Essen. Rund 200 Pakete stellt Mirko Roesch vor Weihnachten zu – täglich. Der 50-Jährige ist einer von 450 Boten, die für DHL in Essen unterwegs sind.

Mirko Roesch ist als Paketbote für DHL in Essen-Heisingen in Einsatz. Die Tage vor Heiligabend waren schon immer anstrengend. Doch diesmal ist die Paketmenge besonders hoch: „Das Christkind und der Weihnachtsmann lassen uns 2020 mehr denn je zustellen“, sagt der 50-Jährige. Tatsächlich verteilen die gut 450 Essener DHL-Zusteller derzeit täglich 65.000 Pakete – 22.000 mehr als sonst.

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Mit dem „gelben Blitz“, einem Iveco-Transporter mit Bonner Kennzeichen, fährt Roesch gerade alles aus, was unterm Tannenbaum landet: Päckchen und Pakete von zwei bis 31,5 Kilo. Gegen 11 Uhr am Freitag hat er bald das halbe Tagespensum von derzeit 200 Sendungen zugestellt.

Gerade biegt er aus der Wohnsiedlung Im Karkamp, eine ruhige Gegend oberhalb des Baldeneysees. „Die Leute sind meistens zuhause und nehmen die Pakete gleich an“, erzählt der DHL-Fahrer. Das Parken ist im Einfamilienhausviertel kein Problem. So gut wie Roesch haben es wenige Kollegen. Vor allem in der Innenstadt müssen sie mit den Transportern in zweiter Reihe oder weiter weg halten. Mit dem Lockdown im März begann der Paket-Boom.

Es gibt immer mehr Online-Bestellungen

Bestellungen im Online-Handel schnellten nach oben, DHL reagierte. „Wir haben uns früh auf die steigenden Paketmengen vorbereitet und bereits im Frühjahr 4000 neue Kolleginnen und Kollegen im Kern-Team eingestellt“, erklärt Britta Töllner, DHL-Sprecherin in Düsseldorf. Seinen Dienst beginnt Roesch um 8 Uhr an der Zustellbasis Kleine Ruhrau in Horst. Das ist eines von drei lokalen Verteilzentren. In Horst treffen täglich rund 20.000 Pakete in großen Lastwagen zur Weiterverteilung ein.

Übers Fließband gelangen die Pakete in die Halle. Dort werden sie eingescannt, sortiert und in die DHL-Transporter geräumt. Die Mitarbeiter der zweiten Schicht fangen gegen 10 Uhr mit dem Verladen der Pakete an. Dann ist die erste Gruppe schon auf Tour.

Jeden Morgen nimmt Roesch, gelernter Postbeamter aus Kupferdreh, in Horst seinen Transporter und die erste Ladung für seinen Bezirk im Heisinger Unterdorf entgegen. Die Fracht kommt über eine Rutsche am Ladetor zum Wagen. Roesch räumt die Sendungen, sortiert nach den Empfängeradressen, ins Auto.

Mirko Roesch sagt über seinen Job: „Ich könnte mir nichts anderes vorstellen.“
Mirko Roesch sagt über seinen Job: „Ich könnte mir nichts anderes vorstellen.“ © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Sein Revier umfasst unter anderem den Baderweg, Fährenkotten, Voßbergring, Stauseebogen und Stornefranzstraße. Die Route ist vorgegeben. Das Navi läuft mit, auch wenn Roesch die Strecke in- und auswendig kennt.

Für schwere Waren liegt eine Karre im Transporter bereit

Die Zeit hat der Zusteller stets im Blick, aber nervös ist er nicht. Gegen 16.15 Uhr sei er meist wieder an der Basis, wo die Schicht endet. Im 33. Jahr – davon fast zehn in Heisingen – bereitet ihm der Job noch immer Freude. „Ich könnte mir nichts anderes vorstellen.“ Für Schweres, wie die gern bestellten Weinkisten, liegt eine Karre griffbereit im Transporter. „Der Beruf hält mich fit“, freut sich Roesch. In Pandemiezeiten habe er sehr oft Fahrräder oder Fitnessgeräte zugestellt. „Da trainiert der Bote gleich mit.“

Bei der Tour muss er immer wieder muss aus dem Auto raus- und reinklettern, Treppen hoch und runter laufen. In der Freizeit fährt der Familienvater gern Fahrrad oder joggt mit dem Vierbeiner. Angst vor Hunden hat er also nicht. Im Gegenteil: Auch die freuen sich, wenn er klingelt.

Bundesweit elf Millionen Sendungen an Spitzentagen

In Essen gibt es drei große DHL-Zustellbasen – an der Emscherbruchallee, Graf-Beust-Allee und Kleine Ruhrau.

In manchen Bezirken gibt es zusätzlich eine flexible Abendzustellung, die von 18 bis 21 Uhr Pakete ausliefert. Von der Cyberwoche (Angebotswoche ab 23. November inkl. Black Friday) bis Weihnachten erwartet DHL bundesweit über elf Mio. Sendungen an Spitzentagen. An durchschnittlichen Tagen werden etwa 5,2 Mio. Pakete im deutschen Paketnetz befördert.

Für 2020 rechnet das Unternehmen mit einem Plus von knapp 15 Prozent gegenüber 2019. Bereits fünf Wochen vor Jahresende wurden mit 1,6 Milliarden Sendungen im laufenden Jahr mehr Pakete transportiert als in 2019.

Bei Wind und Wetter kurvt Roesch mit dem „gelben Blitz“ durchs Viertel. Liegengeblieben sei er noch nie. Doch er wurde schon mehrfach zum Retter, erst vor kurzem bei einem Seniorenpaar. „Der Mann war zuhause mit dem Rollator umgekippt. Er kam allein nicht hoch, und seine Frau war zu schwach.“

Pakete müssen in Corona-Zeiten kontaktlos überbracht werden

Wegen der Pandemie müssen die Pakete aktuell kontaktlos überbracht werden. „Wir schellen an und vergewissern uns, dass jemand öffnet. Ist niemand zuhause, schreiben wir eine Benachrichtigungskarte.“ Bei der Zustellung unterschreiben nicht die Kunden, sondern die Boten auf elektronischen Handscannern. Um keinen anzustecken, müssen die Mitarbeiter Hygieneregeln einhalten.

Roesch trägt einen hohen Schal. Den kann er wie eine Maske vor Mund und Nase ziehen. „Mittlerweile lässt sich ja alles im Internet kaufen“, sagt er beim Blick in den Wagen. Mit dem zweiten harten Lockdown werde wieder kräftig online geordert: vom Grill über Hanteln bis hin zu Waschpulver und Windeln. Selbst Toilettenpapier haben die Boten 2020 an die Haustüren gebracht. „Als es in den Läden nichts mehr gab“, sagt Roesch.

Ein kleines Trinkgeld, Kekse oder Schokolade und die glücklichen Gesichter, wenn das Bestellte pünktlich zum Fest eintrifft, motivieren ihn. Ein paar nette Worte mit Abstand wechselt er auch gern. Das gehöre zum Job, findet Roesch. So will er selbst an Heiligabend beim Dienst von 8 bis 15 Uhr gelassen bleiben.