Bergeborbeck. Fahren auf der Germaniastraße in Bergeborbeck ist nicht ungefährlich, sagt die SPD. Ein Prüfantrag soll die Chance einer Tempo-30-Zone klären.
Sorge bereitet der SPD im Bezirk der Verkehr auf der Germaniastraße in Bergeborbeck: Zu schnelles Fahren, verbunden mit so manchem unbedachten Fahrmanöver führe immer wieder zu gefährlichen Situationen auch für Anwohner und Fußgänger. Nun soll die Verwaltung prüfen, ob eine Tempo-30-Zone Abhilfe schaffen könnte.
Formuliert hatte die SPD ihren Antrag in der Bezirksvertretung als klare Forderung an die Verwaltung, zumindest auf dem Teilstück zwischen der Kreuzung Germaniastraße/ Bergmühle und Flandernstraße bis hin zur Einmündung Hafenstraße für gedrosseltes Tempo zu sorgen. Doch dies scheiterte am Veto von CDU und Grünen. Schätzte die CDU die Lage vor Ort längst nicht so prekär ein, ließ ein weiterer Punkt Zweifel aufkommen: Es sei zu befürchten, dass Autofahrer künftig Nebenstraßen nutzen, um die Tempo-30-Zone zu umfahren. Dem widerspricht SPD-Fraktionschef Ulrich Schulte-Wieschen: „Dies wäre nur über die Jahnstraße und Bocholder Straße möglich. Und da gibt es derzeit eine Baustelle, die diesen ,Schleichweg‘ unattraktiv macht.“ Dennoch ließ sich die Mehrheitskoalition nur auf einen Prüfantrag ein.
Ortsverein SPD-Bergeborbeck kritisiert die Entscheidung der BV
Eine Entscheidung, die Peter Lübben, Vorsitzender der SPD Bergeborbeck, scharf kritisiert. In einer Pressemitteilung des Ortsvereins weist er darauf hin, dass die überörtlich bedeutsame Germaniastraße eine der „meist gefahrenen Straßen im Bezirk Borbeck“ sei. Besonders auf dem erwähnten Teilstück komme es immer wieder zu gefährlichen Situationen in Höhe des Geriatriezentrums, der Altenwohnungen, der dort angesiedelten Kita, aber auch im Bereich der Awo-Begegnungsstätte Minna-Deuper-Haus. „Überholmanöver mit sehr hohen Geschwindigkeiten sind hier an der Tagesordnung“, heißt es in der Mitteilung weiter, die der Ortsverein auch auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hat.
Verschärft werde die Situation durch den ruhenden Verkehr rechts und links der Germaniastraße, aber auch durch zwei Haltestellen der Straßenbahn, die mittig der Germaniastraße verläuft. „Besonders am Haltepunkt Zinkstraße ist die Lage brenzlig“, erklärt Ulrich Schulte-Wieschen, der bereit vor vier Jahren auf diesen Missstand hingewiesen hatte und nun in Absprache mit dem Ortsverein erneut aktiv wurde. Und noch einen Aspekt führt der SPD-Mann an: „Dieser Bereich dient auch als Schulweg für die benachbarte Grundschule Bergmühle.“ Das Problem betreffe also nicht nur die Senioren.
