Essen. Die Proteste gegen den Corona-Lockdown werden in Essen lauter. Ein Privatmann fordert das Ende mitten in der City und Samstag startet ein Korso.

Die Reaktionen auf Thomas Sterners Anti-Corona-Protest sind kontrovers, wie sich am Freitag (5.2.) auf dem Willy-Brandt-Platz zeigte. Manche begrüßen seine Aktion, andere stehen kopfschüttelnd vor den orangefarbenen Protest-Lkw. Der Altenessener forderte erneut, dass Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen mehr Mut zeigen müsse. Er sollte Essen „wieder auf machen, egal was die anderen denken oder sagen“.

Auf einem Banner, das Thomas Sterner mit auf den Willy-Brandt-Platz gebracht hat, steht: „Herr Kufen, öffnen Sie die Geschäfte“. „Dann hätten die Menschen wieder selbst die Verantwortung über den Virus“, so Sterner, der die aktuellen Maßnahmen als „unverhältnismäßige Panikmache“ beschreibt. Ein Querdenker sei er nicht, sondern vielmehr ein Klardenker. Corona gebe es schließlich wirklich, „das die Krankenhäuser voll sind glaube ich aber nicht“.

Frisörin kann die Forderungen der Anti-Corona-Demo nur teilweise unterstützen

Für seine Forderung interessieren sich vor Ort allerdings nur wenige. Manche bleiben stehen und zücken das Smartphone, andere rücken ihre Maske zurecht und gehen weiter, wenige kommen mit dem Essener und seinen drei Mitstreitern ins Gespräch. Als Sterner sich auf einen seiner beiden Miet-Lkw stellt und erzählt, dass sein 80-jähriger Vater gerne wieder in Cafés gehen will, hört rund ein Dutzend Bürger zu.

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Darunter auch die Frisörin Eva-Maria Henkel. „Ich kann die Forderungen nur zum Teil unterstützen“, erklärt die 65-Jährige: „Mein Frisörladen ist seit zwei Monaten geschlossen, das ist scheiße.“ Andererseits will sie auch nicht mit Corona im Krankenhaus auf dem Bauch liegen und beatmet werden müssen. Was ist also die Lösung? „Wir hätten im Oktober schon richtige Masken nehmen müssen und keine Partys mit 50 Leuten feiern dürfen.“ Der Oktober liegt nun leider schon ein wenig zurück.

Honigverkäufer: „Endlich steht mal jemand auf“

Einer, der sich die Mini-Anti-Corona-Demo mehr oder weniger notgedrungen in voller Länge anschaut ist Ralf Kahlenberg. Er hat einen Stand mit Honig und Bienenwachsprodukten auf dem Willy-Brandt-Platz. Seine Meinung: „Endlich steht mal jemand auf und sagt was.“ Er habe noch nie so wenig Umsatz gehabt wie in den vergangenen Monaten. Die Politik würde viele Worte finden, aber keine finanzielle Unterstützung bieten.

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Und dennoch: Kahlenberg sieht die Forderung „Lockdown beenden“, die auf einem der Banner steht kritisch. Ein Teil seiner Familie arbeite im Krankenhaus und sehe die unschönen Seiten der Pandemie. Seine Idee: Jede Kommune müsste die einzelnen Bereiche genauer unter die Lupe nehmen. Die Gastronomie habe sich gut auf Corona eingestellt und könne demnach öffnen, genau wie Fachgeschäfte mit geringer Kundenfrequenz. Hier gelte es Einzelhändler zu retten, ohne das Ansteckungsrisiko zu vergrößern. Auch Grundschulen und Kitas müssten öffnen, um die Familien zu entlasten. Läden, die große Menschenmengen aufnehmen, müssten hingegen geschlossen bleiben. „Grundsätzlich halte ich Vorsichtsmaßnahmen für richtig“, erklärt Kahlenberg, der auch auf den Erfolg der Impfungen setzt.

Der Essener bezeichnet sich als Gerechtigkeitsfanatiker

Dafür interessiert sich der 80-jährige Karl-Heinz Sterner nicht: „Ich lasse mich nicht impfen und ich habe keine Angst vor dem Virus. Wenn ihn ihn kriege schaffe ich das.“ Für ihn und auch für den Einzelhandel kämpft sein Sohn, der sich selbst gar nicht sehr eingeschränkt fühlt. Der „Gerechtigkeitsfanatiker“, wie er sich selbst bezeichnet macht sich Sorgen um die nächste Generation. „Das können die gar nicht alles zurückzahlen.“

Autokorso startet am Samstag auf dem Messeparkplatz

Der Autokorso unter dem Motto „Versagen der Bundesregierung - Öffnung der Schulen und Kitas“ startet am Samstag um 13 Uhr auf dem Messeparkplatz an der Lilienthalstraße am Flughafen Essen/Mülheim mit voraussichtlich 75 Fahrzeugen - darunter auch Thomas Sterner, der seinen ursprünglichen Plan, am Rüttenscheider Markt zu demonstrieren dafür aufgegeben hat.

Die Strecke führt ohne Zwischenhalt und Kundgebungen bis in den Essener Norden und soll von der Polizei flexibel gestaltet werden, um größere Verkehrsbehinderung möglichst zu vermeiden. Damit hat sich die Anmelderin einverstanden erklärt, so die Polizei, die von einem störungsfreien Verlauf ausgeht.

Über den Fortgang der Fahrt will die Behörden aktuell in den sozialen Netzwerken informieren. Um 14.30 Uhr soll die Protestfahrt an einem noch nicht festgelegten Zielpunkt beendet sein.

Deshalb ist er auch schon in den vergangenen Tagen mit seinen Bannern auf Lkw durchs Stadtgebiet gefahren, wurde jedoch immer wieder von der Polizei gestoppt. Erst war Sterner mit einem Kurzkennzeichen unterwegs, dann lag bei der Polizei keine Anmeldung für seine Aktion vor.

Die Hymne, die sich Sterner für seine Aktion zu eigen macht heißt „Freiheit“. Hin und wieder steigt er auf eines der Fahrzeuge, nimmt sich das Mikro und sing das Lied live. Ein Auszug aus dem Original von Marius Müller Westernhagen: Alle, die von Freiheit träumen, sollen’s feiern nicht versäumen. Sollen tanzen auch auf Gräbern. Freiheit, Freiheit ist das Einzige was zählt.“