausgaben verwenden darf. Zuvor war das Geld nur betriebliche Ausgaben vorgesehen, doch auch die Miete ihrer Wohnung und die Krankenkasse müssen weiter bezahlt werden. Vor kurzem hat die Landesregierung dahingehend nachgebessert. Simoneits Vermieter habe ihr eine Monatsmiete stunden können.

Viele Gedanken und große Hilfsbereitschaft

Um sich über Wasser zu halten, habe sie viel Kundenakquise betrieben. „Ich habe so viel telefoniert wie nie zuvor“, sagt die 57-Jährige. So habe sie wenigstens Pflegeprodukte weiterhin verkaufen können.

Während der Schließung habe sie sich viele Gedanken gemacht. „Ich habe darüber nachgedacht, ob ich nur noch zu Hause behandeln soll oder ob es richtig wäre, privat Geld ins Geschäft zu investieren. Man schwankt die ganze Zeit zwischen Hyperaktivität und schwarzen Löchern“, beschreibt sie ihre Gefühlslage.

Dankbar ist die Kosmetikerin auch über die Hilfsbereitschaft, die sie erfahren hat. So habe sie nicht nur ein kleines Netzwerk anderer Kolleginnen zum Austausch geholfen, nicht den Mut zu verlieren: „Mir haben auch Freunde und Kundinnen finanzielle Hilfe angeboten.“

Kundinnen bleiben aus Angst vor Corona weg

Seit einer Woche bietet Christina Simoneit jetzt wieder Kosmetikbehandlungen an. Dennoch ist ihr Kalender nicht wieder so gefüllt wie zuvor. Die Auftragslage beschreibt sie als „verhalten“. „Circa 60 Prozent freuen, sich, dass sie wieder kommen können, den anderen ist der Besuch noch zu riskant“, berichtet die Kosmetikerin.

Beim Betreten des Salons müssen sich alle Kunden die Hände desinfizieren. Fotos:
Beim Betreten des Salons müssen sich alle Kunden die Hände desinfizieren. Fotos: © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Um die Corona-Schutzverordnung einzuhalten, hat Simoneit in Eigenregie ihren Salon präpariert. Mit Mundschutz und Visier, mit Handschuhen und Desinfektionsmittel empfängt sie die Kundinnen. Eine selbst konstruierte Plexiglasscheibe trennt die Gesichter von Behandelten und Behandlerin. Statt in weichen Frotteehandtüchern liegen die Kundinnen nun auf Einmalhandtüchern. Die Armlehnen sind mit Frischhaltefolie umwickelt. „Das hat ja nichts mehr mit Wellness zu tun, sondern eher mit einer Operation am offenen Herzen“, meint Simoneit und nimmt es mit Humor. Anders ginge es ja auch gar nicht.

Hygieneregeln verändern den Terminkalender

Der Hygieneaufwand wirkt sich auf den Terminkalender aus. Die enge Taktung aus der Prä-Coronazeit kann sie nicht mehr einhalten: „Ich brauche eine halbe Stunde dazwischen, um alles zu reinigen. Die Folie muss erneuert werden, das Zimmer gelüftet werden.“ Zudem schlagen die Materialien, wie Desinfektionsmittel und FFP-2-Masken ins Kontor. So nimmt die Kosmetikerin, wie schon einige Restaurants, einen Hygieneaufschlag. Ob sie die Kundinnen schminken darf, kann die 57-Jährige nicht sagen. So bleibt der Schminkkasten vorerst mit Folie überzogen.

Wie hart Corona sie getroffen hat, kann sie erst in den nächsten Monaten sagen. „Vielleicht bin ich nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen“, meint sie. Dennoch habe die Krise bereits jetzt etwas gelehrt: „ich werde nichts mehr als selbstverständlich ansehen und vieles mehr wert schätzen. Reisen zum Beispiel“, resümiert sie.