Essen. Starkoch Nelson Müller will, dass seine Versicherung für Ausfälle durch den Corona-Lockdown zahlt. Vorm Landgericht Essen hatte er keinen Erfolg.

Sternekoch Nelson Müller hatte am Mittwoch (11. November) vor dem Landgericht Essen keinen Erfolg im Streit mit seiner Versicherung: Müller hatte wegen der coronabedingten Schließung seiner Rüttenscheider Restaurants „Müllers“ und „Schote“ im März und April von der „Helvetia“ eine Zahlung von 360.000 Euro erwartet. Doch die Versicherung lehnte dies ab: Ausfälle wegen des Coronavirus’ seien nicht abgedeckt. Richter Christian Becker folgte am Mittwoch weitgehend der Argumentation der Helvetia.

„Wenn man eine Betriebsausfallversicherung abschließt, geht man davon aus, dass sie zahlt, wenn der Betrieb schließt“, erklärte dagegen Nelson Müller, der 30 Mitarbeiter beschäftigt. „Es bleibt schon ein schales Gefühl, wenn das nicht passiert.“ Müllers Anwalt Gerold Stoll, will nun die Ablehnung der Klage, die ihm in den kommenden Tagen schriftlich zugehen sollte, abwarten. Er behält sich weitere Rechtsmittel vor.

In der Police ist Corona nicht aufgelistet – das Virus war ja nicht bekannt

Im Falle eines Betriebsschlusses hätten Müller pro Tag 6000 Euro zugestanden, maximal für 60 Tage im Jahr – summa summarum also 360.000 Euro. Das Geld hätte laut Müllers Police gezahlt werden müssen, wenn seine Restaurants wegen einer Krankheit geschlossen werden, die im Infektionsschutzgesetz erfasst ist. Naturgemäß war Sars-CoV-2 bei Abschluss der Versicherung noch nicht in dem Gesetz aufgelistet – das Coronavirus war ja nicht bekannt.

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Rechtsanwalt Stoll argumentiert nun, dass das Infektionsschutzgesetz seit dem Frühjahr 2020 auf dem Verordnungsweg um Sars-CoV-2 erweitert worden sei. Mit dieser Erweiterung des Gesetzes sei das Coronavirus gleichsam „wie ein Trojaner“ auch in die Liste der von der Versicherung erfassten Krankheiten und Krankheitserreger gelangt. Eine solche „dynamische Verweisung“ bestritt dagegen Richter Christian Becker. Nach Auffassung des Gerichts sei die Versicherungsklausel in ihrer ursprünglichen Form wirksam.

Die Versicherung stellt in Aussicht, 15 Prozent zu zahlen

Die Versicherung stellte bei dem Gütetermin am Landgericht eine Zahlung von 15 Prozent der Summe in Aussicht. Ein Angebot, das Müller bereits im Frühjahr ausgeschlagen hatte. Ob er sich jetzt darauf einlässt oder vor das Oberlandesgericht zieht, bleibt abzuwarten. Der Starkoch, der regelmäßig im Fernsehen auftritt, betonte, er sei glücklicherweise unternehmerisch breit aufgestellt: „Wir kommen durch die Krise.“

Andererseits fragt sich Müller, wieso er eine teure Versicherung bezahle, die ihm im Bedarfsfall nicht helfe. Für andere Gastronomen könne das den Ruin bedeuten. Müllers Anwalt Gerold Stoll ergänzt, „dass die Versicherung ihre Bedingungen so klar formulieren müsse, „dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer sie auch versteht“. Das sei hier nicht der Fall. Darauf hatte übrigens auch das Landgericht München Ende Oktober in einem ähnlich gelagerten Fall abgehoben. Die bayerischen Richter sprachen einem Gastronomen aus Oberföhring 427.000 Euro zu.

Für viele Gastronomen geht es um die Existenz

Die Vertreterin der Helvetia von der Kanzlei Bach, Langheid, Dallmayr verwies dagegen auf andere Fälle, in denen die Restaurantbetreiber vor Gericht gescheitert seien: Die Versicherung sehe daher „keine Veranlassung, das Angebot zu erhöhen“.

Zustimmen dürften beide Seiten wohl zumindest der Feststellung von Richter Becker: „Diese Frage wird nicht abschließend vom Landgericht Essen entschieden.“ Am Ende entscheiden höhere Instanzen: Schließlich geht es für viele Gastronomen um die Existenz – und für die Versicherer um Millionensummen.