Essen. Große Zustimmung, aber auch Wut: Das Verkaufsverbot für Silvester-Feuerwerk belebe die Nachfrage nach Polenböllern, fürchtet ein Essener Händler.

Das Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk polarisiert die Menschen in Essen nach wie vor: auf der einen Seite große Zustimmung, auf der anderen „Frust und Enttäuschung“. Thomas Schiemann, Inhaber des traditionellen Feuerwerksverkaufs in der Eissporthalle Essen West, befürchtet nun eine zunehmende Nachfrage nach illegalen „Polenböllern“.

Dass das Verkaufsverbot von Silvester-Feuerwerk automatisch zu einem stillen Jahreswechsel führt, ist aus Schiemanns Sicht ein Trugschluss. Denn trotz des Verkaufsverbots dürfen Knaller und Raketen an Silvester gezündet werden. Lediglich für belebte Plätze und Straßen in Essen sei ein Böllerverbot wahrscheinlich, so eine Stadtsprecherin.

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„Polenböller sind wie kleine Handgranaten – wer nicht aufpasst, hat den Finger ab“

„Die Leute fahren jetzt über die Grenze und decken sich mit illegalen Polenböllern ein“, berichtet Schiemann. Das verbotene Geschäft blühe schon jetzt. „Verkauft wird unter der Hand, es wird richtig Geld damit verdient.“ Die Kehrseite der Medaille: Im Gegensatz zu der in Deutschland vom Bundesamt für Materialforschung in Berlin zugelassenen und als unbedenklich eingestuften Pyrotechnik seien so genannte Polenböller aufgrund des hohen Schwarzpulver-Anteils extrem gefährlich. „Wer nicht aufpasst, hat den Finger ab“, so Schiemann. „Die sind wie kleine Handgranaten.“

Silvester in Zeiten von Corona: Wer auf legale – oder illegale Weise – in den Besitz von Böllern und Raketen kommt, wird sie in Essen abbrennen können. Das wurde am Mittwoch auch in der letzten Ratssitzung des Jahres deutlich. OB Thomas Kufen machte zwar die optimistische Rechnung auf: „Wenn nichts verkauft wird, kann auch nichts verböllert werden.“ Doch Ordnungsdezernent Christian Kromberg schilderte die andere Seite der Bürger: „Seien wir ehrlich: Wer diese Böller abbrennen will, der wird das in dieser Nacht irgendwo in der Stadt tun. Und da werden ihn weder Polizei noch Ordnungsamt dran hindern können.“

Feuerwerkshändler bekommt Zorn der Menschen übers Verkaufsverbot direkt zu spüren

Feuerwerkshändler Thomas Schiemann bekommt den Zorn der Menschen am Telefon sehr direkt zu spüren. „Ihre Wut auf die Politik ist riesig“, sagt er – und fügt hinzu: „Ich selbst stehe auch ein bisschen unter Schock.“

Das Verkaufsverbot gelte nämlich nicht nur für den stationären Handel zwischen dem 29. und 31. Dezember, sondern nun auch fürs Online-Geschäft. Schon seit einiger Zeit können Kunden auf seiner Internetseite silvesterverkauf-essen.de Batterien und Raketen, Chinaböller und Tischfeuerwerke ordern. Etliche hätten von dieser Möglichkeit schon Gebrauch gemacht und bereits Zahlungen geleistet.

Von der Bezirksregierung Düsseldorf wollte Schiemann jetzt wissen, ob er bereits bestellte und bezahlte Ware am 29./30. und 31. Dezember ausliefern darf. Die Antwort lautet Nein. Jedwede Übergabe von Feuerwerkskörpern sei unzulässig, beschied ihm die Behörde. Die Konsequenz: „Ich muss diese Geschäfte jetzt alle rückabwickeln.“

Große Verärgerung über die späte Vollbremsung der Politik

Schiemann, der eigenen Angaben zufolge den größten Feuerwerks-Lagerverkauf in Nordrhein-Westfalen betreibt, ärgert sich über die späte Vollbremsung der Politik und das wochenlange „Rumeiern“. „Es ist sehr unglücklich, dass die Politik das Verkaufsverbot so spät verhängt hat.“

Feuerwerkshändler Thomas Schiemann sagt: „Es ist sehr unglücklich, dass die Politik das Verkaufsverbot so spät verhängt hat.“
Feuerwerkshändler Thomas Schiemann sagt: „Es ist sehr unglücklich, dass die Politik das Verkaufsverbot so spät verhängt hat.“ © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Auch vom Management der Eishalle gab’s am Mittwoch übrigens eine Ausladung. Die zuständige Dezernentin Simone Raskob habe die Vermietung der Halle an Schiemann zwecks Feuerwerksverkauf unterbunden, hieß es.

Zollfahnder zu „Polenböllern“

Das Zollfahndungsamt Essen hat bislang noch keine nennenswerte Mengen an illegaler Pyrotechnik sichergestellt.

Oft stelle der Zoll fest, dass nicht zugelassene Feuerwerks- und Knallkörper aus dem europäischen Ausland mitgebracht bzw. im Internet bestellt werden. Allerdings sei die Einfuhr von nicht zugelassener Pyrotechnik nach den Vorschriften des Sprengstoffgesetzes verboten und strafbar.

In diesen Fällen werde stets ein Strafverfahren eingeleitet, die Feuerwerks- und Knallkörper werden beschlagnahmt oder sichergestellt. Dies gilt auch beim Transport innerhalb der EU. Zusätzlich zu strafrechtlichen Konsequenzen bestehe beim Abbrennen der Feuerwerkskörper Gefahr für Leib und Leben.

Für zusätzliche Irritationen in vielen Rathäusern sorgte am Mittwoch (16. Dezember) die vom NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit, Soziales aktualisierte Fassung der Coronaschutzverordnung des Landes. Denn anders als in der Version des Vortages (siehe Paragraf 11, Absatz 5) ist darin von einem Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper plötzlich keine Rede mehr. Ist der Verkauf somit wieder erlaubt? „Nein“, präzisiert ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Anstelle der NRW-Verordnung werde es rechtzeitig eine bundesweit einheitliche Regelung geben, schon an diesem Freitag soll die vom Bundesinnenministerium erarbeitete Fassung vom Bundesrat beschlossen werden.