Essen. Schüler des Kükelhaus-Berufskollegs planen einen ungewöhnlichen Streik. Das Ziel: Das Infektionsrisiko eindämmen durch Teilung der Klassen.
Schüler des Hugo-Kükelhaus-Berufskollegs (Essener Südviertel) wollen im Laufe dieser Woche wegen Corona in einen so genannten „Hybrid-Streik“ treten . Das kündigt Luisa Maria Cagnazzo (22) an, die Sprecherin der Schülervertretung. Das Kükelhaus-Berufskolleg liegt an der Gärtnerstraße im Schatten der Evonik-Hochhäuser und hat derzeit 735 Schüler.
Die Schüler fordern eine Teilung der Klassen und einen wochenweisen Wechsel von Distanz- und Präsenzunterricht . Außerdem sollen mehr Busse und Bahnen eingesetzt werden, damit es morgens und mittags weniger drangvolle Enge in den Fahrzeugen gibt. „Wir haben Angst, Oma und Opa anzustecken, wir haben Angst, uns selbst anzustecken“, heißt es in einem Streik-Aufruf, der am Wochenende über soziale Netzwerke veröffentlicht wurde.
Essener Schüler: „Prinzip Verantwortung greift nicht in der Schule“
Während es im öffentlichen Raum starke Beschränkungen gebe, säßen Schüler und Lehrer täglich Stunden eng zusammen – ohne ausreichende Lüftung und ohne die Möglichkeit, ausreichend Abstand zu halten. „Das Prinzip Verantwortung greift im öffentlichen Raum, warum nicht in der Schule?“, fragen die Schüler.
Während des Streiks, der zeitlich unbefristet erfolgen soll, sollen die Klassen geteilt werden – eine Hälfte bleibt zu Hause und lernt mit Aufgaben, die auf der Lernplattform „Moodle“ eingestellt werden, mit der die Schule ohnehin arbeitet. Die andere Hälfte geht regulär in die Klassen. Jede Woche wird gewechselt. „Es ist nicht so“, betont Luisa Maria Cagnazzo, „dass wir nichts tun wollen. Wir wollen einfach die Situation der vollen Klassen beenden.“ Ausdrücklich ruft die Schülervertretung des Kükelhaus-Berufskollegs auch andere Schulen dazu auf, ähnliche Aktionen zu starten. Nach Angaben der Schülersprecherin erfahre die Aktion – die erst beginnt, wenn alles mit sämtlichen Klassen- und Fachlehrern abgestimmt ist – „gute Resonanz“.
Schulleiterin weist auf „unentschuldigtes Fehlen“ hin
Schulleiterin Reinhild Vogt hält die Maßnahme für eine „interessante politische Aktion“ , wobei sie darauf hinweist, dass es durchaus Schüler gebe, die derzeit gerne in den Unterricht kommen und nicht zu Hause lernen wollen. Sie weist außerdem darauf hin, dass die Abwesenheit im Unterricht formal als „unentschuldigtes Fehlen“ Einträge ins Zeugnis nach sich ziehen könnte. Andererseits hat Reinhild Vogt festgestellt, dass eine gewisse Anzahl von Schülern seit dem ersten Lockdown, der mit monatelangen Schulschließungen einherging, bei manchen jungen Erwachsenen Spuren hinterlassen habe: „Die sind jetzt abgehängt und haben Schwierigkeiten, den Anschluss zu halten.“
„Auf Bildung zu verzichten, ist keine Option“
Am Kükelhaus-Kolleg hat es bislang zwei Corona-Fälle innerhalb der Schülerschaft gegeben, die längst ausgestanden sind – das ist weit weniger als an manchen anderen großen Schulen. Derzeit, so berichtet die Schülersprecherin, würden die Klassen einzeln mit ihren Lehrern die Möglichkeiten ausloten, wie ein wochenweiser Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht aussehen könnte.
Wegen der Corona-Pandemie hätten die Schüler „Angst, Menschen zu verlieren, die uns viel bedeuten“, heißt es im Streikaufruf. „Aber auf Bildung zu verzichten, ist auch keine Option.“
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