Essen. Die Rückverfolgung der Kontakte Infizierter gilt als Schlüssel für die Beherrschung der Pandemie. Dezernent Renzel sagt, Essen schaffe das noch.

Ist das Essener Gesundheitsamt trotz täglich steigender Fallzahlen noch in der Lage, die Rückverfolgung nachzuvollziehen, die Kontakte der Corona-Infizierten zu ermitteln? Gesundheitsdezernent Peter Renzel empfindet die Aufgabe zwar als immer ambitionierter, sieht seine Behörde allerdings noch keineswegs in der Situation, aufgeben zu müssen: „Es kommt darauf an, wie genau die Kontaktlisten sind“, sagt Renzel.

Noch könne das Essener Gesundheitsamt genügend Aushilfen akquirieren und komme deshalb einigermaßen zurecht. Das Reservoir an Medizinstudenten der Universität sei dabei wichtig. Die Stadt versuche derzeit allerdings, den Prozess der Nachverfolgung zu „zerlegen“, damit Mitarbeiter mit medizinischer Vorbildung nicht Arbeiten erledigten müssten, für die kein Spezialwissen erforderlich sei. Damit solle die Effizienz der Arbeit auch langfristig gesichert werden.

Im Oktober in Essen mehr neue Infizierte als seit März insgesamt

Dass die Aufgabe derzeit gewaltig ist, zeigt schon folgende statistische Betrachtung: Laut Renzel wurden in Essen in den letzten sieben Oktober-Tagen rund 21 Prozent aller Fälle seit Beginn der Pandemie registriert, nimmt man den Oktober als Ganzes infizierten sich in diesem Zeitraum 55 Prozent der bislang über 3000 Essener, die seit 1. März als Corona-Kranke identifiziert wurden.

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Wenn der Gesundheitsdezernent von Nachverfolgung spricht, dann sei dabei nicht gemeint, die Infizierung jedes Einzelnen bis zum Ursprung zurückzuführen. „Es geht um die Kontakte der letzten 48 Stunden.“ Diese versuche man zu identifizieren, um dann zu entscheiden, wer auch ohne Symptome und Test in Quarantäne muss und wer nicht. „Wo die Menschen sich genau anstecken, wissen wir nicht, jeder einzelne ist für seine Kontakt selbst verantwortlich.“

Der private Rahmen bleibt der größte Gefahrenherd für Ansteckungen

Es bleibe aber bei der Erkenntnis, dass Infizierungen meist im privaten Rahmen geschehen, schon weil dort die Nähe über längere Zeiträume natürlicherweise besonders häufig vorkommt. Hingegen spielten Schulen und Gastronomien bei den nachgewiesenen Infektionen weiterhin keine relevante Rolle. Aber: „Unstrittig ist, je mehr Kontakte wir haben, desto gefährlicher wird es“, so Renzel.

Obwohl es bei der Zahl der Infizierten ein Nord-Süd-Gefälle gibt, lässt sich laut Renzel nicht belegen, dass bestimmte Milieus besonders für Infizierungen anfällig sind. Wegen der Chiffren Großfamilien oder Groß-Hochzeiten hat mancher vor allem Migranten in Verdacht, Verbreiter des Virus zu sein. „Wenn ich mir die Listen mit den Namen ansehe, kann ich das nicht bestätigen“, betont Renzel.

Es sei für das Gesundheitsamt allerdings generell schwierig, die Menschen zu erreichen, und das habe mitunter auch etwas mit Sprachproblemen zu tun. Für die Stadt bedeute dies viel zusätzliche Arbeit.