Essen. Sechs Wochen vor dem Jahreswechsel werden Böllerverbote lebhaft diskutiert. Mediziner verweisen auf angespannte Corona-Lage in Krankenhäusern.

Mainz und Hannover prüfen ein Böllerverbot an Silvester, auch in Köln wird der Ruf nach einem stillen Jahreswechsel immer lauter. Angesichts der unklaren Corona-Lage geraten die Freunde des traditionellen Silvesterfeuerwerks zusehends in die Defensive. Doch der Essener Kaufmann Thomas Schiemann, Veranstalter des großen Feuerwerk-Verkaufs in der Eissporthalle, hält demonstrativ dagegen und spricht Klartext: „Das Leben in Corona-Zeiten ist schon schwer genug, macht den Leuten doch nicht alles kaputt.“

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Schiemann hat auch in diesem Jahr wieder Pyrotechnik geordert, die locker zwei Übersee-Container mit insgesamt 60 Euro-Paletten füllt. Der Feuerwerksverkauf in der Eissporthalle Essen-West ist seit 20 Jahren der größte der Stadt. Doch ob die Batterien, Raketen und Böller tatsächlich am 29./30. und 31. Dezember in den Verkauf kommen und an Silvester zwischen Karnap und Kettwig gezündet werden können, steht in den Sternen.

Uniklinikum Essen verweist auf angespannte Lage in den Krankenhäusern durch Corona

Gut sechs Wochen vor dem Jahreswechsel ist das kontrovers diskutierte Böllerverbot ein buchstäblich explosives Thema. Denn die Zahl der Böllerverbot-Unterstützer wird immer größer. Der Ärztliche Direktor des Essener Universitätsklinikum, Prof. Dr. Jochen A. Werner, hat sich bereits positioniert. „Aus medizinischer Sicht wäre es sinnvoll, dieses Jahr auf das Silvesterfeuerwerk zu verzichten, um das ohnehin angespannte Gesundheitssystem nicht noch mehr zu belasten“, sagt der Top-Mediziner. Das Silvester-Feuerwerk verursache deutschlandweit Tausende von Unfällen. „Das sind Verbrennungen und weitere Verletzungen, meist an Händen und Kopf, wie Augenunfälle und Knalltrauma“, fügt Werner hinzu.

Betroffen seien unmittelbar Notaufnahmen und der Ärztliche Notdienst, und, in den Folgetagen, HNO-Mediziner und Augenärzte sowie die Krankenhäuser generell. Die beste Vorsorge sei deshalb, auf das Feuerwerk zu verzichten. Der Medizin-Professor: „Jeder sollte so seinen kleinen Beitrag zur Bewältigung der Pandemie leisten. Wir kommen am besten gemeinsam durch die Krise.“

Thomas Schiemann veranstaltet seit zwanzig Jahren den Feuerwerksverkauf in der Eissporthalle.
Thomas Schiemann veranstaltet seit zwanzig Jahren den Feuerwerksverkauf in der Eissporthalle. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Thomas Schiemann hält ein Böllerverbot hingegen nur dann für unvermeidbar, wenn sich die Corona-Krise dramatisch verschlimmere – „wenn die Krankenhäuser wirklich bis oben hin voll sind wie in Belgien oder Italien.“ Angesichts der wohl weiterhin strengen Kontaktbeschränkungen werde es ohnehin keine großen Silvesterpartys geben. Sein Appell: „Gönnt dem kleinen Mann seine kleinen Freuden, lasst ihn doch zehn Minuten draußen knallen.“

Kein Flickenteppich: Stadt Essen wartet auf landesweit einheitliche Regelung

Das Thema Böllerverbot wird auch im Essener Rathaus diskutiert. Doch ein lokales, also nur auf diese Stadt beschränktes Verbot gilt dem Vernehmen nach als ziemlich unrealistisch. Untersage die Stadt beispielsweise nur den Verkauf von Böllern, reiche ein Kurztrip in die Nachbarstadt, um sich mit Pyrotechnik einzudecken und es hier abzufeuern. Ein Feuerwerksverbot nur in Essen könne zu einem Böller-Tourismus in die umliegenden Städte führen. Kurzum: Die Verantwortlichen im Rathaus halten nichts von einem Flickenteppich und warten auf eine landesweit einheitliche Regelung.

Thomas Schiemann stellt sich unterdessen auf einen Feuerwerksverkauf ein, der auf die besondere Corona-Situation Rücksicht nimmt. „Damit an der Eissporthalle kein Gedränge entsteht, bieten wir zum ersten Mal einen Abholservice an: Bestellen und Bezahlen im Internet, Abholen an der Eissporthalle.“

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