Essen. Sie achten auf Mülltrennung, ersetzen defekte Dachpfannen und sorgen für gute Nachbarschaft: die 30 Hausmeister bei Essens größtem Vermieter.

Sie sollen die ersten Ansprechpartner für die Mieter sein und betreuen jeweils zwischen 600 und 800 Wohneinheiten: Da geht es mal darum, ein neues Klingelschild anzubringen oder eine Dachpfanne zu ersetzen – und mal darum, einen heftigen Streit zwischen Nachbarn zu schlichten. Die Hausmeister der Immobilienservice Essen GmbH (ISE) bringen im Idealfall eine handwerkliche Ausbildung, Einfühlungsvermögen und natürliche Autorität mit.

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Die ISE ist eine Tochter der Allbau GmbH und kümmert sich als solche um den Bestand von Essens größtem Vermieter. Denn der Allbau hat in den vergangenen Jahren erhöhten Betreuungsbedarf festgestellt, nicht nur in problematischen Quartieren. Mit einer Handvoll Hausmeistern konnte man das nicht länger bewältigen, und so wurde das Team auf 30 „Kümmerer vor Ort“ aufgestockt, „Sie sorgen für eine intakte Nachbarschaft. Das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe“, sagt ISE-Geschäftsführer Samuel Šerifi.

Wo der Mensch zur Mietpartei wird, ist Streit programmiert

Wo der Mensch zur Mietpartei wird, ist Streit programmiert: vom zu lauten Fernseher über falsch entsorgten Müll bis zu unterschiedlichen Ansprüchen an die Treppenhausreinigung. Einen wie Frank Heinrich, 47 Jahre alt, gelernter Tischler und seit acht Jahren dabei, kann das nicht aus der Ruhe bringen. Er ist in Frohnhausen für die Instandhaltung von 120 Häusern mit 580 Einheiten zuständig: am Magdeburger Knie, an der Wickenburg, der Adelkampstraße, am Breilsort… Typischer Einsatz? „Leuchtmittel austauschen.“ Keine große Sache, aber wenn’s im Treppenhaus dunkel ist, ärgern sich die Mieter.

Manche von ihnen spricht Heinrich übrigens nie: „Die stehen nur hinterm Vorhang und gucken. Andere brauchen mich ständig.“ Rufen an oder bitten ihn beim Leuchtmittelaustausch in die Wohnung. Da geht es dann vielleicht erst um den Papiermüll, der streikbedingt acht Wochen lang nicht geleert wurde, und dann um die Einsamkeit. „Alte Menschen, die ihren Partner verloren haben, wollen sich einfach mal unterhalten. Manchmal ist man da auch Seelsorger.“

Frank Heinrich nennt den vielseitigen Einsatz einen „Sechser im Lotto“; er kann sich in die Nöte der Menschen einfühlen – und entlüftet auch mal eine Heizung, obwohl das nicht zu seinen Aufgaben zählt. Als ein alter Mann, der fast niemandem traut, keinen Handwerker in seine Wohnung lassen mochte, kam Heinrich mit: eine vertrauensbildende Maßnahme. Natürlich könne sich ein Hausmeister nicht stundenlang unterhalten, „aber bei uns darf es menscheln“, versichert Samuel Šerifi. Im besten Fall vermittle der Hausmeister die Senioren, die häufig nicht so internet-affin seien, an die Service- und Pflegeangebote des Allbaus weiter.

Die neue Wohnung hat der Hausmeister vermittelt

So ist der Hausmeister auch Sprachrohr des Unternehmens, informiert über mögliche Neuerungen. „Er kennt praktisch alle Mieter, weil er auch die Wohnungsübergaben macht“, sagt Šerifi. Mitunter vermittelt er auch eine Wohnung: So hat es Melanie Ose (43) erlebt, die seit sechs Jahren in dem Viertel am Magdeburger Knie lebt und dort auch bleiben wollte, „als sich bei uns Nachwuchs ankündigte“. Also habe sie Frank Heinrich gebeten, Bescheid zu sagen, wenn eine größere Wohnung frei werde. Hat geklappt: Heute hat Ose ein zweijähriges Kind und eine große Wohnung, verkehrsgünstig gelegen, mit Spielplatz vor der Tür.

Andernorts gebe es andere Herausforderungen , da muss mal die Sprachmittlerin die Mülltrennung auf Arabisch erklären, mal müssen deutliche Ansagen gemacht werden, um den Hausfrieden zu erhalten. Gefragt ist der Hausmeister aber auch in einem problemarmen Quartier wie dem von Frank Heinrich. Er ermahnt die Kinder, ihren Müll nicht in die Rabatten zu werfen, sorgt dafür, dass voll gerümpelte Gemeinschaftsräume aufgeräumt werden. „Er ruft immer zurück“, sagt Melanie Ose. „Und man begegnet sich auf der Straße, quatscht miteinander. Er stellt die Menschen in den Vordergrund, ist unsere gute Seele.“

Der Streit ums Treppenputzen ist Geschichte

Das Thema Treppenhausreinigung hat sich übrigens weitgehend erledigt: Seit einiger Zeit gibt es einen Reinigungsservice. „Wir haben schnell festgestellt, dass nicht nur Senioren den gern wahrnehmen, sondern auch junge Leute, die keine Lust oder Zeit zum Treppenputzen haben“, sagt Šerifi. 13 Euro kostet das Angebot pro Monat und Mieter, 10.000 von 18.000 Allbau-Wohnungen sind schon dabei. Anfangs mochte nicht jeder die Einwilligung geben, inzwischen stehe in den meisten Mietverträgen ein entsprechender Passus. „Es gibt aber noch Häuser, wo die Mieter selbst putzen“, sagt Šerifi. Warum eingreifen, wenn es reibungslos läuft.