Essen. Wer sich über den Auto-Konvoi mit Polizeibegleitung am Samstag in der Essener City gewundert hat: Hier alle Einzelheiten zu dieser Corona-Demo.
Laut hupend zog am Samstag (6. Februar) ein Autokorso durch die Essener Innenstadt – begleitet von einer Polizei-Eskorte vom Messeparkplatz in Haarzopf bis zum Zielpunkt am Media-Markt in Altenessen. Die Teilnehmer demonstrierten gegen die Corona-Maßnahmen der Bundes- und Landesregierung. Sie fordern die Öffnung der Schulen und Kitas sowie sofortige Finanzhilfen für die Selbstständigen.
Keine Plakate, keine Fahnen, lediglich Flatterbänder zierten die 33 Wagen. Man wolle, so die Organisatorin der Demonstration, sich politisch von keiner Seite vereinnahmen lassen. Etwaigen Statements habe sie deshalb im Vorfeld eine Absage erteilt. „Es geht mir rein um die Sache. Die Rechte der Kinder, die Existenzängste vor allem der Solo-Selbstständigen in der Pandemie angesichts fehlender Hilfen“, erklärt die 35-jährige Leen Kroetsch.
Deutliche Forderung nach Öffnung der Kitas und Schulen
Sie selbst sei betroffen als Mitbetreiberin eines Fitnessstudios – und als Mutter eines bald sechsjährigen Sohnes. „Kinder haben ein Recht auf Bildung. Und ein Recht darauf, einfach nur Kind sein zu dürfen. Aber viele Eltern sind derzeit überfordert und können sich nicht kümmern. Öffnet endlich die Kitas und Schulen!“, fordert sie vehement in ihrer Ansprache auf dem Messeparkplatz – und bekommt ein zustimmendes Hupkonzert.
Auch in puncto Existenzsorgen trifft die Rednerin aus Kray bei den Zuhörern den Nerv. Die versprochene Soforthilfe der Bundesregierung ließe noch immer auf sich warten. Nicht nur Friseure, sondern viele kleine Betriebe stünden bald vor dem Aus. „Denn Miete, Strom und Kredite laufen weiter. Zahlt endlich die versprochenen Hilfen“, ruft sie ins Mikro. Die Menschen in den Autos applaudieren auch diesmal kräftig mit ihren Hupen.
Aufruf aus Essen mobilisiert Menschen aus der Region
Leen Kroetsch, die bei der Kommunalwahl 2020 für das Sozial Liberale Bündnis (SLB) angetreten ist, weiß die Teilnehmer hinter sich – und sie zu begeistern. Diese kommen nicht nur aus Essen. Auf dem Parkplatz sind Kennzeichen aus Düsseldorf, Herne, Oberhausen und Mülheim zu finden.
Einige der Angereisten sind tatsächlich betroffene Solo-Selbstständige, andere kommen aus Solidarität zum Messeparkplatz im Essener Süden. Darunter wohl auch Menschen, die der rechten Szene nahe stünden oder zuzurechnen seien, wie das Bündnis „Essen stellt sich quer“ auf seiner Homepage am Sonntag mitteilt.
Altenessener Aktivist greift erneut zum Mikrofon
Nicht als Quer-, aber als Klardenker sieht sich Thomas Sterner, Ur-Altenessener und bekannt als Kämpfer gegen den Straßenmüll in seinem Stadtteil. „Freiheit, Freiheit. Alle, die von Freiheit träumen, sollen’s feiern nicht versäumen“, singt er auf dem Parkplatz. Seine teils umgedichteten Zeilen aus dem bekannten Westernhagen-Song hatte er bereits am 5. Februar auf dem Willy-Brandt-Platz dargeboten.
Bei seiner eigenen kleinen Lkw-Demonstration forderte der Altenessener, dass Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen mehr Mut zeigen müsse. Er sollte Essen „wieder aufmachen, egal was die anderen denken oder sagen“. Jetzt ist er nur mit einem Wagen und Anhänger unterwegs – und ohne Banner: „Ich finde es gut, dass es doch einen Korso gibt, nachdem der erste abgesagt worden war.“
Den hatte ein Essener Selbstständiger aus der Musik- und Veranstaltungsbranche in sozialen Netzwerken angekündigt – und ihn auch wieder abgesagt. Er fürchtete zum einen, dass rechte und linke Gruppen aus ganz Deutschland die Aktion für ihre politischen Zwecke ausnutzen und instrumentalisieren könnten. Zum anderen war keine Genehmigung für eine Fahrt über die Autobahn von Essen nach Düsseldorf erteilt worden.
Organisatorin zieht eine positive Bilanz
Bei dem von Leen Kroetsch organisierten Autokorso ging es zwar nicht in die Landeshauptstadt, die Aktion habe aber „ein deutliches Zeichen gesetzt“, resümiert die Organisatorin am Samstagnachmittag gegenüber dieser Redaktion. Sie sei trotz der Kürze des Zeit (die Ankündigung der Demo war am Freitag) sehr zufrieden mit der Resonanz von 33 Teilnehmer-Wagen und sagt: „Ich würde auch noch mal einen Korso organisieren.“
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Die Polizei bescheinigt der Demonstration einen ruhigen Verlauf. Es habe bei der etwas über einstündigen Fahrt im Konvoi durch das Stadtgebiet keine Vorkommnisse gegeben, so ein Polizeisprecher.