Essen. In den Schulbussen herrscht morgens drangvolle Enge. Besorgte Eltern wenden sich an den Oberbürgermeister. Schulen fordern mehr Busse.
Eltern aus Essen befürchten, dass sich das Corona-Virus in den Schulbussen der Ruhrbahn ungehindert ausbreiten könnte. Die Einsatz-Fahrzeuge der Ruhrbahn, die morgens direkt die Schulen ansteuern, seien täglich viel zu voll. Kinder und Jugendliche stünden morgens dicht gedrängt – da seien die vorgeschriebenen Masken wenig hilfreich. Eltern aus dem Stadtteil Byfang haben bereits den Oberbürgermeister angeschrieben. Die Ruhrbahn solle mehr Fahrzeuge einsetzen.
„Die Situation ist absurd und unerträglich“, sagt Vater Andreas Bünker, dessen Tochter morgens aus Byfang mit dem Einsatzwagen E37 zum Gymnasium Essen-Werden fährt. „Wie sollen wir unsere Kinder dazu motivieren, Abstand zu halten, aber im Schulbus scheint das Corona-Virus freie Bahn zu haben?“ Bei einem Abstand von zehn Zentimetern helfe auch keine Maske mehr. „So“, folgert Andreas Bünker, „werden wir der zweiten Welle nichts entgegenzusetzen haben.“
Die Ruhrbahn hatte erst in dieser Woche ihre neue Werbekampagne vorgestellt, in der sie mit der Sauberkeit in ihren Fahrzeugen wirbt. Seit Corona sind die Fahrgastzahlen um etwa die Hälfte zurückgegangen.
„Alle befürchten den nächsten Lock-Down“
Auch Mutter Marion Murek aus Heisingen, deren Tochter morgen den E 48 zum Gymnasium Werden nimmt, hat dieselben Befürchtungen: „In den Schulen gibt es ein großes Infektionsrisiko, und alle befürchten den nächsten Lockdown. Wie kann man dann ein solches Risiko eingehen, Kinder und Jugendliche täglich dicht gedrängt zusammenstehen zu lassen?“ Nur in den ersten Tagen, heißt es, sei der E48 morgens mit zwei Fahrzeugen angekommen. Obwohl man der Ruhrbahn schließlich wisse, wie stark besetzt der Bus jeden Morgen sei. Im vergangenen Jahr hatte es heftig geführte Diskussionen gegeben, weil die Ruhrbahn vorhatte, den E 48 aus dem Programm zu nehmen. „Da hat die Ruhrbahn schließlich die Fahrgäste gezählt und den Bus am Ende im Fahrplan gelassen. Sie weiß also genau“, folgert Marion Murek, „dass der Bus jeden Morgen voll ist.“
Ihre Tochter könnte natürlich den normalen Linienverkehr zur Schule nutzen - doch das sei umständlich, „und ob die S-Bahn ab Stadtwald nach Werden leerer ist, bezweifle ich.“
Ruhrbahn ruft zusätzliche Busse derzeit noch nicht ab
Zum Schulstart Mitte August hatte das Land NRW angekündigt, den Kommunen rund 1.000 Busse zusätzlich für den Schülerverkehr zur Verfügung zu stellen, um die Situation zu entschärfen. „Das Förderprogramm wird aber kaum abgerufen, bei den Kommunen ist die Information offenbar noch nicht angekommen“, sagt Christian Gladasch, Geschäftsführer des Verbandes Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen. Rund 80 Prozent der Fahrzeuge seien bislang nicht angefragt worden.
Die Ruhrbahn berichtet, dass man an den ersten Schultagen auf einigen Linien zwei statt einem Fahrzeug eingesetzt habe. Es habe sich aber gezeigt, dass der zweite Bus häufig leer geblieben sei. Derzeit sei man mit den regulären Kapazitäten unterwegs und zähle die Fahrgäste, um zu entscheiden, ob man nochmal aufstocke, berichtet Ruhrbahn-Sprecherin Simone Klose.
Seit dem ersten Schultag kann man wieder vorne einsteigen
Die Ruhrbahn hatte im Frühjahr die Vordereingänge ihrer Busse und den Zutritt zu Fahrerkabinen für Passagiere gesperrt. Ein- und aussteigen konnte man nur hinten. Damit schützte die Ruhrbahn ihr Personal vor einer möglichen Ansteckung.
Seit 12. August, dem ersten Tag des neuen Schuljahres, ist ein Einstieg vorne an den Fahrzeugen wieder möglich. Mit mehreren technischen Maßnahmen - wie einem verstärkten Schutz der Fahrerkabinen - will die Ruhrbahn so weiter verhindern, dass sich die Fahrer bei Fahrgästen anstecken.
Am NRW-Förderprogramm für zusätzliche Schulbusse hat sich die Ruhrbahn nach Angaben der Sprecherin noch nicht beteiligt. „Wir wären gehalten, Sub-Unternehmer aus dem Umland zu beauftragen, und von denen wissen wir, dass es kaum Kapazitäten gibt“, berichtet Simone Klose. Die landläufige Vorstellung, dass man heute einen Schulbus beauftragt und der morgen vor der Tür stehe, sei irreführend.
Unterdessen haben viele Essener Schulen bereits beim Schulamt angefragt, ob nicht mehr Busse eingesetzt werden könnten. Die Abstimmungen mit der Ruhrbahn, heißt es, würden derzeit laufen.