Essen. Essens Uniklinik baut ein Institut für Künstliche Intelligenz auf. 100 Experten sollen dort arbeiten. Tumorforschung gehört zu den Schwerpunkten.

Hier gibt es weder Operationssäle noch Krankenzimmer, obwohl auf dieser Etage langfristig betrachtet rund 100 Mediziner als auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uniklinik und der Uni Duisburg-Essen arbeiten werden. Gemeint ist das Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM), das abseits vom Klinikum, nämlich im Rüttenscheider Girardethaus, Einzug gehalten hat.

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Künstliche Intelligenz zum Vorteil von Patienten und Personal

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Künstliche Intelligenz? Sie gewinnt im Alltag immer mehr an Bedeutung, seien es selbst lernende Roboter, Sprachassistenten wie Alexa oder auch selbstfahrende Autos. Die Uniklinik und die Medizinische Fakultät der Uni gehen nun voran, um KI, so die Abkürzung, in der Medizin fest zu verankern. Das Ziel sei klar umrissen, sagt der Mediziner und Informatiker Professor Jens Kleesiek. Man wolle sowohl Diagnosen als auch Therapien verbessern und erhoffe sich, Arbeitsprozesse verkürzen zu können.

Für die Künstliche Intelligenz sind riesige Datenmenge notwendig. Das Institut werde mit anonymisierten Patientendaten arbeiten, betonen die Wissenschaftler des Instituts.
Für die Künstliche Intelligenz sind riesige Datenmenge notwendig. Das Institut werde mit anonymisierten Patientendaten arbeiten, betonen die Wissenschaftler des Instituts. © iStock | istock

Die wohl wichtigste Grundvoraussetzung von KI lautet, riesige Datenmengen verwerten zu können. Auf die Medizin angewandt sind damit vorwiegend Patientenakten gemeint, in anonymisierter Form. In enger Verbindung mit Forschung und Lehre geht es um Programme, die in der Datenflut von Krankheitsverläufen oder medizinischen Ergebnissen nach wiederkehrenden Mustern suchen, die der Mensch entweder gar nicht oder so schnell nicht finden würde.

Wissenschaftler sehen eine Vielzahl von Anwendungsgebieten

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Was bedeutet nun diese graue Theorie und die bessere Vernetzung von Medizin und Informatik für den medizinischen Alltag? Kleesiek spricht von einer Vielzahl an Anwendungsgebieten und nennt Beispiele. Da hatte ein Patient gehofft, nach überstandenem Darmkrebs wieder das Leben genießen zu können, als er einen niederschmetternden Befund erhält. Die Ärzte stellen bei ihm ein Fortschreiten der Erkrankung fest. Mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz wäre dies möglicherweise früher erkennbar gewesen. KI ermögliche Prognosen von Krankheitsverläufen, um frühzeitig gegenzusteuern.

Wichtiger Baustein für das Konzept „Smart Hospital“

Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und die Verknüpfung digitalisierten Daten aus dem Gesundheitswesen bezeichnet der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzender der Uni-Klinik, Professor Jochen A. Werner, als „elementaren Baustein“ des Smart-Hospitel-Konzeptes.

Dazu gehören die digitale Patientenakte, Aufbau eines Telemedizinnetzes, digitale Informationscenter und perspektivisch der Einsatz von Robotern in der Pflege.

Das Institut wird mit Geldern aus Wirtschaft und Wissenschaft gefördert und bekommt darüber hinaus auch Fördergelder des Landes. Es beteiligt sich zudem an der landesweiten Kompetenzplattform KI, mit der das Land deutschlandweit eine Vorreiterrolle übernehmen will.

Derzeit arbeiten am Institut eine Professorin und zwei Professoren, zwei weitere Professuren sollen zeitnah besetzt werden.

Ein weites Feld biete auch die Radiologie, so Dr. Felix Nensa über sein Fachgebiet. Hier könne KI die Auswertung von Bildern beschleunigen, möglicherweise auch präzisieren. Mittlerweile verfüge man auch über Techniken, die den Aufenthalt im MRT, deutlich reduzieren. Es gebe heute kaum noch eine medizinische Fachrichtung, in der nicht über die Chancen und Perspektiven von Künstlicher Intelligenz diskutiert werde, unterstreicht Professor Folker Meyer, der internationale Erfahrung mitbringt, hat er doch in den vergangenen Jahren als Bioinformatiker an der Universität von Chicago gearbeitet.

Mit Algorithmen Krankheitsverläufe besser analysieren

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Das Essener Institut will sich zunächst einmal auf Krebsforschung, Radiologie und das Thema Infektionen konzentrieren – zugleich würden aber auch noch umfangreiche Aufgabenfelder warten. So ließen sich mit Hilfe von KI Mechanismen zur Verbreitung von Viren herausfinden und bestimmen. In der Tumorforschung können, wie Studien zu Hautkrebs zeigen würden, mit Algorithmen die Krankheit erheblich besser analysiert werden.

KI werfe allerdings auch viele Fragen auf und stoße an Grenzen, betonen die Wissenschaftler. Eingehend werde in der Medizin über den Datenschutz diskutiert, der im besonderen Maße für Patientenakten gelte. Daran dürfe auch nicht gerüttelt werden. Man müsse gewährleisten, dass die Regularien für den Einsatz der Daten für Forschungszwecke streng eingehalten werden. Außerdem müsse gerade in der Medizin darüber gesprochen werden, wie man KI kontrollieren kann.

Fachleute weisen auf Grenzen der Künstlichen Intelligenz hin

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Die Wissenschaftler sind darin einig, dass KI zunächst einmal die Arbeit von Medizinern unterstützen kann, aber nicht ersetzen soll. Man dürfe auch nicht in den Fehler verfallen und sowohl Wissen wie Erfahrungswerte, die ein Arzt mitbringt, zu vernachlässigen. Auch diese Kompetenzen seien für Diagnose und Behandlung unerlässliche Größen. Schließlich bleibe das persönliche Gespräch, der Kontakt zwischen Arzt und Patient, noch immer das A und O.