Essen. Corona führt in Essen zu Verwerfungen auf dem Altkleidermarkt. Der Markt ist eingebrochen. Andernorts werden Sammelcontainer bereits abgebaut.
Die Corona-Krise hat auch auf dem Altkleidermarkt zu Verwerfungen geführt. Container und Lager quellen über, die Preise für den Weiterverkauf sind im Keller.
Im siebten Jahr sammelt die Textil-Recycling-Nord-GmbH
im Auftrag der Entsorgungsbetriebe Essen
(EBE) zwischen Karnap und Kettwig Altkleider ein. Das Unternehmen mit Sitz im niedersächsischem Himmelpforten bei Stade hält dafür in Essen 400 Sammelcontainer vor. Ein Jahr wie dieses hat Nexhip Gjikolli noch nicht erlebt.
Mit Beginn der Pandemie sei der Markt nahezu zum Erliegen gekommen. „Die Lieferketten sind weggebrochen“, weil sich Länder abschotteten. „Die haben uns nichts mehr abgenommen.“ Seit Juni, Juli gehe es langsam wieder aufwärts.
Durchschnittlich 2000 Tonnen Altkleider sammelt ein Verwerter pro Jahr in Essen ein
Laut Gjikolli liefert der Verwerter Altkleider in aller Herren Länder. 2000 Tonnen kommen durchschnittlich in Essen zusammen. Die Altkleider werden zunächst nach Grevenbroich transportiert, wo der Verwerter ein Zwischenlager unterhält. Von dort aus geht es weiter nach Himmelpforten in eine Sortieranlage.
60 Prozent der Kleidungsstücke werden weiterverkauft, 30 Prozent zu Putzlappen oder Füllmaterial verarbeitet, welches zum Beispiel bei der Herstellung von Autositzen verwendet wird. 10 Prozent landen in der Müllverbrennung, so Gjikolli. Eines falle auf in Zeiten von Corona: „In den Containern landet mehr Müll“. Der Anteil an unbrauchbarer Ware bewege sich zwischen 15 und 20 Prozent und liege schätzungsweise um zehn Prozent höher als sonst üblich.
Schon vor der Corona-Krise hat die Branche gelitten, berichtet Gjikolli. „Die Preise sind gefallen, da die Qualität der Kleidung gesunken ist. Damit haben wir schon zu kämpfen gehabt. Dann kam die Pandemie noch oben drauf.“
Billigware hat zu einem Preisverfall geführt, den Corona noch beschleunigt hat
Billigketten bieten heute T-Shirts, Pullover und Jeans schon für eine Handvoll Euro an; Mode wird so zur Wegwerfware, ungeeignet für den Weiterverkauf: Zwei, drei Mal getragen – und ab damit in den Altkleidersack.
Corona hat den Preisverfall beschleunigt. „Vor vier bis fünf Jahren gab es noch 400 Euro pro Tonne“, berichtet der Verwerter. Mittlerweile seien es 150 bis 200 Euro. „Man verkauft teilweise unter dem Dienstleistungspreis“, so Gjikolli. Zahlt der Verwerter in Essen drauf?
„Unser Vertragspartner ist uns entgegengekommen“, berichtet der Geschäftsführer, ohne Details zu nennen. Auch die Entsorgungsbetriebe Essen wollen sich auf Nachfrage dazu nicht äußern. Dazu nur soviel: Andernorts hätten Verwerter Sammelcontainer abgezogen, weil sich das Geschäft nicht mehr gelohnt habe. In Essen sei das nicht der Fall.
Die Entsorgungsbetriebe haben großes Interesse daran, dass es bei 400 Containern bleibt
Die EBE hat offensichtlich großes Interesse daran, dass Bürger Altkleider auf dem gewohnten Weg entsorgen können. Bestenfalls landen alte Klamotten sonst im Hausmüll, schlimmstenfalls würden sie
illegal entsorgt am Straßenrand oder in der Botanik
, was es zu vermeiden gilt.
Die EBE müsste dafür Fahrzeuge stellen, Personal und Container. Und sie müsste selbst für die Weiterverwertung sorgen, was aktuell weniger lukrativ zu sein scheint denn je. So werden die vertrauten Container weiterhin von einem privaten Vertragspartner geleert, und das laut Verwerter je nach Standort ein bis drei Mal pro Woche.