Essen. Damit Bewohner gut geschützt, aber nicht isoliert sind, setzen Essens Seniorenheime nun auf Schnelltests. Für das Personal heißt das Mehraufwand.
Die Besuchsverbote während der ersten Corona-Welle waren für die Bewohner von Seniorenheimen und ihre Angehörigen äußerst belastend. Nach dem Willen des Bundesgesundheitsministeriums sollen Antigen-Schnelltests jetzt für eine erhöhte Sicherheit in den Heimen sorgen und gleichzeitig eine erneute Isolation der alten Menschen verhindern. Bis Montag (9. November) mussten die 77 Essener Heime mit insgesamt 7200 Bewohnern dazu Test-Konzepte beim Gesundheitsamt vorlegen.
Ein Großteil der Träger habe die Aufgabe pünktlich erledigt, teilt die Stadt mit. „Die Qualität der Konzepte war gut.“ Und während Träger andernorts nach Unterstützung durch THW oder Bundeswehr rufen, habe es solche Hilferufe in Essen nicht gegeben. Dabei müssen die Einrichtungen die Tests selbst beschaffen und durchführen.
„Wir sind für die zweite Welle gewappnet“, heißt es etwa bei der Contilia, die in Essen sieben Seniorenstifte mit insgesamt 669 Bewohnern betreibt. Zwar gebe es nie eine hundertprozentige Sicherheit, doch man habe im Laufe der Pandemie wertvolle Erfahrungen gesammelt, die nun Bewohnern und Angehörigen zugute kämen. So sei keine Einschränkung der Besuchszeiten geplant. Katja Grün von der Contilia Pflege und Betreuung versichert außerdem: „Die Beschaffung der Tests verläuft problemlos und es ist ausreichend Pflegepersonal vorhanden, um die Testungen durchzuführen“.
In einigen Heimen sind noch keine Tests vorhanden
„Wir haben noch keine Tests“, sagt dagegen der Geschäftsführer der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen (GSE), Heribert Piel, am Montag. Dem großen städtischen Träger, der in Essen sieben Heime mit rund 730 Bewohnern betreibt, wurde offenbar eine Charge vor der Nase weggekauft, nun setze man auf andere Quellen.
Grund zu ernster Besorgnis sieht Piel schon deswegen nicht, weil man auch künftig die eher zurückhaltendere Test-Strategie der Stadt beherzigen wolle: „Wir werden jetzt nicht grundlos Menschen ohne Symptome testen.“ Die Schnelltests sollten zwar großzügig, aber stets „anlassbezogen“ eingesetzt werden, heißt die Formel der Stadt.
Besuch muss in einigen Seniorenheimen angemeldet werden
Nur vereinzelt hätten Angehörige einen Test eingefordert, berichtet Piel. Für mehr Diskussionen sorge, dass sich Besucher anmelden müssen und die Zahl der Besuche beschränkt ist. Verzichten könne man auf solche Reglementierungen nicht: „Wir wollen, dass die Bewohner Kontakte haben – wir wollen aber auch, dass sie überleben.“ Bisher greife die Strategie der GSE: In ihren Heimen habe es seit September nur drei Corona-Fälle gegeben.
Verordnung: Monatlich bis zu 20 Tests pro Bewohner
Pflegeheime und Krankenhäuser sollen sogenannte Antigen-Schnelltests großzügig nutzen, „um Personal, Besucher sowie Patienten und Bewohner regelmäßig auf das Corona-Virus zu testen“. So sieht es die Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums vor, die am 15. Oktober in Kraft getreten ist. Das soll helfen, alte und pflegebedürftige Menschen zu schützen, ohne sie zu isolieren.
Die Pflegeheime müssen dem Gesundheitsamt ein Test-Konzept vorlegen und parallel die Tests beantragen. Das Amt legt dann fest, wie viele Antigen-Tests für die Einrichtung von der Pflege- oder Krankenversicherung finanziert werden. Stationäre Pflegeeinrichtungen können bis zu 20 Tests pro Monat pro Bewohner beschaffen.
Betroffen sind von der Regelung auch die ambulanten Pflegedienste, insgesamt gibt es in Essen im Moment 23.000 pflegebedürftige Menschen.
Als „schwierige Sache“ bezeichnet Piel, dass die Pflegekräfte, die seit März mit strikteren Hygiene- und Besuchsregeln befasst sind, nun auch noch die Tests ausführen sollen. Lernen sollen sie das jetzt über ein Schulungsvideo, das das Gesundheitsamt kurzfristig zur Verfügung stellen will.
Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) warten die Mitarbeiter dagegen noch auf die Einweisung durch einen Arzt. Testen könnten sie bisher ohnehin nicht: „Die bestellten Tests sind noch nicht vor Ort“, sagt DRK-Pressereferentin Nicole Pfeifer. Das Testkonzept befinde sich aber in der Abstimmung mit den Behörden, und die beiden Seniorenzentren in Rüttenscheid und Freisenbruch sowie das Pflegezentrum Solferino in Horst mit zusammen mehr als 400 Bewohnern seien gut auf die Schnelltests vorbereitet.
Keine neuen Ausbrüche – nur Einzelfälle
Die Bewohner der DRK-Heime könnten weiter besucht werden, sagt Nicole Pfeifer. Allerdings müssten sich Besucher vorher anmelden und natürlich einen Mund-Nasen-Schutz tragen. „Im Eingangsbereich wird dann die Temperatur der Ankommenden gemessen, die Kontaktdaten werden aufgenommen und etwaige Symptome abgefragt.“
Der Mehraufwand der Einrichtungen zahlt sich offenbar aus: Wie die Stadt mitteilt, gebe es aktuell zwar Corona-Fälle in Seniorenheimen, aber „keine Ausbrüche“ – denn inzwischen würden dort alle wichtigen Maßnahmen von Sicherheitsschleusen bis Schutzkleidung umgesetzt. Am Montag habe man sich auf weitere Standards verständigt: Dazu gehört, dass es nun täglich ein Monitoring bei den Bewohnern und Mitarbeitern geben solle.
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