Essener Süden. Neuer Bezirksbürgermeister Hans-Peter Huch (CDU) findet breite Unterstützung in der Bezirksvertretung II. Ex-AfD-Mann begründet Parteiaustritt.
Einstimmig hat die Bezirksvertretung II Hans-Peter Huch (71) zum Bezirksbürgermeister gewählt. Feste Koalitionen wird es in dem Gremium nicht geben. Überraschung am Rande der konstituierenden Sitzung: Tim Heyder, für die AfD in die Bezirksvertretung gewählt, ist bereits aus der Partei ausgetreten. Hier erläutert er die Gründe.
Hans-Peter Huch kann auf 21 Jahre Ratserfahrung zurückblicken, wo er unter anderem Vorsitzender des Umweltausschusses war. Dass es bei der Wahl zum Bezirksbürgermeister für Rüttenscheid, Rellinghausen, Stadtwald und Bergerhausen so harmonisch zugegangen sei, sei ein Signal für die Zukunft. „Ich freue mich über die gegenseitige Wertschätzung in der BV. Unabhängig von unterschiedlichen Meinungen zu bestimmten Themen achtet man sich gegenseitig“, betont Huch. Er wolle die Linie seines Vorgängers Gerhard Barnscheidt (SPD) fortsetzen, der ein Mann des Ausgleichs sei und einen Weg gefunden habe, politische Themen ohne Streit anzugehen.
Die Vertreterin der Grünen hatte für das Stellvertreter-Amt kandidiert
Irmgard Krusenbaum von den Grünen, die sich eigentlich ebenfalls für das Amt der Bezirksbürgermeisterin hatte bewerben wollen, war letztendlich bereit gewesen, als Stellvertreterin zu kandidieren.
Huch will sich dafür einsetzen, dass stadtteilbezogene Themen, über die aber der Rat entscheidet, vor der Abstimmung der Bezirksvertretung zur Kenntnis vorgelegt werden. „Die Bezirksvertreter sind ja an vielen Dingen viel näher dran und sollten frühzeitig gehört werden“, findet er. In näherer Zukunft stünden wichtige Themen wie die Bebauung des Messeparkplatzes P2 oder die Diskussion über die Rüttenscheider Straße als Fahrradstraße an.
Bezirksbürgermeister will Dialog mit den Bürgern verstärken
Dass die Sitzungen des Vorortparlaments aktuell coronabedingt im Rathaus stattfänden, sei eine gute Lösung. „Aber auf Dauer möchten wir wieder näher bei den Bürgern tagen und müssen uns Gedanken über geeignete Räume machen“, so Huch.
Er wolle den Dialog mit den Bürgern verstärken, auf dem Markt oder auf Veranstaltungen für die Menschen im Bezirk ansprechbar sein und mindestens zweimal im Monat eine Bürgersprechstunde in der Bezirksverwaltungsstelle anbieten. Wenn es die Corona-Pandemie wieder zulasse, stünden auch Ehrungen bei Alters- und Ehejubiläen auf seinem Programm.
Stellvertreterin freut sich auf eine themenorientierte Zusammenarbeit
„Es ist sehr erfreulich, dass Hans-Peter Huch direkt angeboten hat, mit der zweiten stellvertretenden Bezirksbürgermeisterin Barbara Hofmann von der SPD und mir im Team zu arbeiten“, erklärt Irmgard Krusenbaum, erste stellvertretende Bezirksbürgermeisterin von den Grünen . Sie hatte zwar nach der Wahl im September ihren Hut für das höchste Amt im Stadtteilparlament in den Ring geworfen , aber: „Nein, enttäuscht bin ich nicht, wir hatten ja eine gemeinsame Liste aufgestellt und ich wusste, was mich erwartet“, sagt sie rückblickend. Sie hoffe auf eine parteiübergreifende, gute Zusammenarbeit, die sich an Sachthemen orientiere.
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„Natürlich soll sich niemand verbiegen. Aber in der BV sollte die Arbeit nicht ideologisch geprägt, sondern lösungsorientiert sein“, sagt Irmgard Krusenbaum. Eine angenehme Gesprächsatmosphäre sei da durchaus hilfreich. Dass am Ende alle 19 Bezirksvertreter für die gemeinsame Liste von CDU, Grünen, SPD und EBB-FDP gestimmt hätten, sei eine – positive – Überraschung gewesen.
AfD-Mann will als Parteiloser weiter im Gremium bleiben
Engagement für den Heissiwald und den Oldie Club 45
Hans-Peter Huch wurde in Niedersachsen geboren, kam aber schon als Kind mit seinen Eltern ins Ruhrgebiet. Über Mülheim und Gelsenkirchen kam die Familie 1960 nach Essen, seit 50 Jahren lebt Huch inzwischen in Rüttenscheid . Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und zwei Enkel.
Bis zur Pensionierung war Huch für die Sparkasse tätig. Er ist Vorsitzender des Fördervereins Wildgatter Heissiwald , sitzt im Kuratorium des Gartenbauzentrums und im Vorstand der Mustergartenanlage Grugapark.
Ende der 1960er Jahre war er in seiner Freizeit als DJ aktiv. Die Liebe zur Rock- und Pop-Musik blieb, seit einem guten halben Jahr ist monatlich der Oldie Club 45 bei Radio Essen zu hören, den Huch gemeinsam mit seinem Freund Peter Kettwig produziert.
Für eine Überraschung sorgte der für die AfD in die Bezirksvertretung gewählte Tim Heyder. Der Geschäftsführer eines Rüttenscheider Autohauses ist nach eigenen Angaben aus der AfD ausgetreten, bleibt aber als Parteiloser im Gremium und will dort nach Sachlage entscheiden. „Die AfD ist für mich keine demokratische Alternative mehr“, begründet er seinen Schritt. Er sei 2015 aus der CDU ausgetreten, weil er mit deren Flüchtlingspolitik nicht einverstanden gewesen sei. In der AfD habe er anfangs eine Alternative für sich gesehen.
Inzwischen sei die AfD für ihn aber eine Art Anti-Partei, die alles blockieren wolle. „Mit dieser Haltung bringt man nichts voran. Ich will ja zum Beispiel für Rüttenscheid etwas bewegen“, so Heyder. Zudem sei er vom Demokratieverständnis einiger AfD-Bundesvorstandsmitglieder „unangenehm berührt“.
Auch die Blockadehaltung der Partei in Sachen Corona könne er schwer nachvollziehen. „Die Regierung hat da viel richtig gemacht. Wir brauchen ein Infektionsschutzgesetz, auch im Hinblick auf noch schlimmere Krankheiten wie Ebola“, so Heyder. Der entscheidende Punkt für seinen AfD-Austritt seien letztlich die Sympathiebekundungen für US-Präsident Donald Trump gewesen, dessen Demokratieverständnis nicht tragbar sei. Dass er Hans-Peter Huch als Bezirksbürgermeister mitgewählt habe, sei für ihn folgerichtig. „Wenn sich jemand bereit erklärt, das Amt zu übernehmen, hat er meine volle Unterstützung.“