Nach Prüfantrag droht, dass das Thema auf die lange Bank geschoben wird
Wann die Verwaltung nun auf die Eingabe der SPD reagiert, muss sich zeigen. Erfahrungsgemäß dauert es Monate, bevor Prüfanträge bearbeitet werden können und eine Entscheidung gefällt wird. „Dies war auch der Grund, warum wir den Antrag als Forderung formuliert haben, erklärt Schulte-Wieschen. „Die Sache darf nicht auf die lange Bank geschoben werden, auch wenn sich mittelfristig einiges im Stadtteil ändern wird.“
Womit der SPD-Fraktionschef die Pläne für das „Quartier der Generationen“ anspricht. So sieht der Bebauungsplan Jahnstraße/Germaniastraße dort ein neues Wohngebiet samt Neubau des Hallenbades (Stadtbad Borbeck) vor. „Im Rahmen dessen muss auch ein Verkehrsgutachten erstellt werden“, erklärt der stellvertretende Bezirksbürgermeister Kevin Kerber (SPD), der glaubt, dass sich durch dieses Projekt der Anteil an Senioren, aber auch der Kinder im Quartier weiter vergrößern wird. „Es ist umso wichtiger, dass wir durch eine Beruhigung des Verkehrs die Anwohner schützen und so die Lebensqualität steigern.“ Daher setze sich die SPD für Tempo 30 in den Bereichen mit stark verdichteter Wohnbebauung ein. „Die positiven Auswirkungen einer partiellen 30er-Zone auf die Lärmreduzierung, die Luftverschmutzung und den CO2 Ausstoß sind auch Teil der Gleichung“, so Kerber.
Acht Unfälle mit Personenschaden auf der Germaniastraße im Jahr 2019
Die Erklärung des SPD-Ortsvereins endet mit der provokanten Frage: „Es gibt bereits zwei Tempo-30-Zonen im Bereich der Haus-Berge-Straße in Höhe der Kindertagesstätte. Wieso also nicht auf dem besagten Teilstück der Germaniastraße?“ Mit Blick auf die aktuelle Unfallstatistik ist diese Frage zumindest nicht ganz unberechtigt. So fand Peter Lübben im Internet (https://unfallatlas.statistikportal.de) allein für das Jahr 2019 zehn Verkehrsunfälle mit Personenschaden, die sich auf der Germaniastraße und Jahnstraße zugetragen haben.
Unterschriftensammlung
Sollte der nun von der Bezirksvertretung abgesegnete Prüfantrag der SPD von der Verwaltung negativ beschieden werden, kündigt Ortsvereinsvorsitzender Peter Lübben (SPD) bereits jetzt Gegenwind an.
Der Ortsverein Bergeborbeck wolle in diesem Fall eine Unterschriftensammlung initiieren, um der Forderung der BV-Fraktion Nachdruck zu verleihen.
Dies bestätigt auch die Essener Polizei: Demnach gab es in den vergangenen drei Jahren im besagten Teilstück eine Reihe von Unfällen mit Personenschaden. 2018: Fünf Verkehrsunfälle mit sieben Verletzten (viermal schwer, dreimal leicht); 2019: Acht Verkehrsunfälle mit zwölf Verletzten (einmal schwer, elfmal leicht) und 2020 bislang drei Verkehrsunfälle mit drei Verletzten (zweimal schwer, einmal leicht). „Insgesamt zehn der Verletzten entfielen dabei auf Radfahrer und Fußgänger“, erklärt Polizeioberkommissar Christoph Wickhorst. Und weiter: „Der häufigste Unfalltyp war Fehler beim Abbiegen. Das angeführte Statistik-Portal sei der Polizei bekannt und auch seriös.
Zahl der Unfälle geht durch die Pandemie zurück
Dass die Unfallzahlen in diesem Jahr gesunken sind, macht Wickhorst nicht an der größeren Einsicht der Verkehrsteilnehmer, sondern eher an der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Lockdown fest: „Es sind eben deutlich weniger Menschen unterwegs.“Generell sei die Zahl der Unfälle aber nur schwer zu bewerten: „Jede Straße ist anders, auch wenn sie ähnlich stark frequentiert ist“, räumt Wickhorst ein.
„Unfälle hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab: Beispielsweise die Straßenbeschaffenheit, Baustellen und ähnliches. „Selbst das Wetter spielt dabei eine Rolle“, so Wickhorst weiter: „Zwei Drittel der Unfälle passierten allerdings auf trockener Fahrbahn.“ In diesem Zusammenhang räumt der Essener Oberkommissar gleich mit einem landläufigen Vorurteil auf: „Unter schwerverletzt stellen sich viele gemeinhin gravierende Verletzungen vor. Für die Polizei gilt jemand als schwerverletzt, wenn er mindestens eine Nacht stationär im Krankenhaus verbringen muss“.