Essen. Im Kampf gegen Corona prüft auch Essen den Einsatz von Soldaten. Der Gesundheitsdezernent war lange skeptisch, was die Qualität der Hilfe angeht.
Die Stadt Essen wird nun möglicherweise doch Bundeswehr-Kräfte zur Unterstützung des Essener Gesundheitsamtes anfordern. Vor rund zwei Wochen hatte Gesundheitsdezernent Peter Renzel noch erklärt, das Amt habe genügend Aushilfen akquiriert und komme deshalb einigermaßen zurecht. Die Kontaktnachverfolgung bei Corona-Fällen sei gewährleistet .
Jetzt kündigte Renzel an: „Aufgrund der sehr unterschiedlichen Erfahrungen der umliegenden Städte werde ich mich noch mal mit den Verantwortlichen der Bundeswehr treffen und mir die Möglichkeiten eines Einsatzes erläutern lassen.“ Das Treffen fand am Sonntag (22. November) im Lagezentrum mit weiteren Vertretern der Stadtspitze in der Messe Essen statt.
Renzel erklärte im Vorfeld, dass ihn die Berichte aus anderen Städten von einem Einsatz der Bundeswehrkräfte hatten absehen lassen: Die Kommunen hätten über eine „hohe Fehlerquote“ geklagt, die dazu führe, „dass die Stammbelegschaft letztlich mehr Arbeit hat und die Unterstützung sich relativiert“. In der vergangenen Woche habe er sich nun intensiv mit dem Gesundheitsamtsleiter einer Ruhrgebietsgroßstadt ausgetauscht, die mit Essen vergleichbar sei. „Anders als andere Kolleginnen und Kollegen ist er zufrieden mit der Leistung der Bundeswehr.“
Befürchtung, die Qualität der Arbeit könne nicht ausreichend sein
Die betreffende Stadt liege bei der Kontaktnachverfolgung im Durchschnitt sechs Tage zurück. Nun arbeiteten dort rund 220 Personen an der Eindämmung der Pandemie, darunter 80 Soldaten. Dass deren Einsatz dort gut funktioniere, ist aus Renzels Sicht auch damit zu erklären, „dass sie alle aus der benachbarten Kaserne kommen und nicht aus verschiedenen Regionen Deutschlands“.
Er könne sich einen Einsatz von Bundeswehrkräften in Essen nur unter der Voraussetzung vorstellen, dass es einen festen Personalstamm gebe und nicht alle zwei Wochen das Personal ausgewechselt werde: „Weil wir damit dann keine ausreichende Qualität erreichen könnten.“ Diese Befürchtung sei übrigens „der alleinige Grund“, warum Essen bisher auf die Unterstützung der Bundeswehr verzichtet habe. Mit einem festen Team von Soldaten könne er möglicherweise die meisten Arbeitsplätze in der Messe an sieben Tagen von 8 bis 20 Uhr besetzen, so Renzels Überlegung.
„Ich hoffe, dass wir positive Erfahrungen machen“
Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen, man befinde sich in der Prüfung, erklärte Renzel nach dem Treffen am Sonntag. „Ich bin aber bereit, den Einsatz der Bundeswehr zu testen, in der Hoffnung, dass wir ähnlich positive Erfahrungen machen wie mein Gesprächspartner in dieser Woche.“ Aktuell habe Essen übrigens 70 Personen weniger eingesetzt als die 600.000-Einwohnerstadt, mit deren Vertreter er gesprochen habe.
Mit der Pandemie-Bekämpfung sind in Essen insgesamt 150 Kräfte befasst, zu denen neben Mitarbeitern des Gesundheitsamtes auch Medizinstudenten gehören. Sie machen zum Beispiel Abstriche oder verfolgen Kontakte der Infizierten nach. Bei der Kontaktverfolgung sei Essen zwischenzeitlich schon mal zwei bis drei Tage im Rückstand. Das liege aber vor allem daran, dass die Stadt von Betroffenen, die von niedergelassenen Ärzten getestet wurden und positiv sind, meist nur die Adressen erhalte. „Wir hoffen, dass sich das bald ändert und wir möglichst eine Mobilnummer bekommen.“ Überdies wolle man schon in der kommenden Woche rund 100 weitere Mitarbeiter aus anderen Fachbereichen der Verwaltung gewinnen, „die wir dann schulen und in die Dienstpläne einpflegen“.
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