Essen. Die Corona-Krise hat 2020 deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt in Essen hinterlassen. Nur Kurzarbeit konnte noch Schlimmeres verhindern.
Die massive Kurzarbeit hat den Arbeitsmarkt in Essen im Corona-Jahr 2020 vor drastischen Einbrüchen gerettet. „Ohne die Kurzarbeit sähen die Arbeitslosenzahlen ganz anders aus“, sagte am Freitag die Chefin der Arbeitsagentur, Andrea Demler, bei der Vorlage der Arbeitsmarktbilanz.
Im bisherigen Spitzenmonat April waren in Essen fast 3700 Unternehmen und 40.000 Beschäftigte von Kurzarbeit betroffen. Bis heute nutzen weiterhin Hunderte Betriebe die Kurzarbeit, um ihre Mitarbeiter zu halten. Allein 450 Essener Betriebe meldeten für 2926 Beschäftigte im aktuellen Monat Januar Kurzarbeit an. „Das sind Zahlen, die hätten wir uns nie vorstellen können. Dagegen war die Finanzmarktkrise Kindergeburtstag“, verwies Demler auf die Dimensionen der Kurzarbeit.
Arbeitslosenzahlen in Essen steigen im Corona-Jahr um acht Prozent
Die Finanzierung der Kurzarbeit und damit die Beschäftigungssicherung verschlingt jedoch Millionen. Die Arbeitsagentur in Essen zahlte im vergangenen Jahr 164,4 Millionen Euro Kurzarbeitergeld an Betriebe aus. Um eine Vergleichszahl zu nennen: 130 Millionen Euro nimmt die Stadt Essen im Jahr an Grundsteuer ein.
Die Kurzarbeit konnte freilich nicht verhindern, dass die Arbeitslosigkeit in der Corona-Krise gestiegen ist. Im Durchschnitt waren im vergangenen Jahr fast 33.400 Männer und Frauen in Essen arbeitslos gemeldet. Das ist ein Plus von über acht Prozent und die höchste Zahl seit drei Jahren. „Wir sind damit im Vergleich zu anderen Regionen in NRW aber noch relativ gut durch die Pandemie gekommen“, sagte Demler.
Gastronomie und Zeitarbeit stark von der Pandemie betroffen
Der Blick auf die Branchen, die am stärksten unter der Corona-Pandemie gelitten haben, überrascht indes nicht. Vor allem die Gastronomie, die Zeitarbeit, die Metall- und Elektroindustrie aber auch der Bereich Verkehr und Lagerei bauten Stellen ab. Das zeigt der Vergleich der Beschäftigtenzahlen Ende März und Ende Juni. In diesem Zeitraum fielen in der Gastronomie 370 sozialversicherungspflichtige Jobs weg - die Minijobber sind da nicht mitgezählt.
Wie sich der Arbeitsmarkt in diesem Jahr entwickeln wird, ist für die Experten schwer vorherzusagen. Im Januar ist die Arbeitslosigkeit in Essen nach den hoffnungsvollen Rückgängen der vergangenen Monate wieder gestiegen.
Umfragen zeigen: Mehr Unternehmen wollen Personal abbauen
Auch die jüngste Konjunkturumfrage des Essener Unternehmensverbandes lässt nichts Gutes vermuten. Im Krisenjahr 2020 hatte sich der Anteil der Unternehmen, die Personal ab- und aufgebaut haben, mit jeweils 18 Prozent noch die Waage gehalten. Mit Blick in die nächsten sechs Monate hat sich dies verändert: „Erstaunlich ist, dass fast ein Drittel der Firmen damit rechnen, in den kommenden sechs Monaten Personal abbauen zu müssen“, sagt der Vorstandsvorsitzende des EUV, Henner Puppel.
Agenturchefin Demler ist dennoch überzeugt, dass die Kurzarbeit „viele Betriebe durch die Krise bringen wird“. Es werde jetzt darauf ankommen, wie lange der Lockdown anhält und wann die Maßnahmen dazu führen, dass die Wirtschaft wieder anläuft. Unabhängig davon erwartet aber auch Andrea Demler weitere Arbeitsplatzverluste gerade in den Unternehmen, die in oder wegen der Krise umstrukturieren, wie das jüngste Beispiel der Parfümeriekette Douglas zeige. Die von Verbänden heraufbeschworene Insolvenzwelle dagegen sei bislang nicht eingetreten. „Es gibt aktuell kein Anzeichen dafür“, so Demler.