Essen. Essener Friseure haben sich an den OB gewandt. Es fehle Überbrückungsgeld. Nun soll Beratung helfen. Gerede um heimliche Schwarzarbeit.
Essens Friseure haben sich hilfesuchend an Oberbürgermeister Thomas Kufen gewandt. Viele Betriebe stünden wegen der verordneten Salon-Schließungen, die bis mindestens Mitte Februar anhalten, vor dem Ruin. Überbrückungs-Hilfen des Staates gebe es bisher faktisch keine. "Ich weiß langsam nicht mehr, wie ich meine Familie ernähren soll, das Ersparte ist bald aufgebraucht", sagt zum Beispiel Friseur Bernd Allwermann (59), der einen Traditionsbetrieb in der Essener Innenstadt unterhält.
Kufen verabredete kurzfristig mit der Kreishandwerkerschaft, der Innung und der Essener Wirtschaftsförderung, dass es in der kommenden Woche eine Online-Beratung für betroffene Betriebe geben soll. Dort sollen Fragen zur Beantragung von Hilfen geklärt werden. "Die Steuerberater wissen doch selbst nicht, welche Formulare sie ausfüllen sollen, weil sich ständig alles ändert", berichtet Friseur Allwermann genervt.
"Wenn ich durch die Stadt gehe, sehe ich viele Bürger, die einen Friseurbesuch mal wieder nötig hätten", sagt Allwermann. Er nimmt telefonisch Terminanfragen entgegen - aber erst nach dem 15. Februar. So lange mindestens soll der derzeitige Lockdown dauern. Allwermann: "Wir wollen wieder arbeiten, und die Menschen wollen zum Friseur."
Verdacht: Viele Friseure arbeiten heimlich
Dass Kunden ihn zur Schwarzarbeit drängen, um unerlaubte Termine bitten, womöglich heimliche Hausbesuche einforderten - das sei Allwermann noch nicht vorgekommen. Trotzdem ist Schwarzarbeit während des Lockdowns ein Thema, das die Branche derzeit stark umtreibt: "Ich gehe davon aus, dass unsere Mitgliederbetriebe sich an die Regeln halten", sagt der Essener Innungs-Obermeister Markus Bredenbröcker, der einen Salon in Werden betreibt. "Jeder weiß: Wer als schwarzes Schaf auffliegt, zieht die ganze Branche mit herunter." Doch das sagt Bredenbröcker ausdrücklich nur für die rund 200 Mitgliederbetriebe seiner Innung. Was die anderen etwa 100 bis 150 Salons in Essen angeht, die häufig mit Billigpreisen werben, könne Bredenbröcker nicht sagen.
Die Bundes-Innung hatte zuletzt mit einem offenen Brief an die Politik auf den Verdacht aufmerksam gemacht, dass manche Betriebe trotz Corona weiterarbeiten: Wie könne es sonst sein, hieß es, dass samstags frisch frisierte Fußball-Profis auf dem Platz stehen, obwohl Friseure derzeit einem Berufsverbot unterliegen? Davon ausdrücklich nicht angesprochen fühlt sich ein Altenessener Friseur, der seit Jahren dafür bekannt ist, vor allem Fußballprofis zu seinen Kunden zu zählen - und der sich jetzt öffentlich zum Thema nicht äußern will, auch wenn er, wie er betonte, sich "nichts zuschulden kommen lässt."
Kein Geld wie für die Gastronomen
Wie auch immer: "Die Leute denken, wir bekommen jetzt vom Staat als Hilfe 70 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats, so wie die Gastronomen", sagt Innungs-Chef Markus Bredenböcker. Doch das sei angesichts einer Vielzahl ungeklärter Bedingungen nicht so. Obwohl die Lage für so viele Betriebe schwierig sei, trage seine Innung die politischen Beschlüsse des Lockdowns mit. "Friseursalons sind zwar keine Orte, an denen Corona sich verbreitet. Doch es geht um eine allgemeine Kontakt-Reduzierung, und da sind auch die Friseure mit täglich rund einer Million Kunden bundesweit gefragt."
INFO
- Betroffene Friseurbetriebe können sich zur Online-Beratung von Wirtschaftsförderung und Kreishandwerkerschaft anmelden per E-Mail an die Adresse aktionen@redaktion.essen.de
- Warum müssen Friseure im Lockdown schließen, Hundesalons aber nicht? Weil der Kontakt eines Tierfrisörs zum Tierbesitzer durchaus begrenzbar sei, der Kontakt zwischen Friseur und seinem Kunden während des Haareschneidens aber weniger gut, heißt es.