Essen. Die Stadt Essen hat Verstorbene in Dortmund einäschern lassen. Das hat weniger mit Corona zu tun, als mit Reparaturen im Krematorium am Hellweg.
An den Wänden stapeln sich die Särge, in Dreierreihen stehen sie aufeinander. Mit dem Einäschern kommen die Mitarbeiter kaum noch nach: Es waren verstörende Bilder, über die Medien dieser Tage aus Sachsen berichteten, wo die Corona-Pandemie besonders stark grassiert. Im Krematorium am Hellweg in Essen sind sie davon glücklicherweise weit entfernt.
Dennoch hat Grün und Gruga, zuständig für den Betrieb der Anlage mit der Stadt Dortmund vereinbart, dass Verstorbene im Notfall in der Westfalen-Metropole verbrannt werden. Das hat weniger mit Corona zu tun, als mit dem Umstand, dass im Essener Krematorium derzeit nur eine von drei Ofenlinien genutzt werden kann.
Wie Grün und Gruga auf Anfrage mitteilte, wurde bereits im September vergangenen Jahres die Ofenlinie 1 außer Betrieb genommen. Filterschläuche, Filterkörbe und ein Kessel müssten erneuert werden. Dabei handele es sich um Maß- und Sonderanfertigungen. Die Kosten beziffert Grün und Gruga auf 170.000 Euro. Die Arbeiten seien fast abgeschlossen. Anfang Februar soll der Ofen wieder hochgefahren werden.
Der ausgefallene Ofen im Krematorium am Hellweg soll in Kürze repariert werden
Soweit, so geplant. Unerwartet sei Anfang des Jahres aber auch die Ofenlinie 3 ausgefallen. Diese sollte ursprünglich aus Altersgründen abgeschaltet werden. Aber erst, wenn die Ofenlinie 1 wieder in Betrieb geht. Der defekte Ofen soll nun in Kürze repariert werden.
Trotz des Ausfalls sei im Krematorium kein Engpass zu erwarten, betont eine Sprecherin. Die Kremierung erfolge im Dritt-Schicht-Betrieb, auch an Wochenenden würden Verstorbene eingeäschert. Anfang des Jahres seien jedoch zwei Mal je acht Leichen von Essen nach Dortmund transportiert worden, damit sie dort kremiert wurden.
Weder Angehörige noch Bestatter müssen mit Nachteilen rechnen, betont Grün und Gruga
Die Stadt Dortmund werde weiter aushelfen, sollte es nötig sein. Aber: "Wir gehen nach aktuellem Stand davon aus, dass eine weitere Überführung nicht notwendig ist", heißt es seitens Grün und Gruga. Andernfalls müssten weder Angehörige noch Bestatter mit Nachteilen rechnen.
"In Ausnahmefällen" vergehen laut Grün und Gruga von der Einlieferung eines Verstorbenen ins Krematorium bis zur Veraschung zehn Tage. In der Regel dauere es vier Tage, bis eine Leiche eingeäschert wird.
Statistisch gesehen, ist rund jede dritte Bestattung in Essen eine Feuerbestattung
Augenscheinlich bedingt durch die Corona-Pandemie ist die Zahl der Einäscherungen im Krematorium am Hellweg nach Angaben des kommunalen Betreibers im letzten Quartal des Vorjahres "moderat" gestiegen. Konkrete Zahlen nennt Grün und Gruga nicht. Durchschnittlich werden im Krematorium am Hellweg pro Jahr 5000 Verstorbene verbrannt. Statistisch gesehen, ist in Essen etwa jede Dritte Bestattung eine Feuerbestattung.
Wie steht es um die sogenannte Übersterblichkeit? Das Amt für Statistik teilt dazu nur soviel mit: 2020 seien in Essen mehr Menschen verstorben als 2019, aber voraussichtlich weniger als in den Jahren davor. Zahlen gibt die Behörde erst im März bekannt. Denn erfahrungsgemäß würden im Laufe des Januar und Februar noch Verstorbene aus dem Vorjahr nachgemeldet. 2019 sind 7019 Essener Bürger verstorben, 2018 waren es 7616 und im Jahr davor 7478. Irgendwo dazwischen dürfte sich die Zahl für 2020 einpendeln.
>>> Weitere Infos:
Das Krematorium am Hellweg wurde 1977 in Betrieb genommen - zunächst als Ergänzung zum Krematorium am Südwestfriedhof, das 1989 mangels Filteranlage stillgelegt wurde.
2005 wurde das Krematorium am Hellweg um eine dritte Ofenlinie erweitert. Seit der Gesetzgeber Feuerbestattungen auch privaten Betreibern ermöglicht hat, ist die Zahl der Einäscherungen am Hellweg von 8000 pro Jahr auf etwa 5000 zurückgegangen.
Kremiert werden am Hellweg nicht nur Essener, sondern auch Verstorbene aus den Nachbarstädten.