Essen-Altenessen. 80 Unterzeichner haben Forderungen nach Düsseldorf geschickt. Welche Schritte die Stadt für die Gesundheitsversorgung im Essener Norden plant.
Das Gesundheitsministerium in Düsseldorf hat Post aus dem Essener Norden bekommen. Thema ist die Entwicklung der Gesundheitsversorgung vor Ort. Das Marienhospital in Altenessen ist geschlossen. Das St.-Vincenz-Krankenhaus in Stoppenberg macht ebenfalls in rund drei Wochen dicht. Die Unterzeichner – dazu gehören neben Mitgliedern der Altenessen-Konferenz rund 80 Einzelpersonen, Parteien, Institutionen und Ärzte – fordern vor allem zwei Dinge.
Entscheidungsprozess zur Gesundheitsversorgung soll transparenter sein
„Der Diskussions- und Entscheidungsprozess zur Gesundheitsversorgung im Essener Norden muss transparenter und unter Beteiligung der Betroffenen organisiert werden“, heißt es in dem offenen Brief. Dazu würden auch die niedergelassenen Ärzte, die in den Stadtteilen ihre Kenntnisse und Kräfte einbringen, gehören. „Die weitere Abwanderung von Fachärzten darf nicht hingenommen werden“, heißt es in dem Brief.
Auch interessant
Als weiterer Punkt wird die Vergabe öffentlicher Mittel angeführt. „Die 94 Millionen Euro aus dem Strukturfonds des Bundes an die Contilia müssen schon jetzt einer besonderen Prüfung unterzogen werden“, so die Unterzeichner. Dabei sollte vor allem ein verlässlicher Zeitplan für neue Entwicklungen (Gestaltung der Übergangszeit, Gesundheits-Zentrum in Altenessen, Neubau in Borbeck) erstellt und geprüft werden. „Die Bewilligung der Mittel erfolgt bis zum Jahresende 2020, sie sollte an transparente zeitliche und inhaltliche Auflagen gebunden werden.“
Unterzeichner wollen, dass Ihre Forderungen vom Ministerium berücksichtigt werden
Die Gesundheitsversorgung gehöre perspektivisch stärker in die Verantwortung der öffentlichen Hand. Darum sei es eine langfristige Aufgabe der ganzen Gesellschaft, die „rücksichtslose Privatisierung des Gesundheitssystems, bei der nur wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen, zu verändern“. Die Unterzeichner bitten darum, diese Aspekte im Ministerium zu berücksichtigen.
Auch interessant
Die Klagen, auch seitens der Bezirksvertretungen, dass die Politiker vor Ort nicht in die Entscheidungsprozesse der Gesundheitsversorgung in ihrem Bezirk eingebunden werden, sind auch bei der Stadtspitze angekommen. Gesundheitsdezernent Peter Renzel hat für Donnerstag, 10. Dezember, zu einer Konferenz eingeladen.
Dort sollen die Pläne der Contilia-Gruppe und der Universitätsmedizin Essen vorgestellt werden. Zuletzt hatte Contilia erklärt, dass es als Krankenhaus im landläufigen Sinne im Essener Norden künftig nur noch das Philippusstift in Borbeck geben werde. Dort soll ein Erweiterungskomplex entstehen. Am Marienhospital-Standort sollen eine stationäre Psychiatrie und eine psychiatrische Tagesklinik sowie eine Institutsambulanz mit interkulturellem Schwerpunkt entstehen.
Bezirksbürgermeister haben wenig Erwartungen
Bei dem Treffen am Donnerstag soll beraten werden, welche Perspektiven es noch zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung braucht. „Wir wollen gemeinsam schauen, welche Aspekte wir noch angehen müssen. Ich erhoffe mir Antworten und eine gute Diskussion, auch für die nächsten Jahre“, so Renzel. Eingeladen sind unter anderem Prof. Susanne Moebus vom Urban Public Health Institut der Universität Essen, Vertreter der Altenessen- und Katernberg-Konferenz und auch die Bezirksbürgermeister für die betroffenen Stadtteile, Altenessen und Stoppenberg, Hans-Wilhelm Zwiehoff und Michael Zühlke mit ihren Vertretern.
Die Bezirksbürgermeister hegen nicht allzu große Erwartungen: „Ich glaube nicht, dass ich die Sitzung überstehe, ohne meinen Frust abzulassen“, erklärt Zwiehoff, der es nach wie vor unsäglich findet, dass die Krankenhäuser geschlossen werden. „Es kann ja sein, dass es eine Überversorgung gibt, aber dann muss man ja nicht ausgerechnet zwei Krankenhäuser im Norden schließen und das auch noch während einer Pandemie“, so Zwiehoff. Kollege Zühlke äußert sich ähnlich: „Der maximal größte Schaden ist angerichtet, es kann jetzt nur noch Verbesserungen geben.“
Gesundheitsdezernent hofft auf deutschlandweit einzigartiges Projekt
Neben dieser Konferenz plant die Stadtspitze einen weiteren Workshop. Neben den Planungen der Contilia für die Standorte in Altenessen und Borbeck soll ein Modell für eine neue Klinik entwickelt werden, das an einem Standort im Essener Norden geschaffen werden soll.
Dazu sind Oberbürgermeister Thomas Kufen und Peter Renzel in Gesprächen mit Experten der Gesundheitsbranche sowie Ansprechpartnern bei Bund und Land. Peter Renzel auf Facebook: „Ziel ist es, an einem Standort im Essener Norden eine Vernetzung von stationärer und ambulanter Medizin zu schaffen. Dabei soll auch die fortschreitende Digitalisierung unter dem Stichwort ,Smart Health’ genutzt werden. Ein solches Projekt wäre nicht nur einzigartig in Essen, sondern deutschlandweit.“
Der Oberbürgermeister habe die Orientierung gut beschrieben: „Wenn es uns gelingt, die Verzahnung dieser drei Trendthemen der Medizin unter einem Dach zu vereinen, hätten wir nicht nur eine gute Lösung für den Essener Norden geschaffen, sondern ein tragfähiges Modell für viele weitere Städte und Regionen.“
Keine Nachricht aus Essen verpassen – mit unserem lokalen Newsletter.