Essen. Gleich drei Modegeschäfte werden die Theaterpassage verlassen. Zum Teil sind sie einer Kündigung wohl zuvorgekommen. Die Immobilie wird verkauft.
Die Theaterpassage zwischen Hirschlandplatz und Rathenaustraße bietet ein trostloses Bild. Mit der Pleite der Systemgastronomie Vapiano steht nun seit Monaten ein großes Lokal leer. Der ehemalige Laden eines Maßschneiders und das benachbarte Schuhgeschäft sind schon länger verwaist.
Bald wird der Leerstand noch dramatisch zunehmen. Gleich drei hochwertige Modegeschäfte werden in den kommenden Wochen und Monaten der Passage den Rücken kehren: der Herrenausstatter Klasmeyer, Marc Cain und die Boutique von Kirsten Rabe. Erste Schilder in den Schaufenstern verkünden bereits den Räumungsverkauf.
Herrenausstatter Klasmeyer geht nach Rüttenscheid
„Für mich ist am 31. Januar 2021 in der Theaterpassage Schluss. Ich habe den Mietvertrag gekündigt“, sagt Adrian Adolphs, Inhaber von Klasmeyer. Das Traditionsgeschäft wird nach 36 Jahren seine Zelte in der Theaterpassage abbrechen und Anfang März in Rüttenscheid neu eröffnen.
„In der Innenstadt ist es schwierig geworden, wir haben fast nur noch Stammkunden, die zu uns kommen“, betont Adrian Adolphs. Die Frequenzen hätten merklich nachgelassen und auch der Leerstand in der Passage mache das Geschäft nicht leichter. „Man hat nur eine Chance, wenn etwas ringsum ist“, beklagt der Ladeninhaber die wachsende Tristesse innerhalb des Hauses.
Mit seiner Kündigung ist Adrian Adolphs der Stadt Essen als Vermieter offenbar zuvorgekommen. Denn die Stadt will ihren Teil der Passage verkaufen und sie bis dahin möglichst leerziehen. Der Stadt und der Sparkasse gehört die Immobilie in etwa zu gleichen Teilen, das bezieht sich auch auf die Flächen.
Boutiquebesitzerin Kirsten Rabe hat die Kündigung für ihren Laden schon seit März auf dem Tisch – etwa ein halbes Jahr, bevor die Verlängerung ihres Mietvertrages anstand. „Ich wäre gern geblieben, ich wollte hier nicht weg“, betont die Geschäftsfrau. Da aber weitere Geschäfte neben ihr jetzt auch ausziehen, ist der Schritt für sie nun konsequent.
Kirsten Rabe: Ein alternativer Standort in der Essener Innenstadt kam nicht in Frage
Kirsten Rabe wird sich ab Januar auf ihren Laden in Rüttenscheid konzentrieren. Den hatte sie erst Anfang 2020 eröffnet. „Zum Glück“, wie sie nun sagt, „sonst wäre die Kündigung in der Theaterpassage für mich eine Katastrophe“. Sich in der Innenstadt einen neuen Standort zu suchen, sei für sie nicht in Frage gekommen. „Dort verändert sich einfach zu viel“, sagt sie.
Das dritte Modegeschäft, Marc Cain, geht wie Klasmeyer aus eigener Initiative. „Gemeinsam mit unserem Franchise-Partner Michael Meyer haben wir beschlossen, dass wir den Marc-Cain-Store in Essen aus strategischen Gründen zum 26. November 2020 schließen werden“, teilt Dirk Büscher, Director Sales & Retail, mit.
Einst hob sich die Theaterpassage von der zunehmenden Filialisierung und der Ansammlung von Billigketten ab und bot Marken, die man in Essen sonst nirgends fand. Doch seit einigen Jahren tut sich die Passage schwer. Die Lage abseits der Haupteinkaufsrouten macht es für Händler schwierig. Hinzu kommen die kleinen Ladeneinheiten im Inneren, die für Geschäfte wenig attraktiv sind.
Wachsender Leerstand in der Theaterpassage setzte Stadt unter Zugzwang
Mit dem wachsenden Leerstand nahm zuletzt der Handlungsdruck auf die Stadt als Vermieter zu. Im August gab der Stadtrat schließlich grünes Licht, dass die Stadt ihren Teil der Passage veräußern darf. Doch ein Verkauf würde wenig Sinn ergeben und wohl kaum Erfolg haben, wenn nicht auch die Sparkasse dazu bereit wäre. Offiziell spricht die Sparkasse davon, dass dies noch offen sei. Doch wie aus politischen Kreisen zu erfahren ist, hat die Sparkasse längst ihre Verkaufsabsichten gegenüber der Stadt bekundet.
Und das womöglich sogar vor der städtischen Entscheidung, wenn Bau- und Planungsdezernent Martin Harter nun davon spricht, dass die Stadt vor der Wahl stand: entweder den Teil der Sparkasse zu kaufen oder sich einer Veräußerung anzuschließen. „Wir haben uns mit der Verkaufsentscheidung schwergetan. Ein innerstädtisches Grundstück gibt man schließlich nicht so leicht aus der Hand.“
Gebäude stark sanierungsbedürftig
Doch die komplette Übernahme wäre für die Stadt ein finanzieller Kraftakt geworden. Denn das denkmalgeschützte Objekt ist stark sanierungsbedürftig. Unter anderem muss in den Brandschutz investiert werden. Auch Mieter beklagen den hohen Investitionsstau, berichten von häufigen Wasserschäden: „Hier hat sich doch seit Jahren nichts getan“, sagt einer.
Die Stadt setzt deshalb nun auf einen Investor, der die 1930 erbaute Immobilie wieder auf Vordermann bringt. „Ein privater Eigentümer kann anders als wir als Stadt von der Denkmalsanierung steuerlich profitieren“, macht Harter klar.
Die Stadt will dem neuen Besitzer möglichst eine leere Immobilie übergeben, so dass dieser mit der Sanierung schnell beginnen kann. Deshalb lasse man auslaufende Mietverträge nicht verlängern, bestätigt Harter. Die städtischen Ämter in den Obergeschossen haben bereits ihre Büros geräumt. Die Spielstätten Casa Nova und Casa Box werden spätestens bis Ende 2023 ausziehen. Wie es die Sparkasse mit ihren Mietverhältnissen hält, dazu wollte sie sich nicht äußern.
Stadt kann sich Mix aus Handel, Büro und Wohnen vorstellen
Noch ist die Passage nicht verkauft. Die Stadt will einen Makler mit der Suche nach einem Käufer beauftragen. Für die Stadt wäre in der Passage künftig weiterhin ein Mix aus Handel, Dienstleistungen und Gastronomie im Erdgeschoss wünschenswert und in den Obergeschossen Büros und Wohnungen.
Sie will dem künftigen Eigentümer zudem eine Lösung für den schwierig zu vermietenden unteren Bereich der Passage anbieten. Dort soll ein Fahrrad-Parkhaus entstehen, die Stadt würde die Fläche dafür anmieten.
Geschichte der Passage
Georg Metzendorf entwarf 1929/1930 das Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit für die Hauptstelle der Sparkasse. Bis 1985 wurde es unter anderem auch vom Verein des Hauses der Technik, vom Möbelhaus Kramm und vom Kaufhaus Eintracht genutzt.
Das Haus, südlich des Grillo-Theaters gelegen, wurde 1985 zur Theater-Passage mit gehobenem Einzelhandel umgebaut. Eine weitere Modernisierung fand 2005 statt. Nur die Fassade steht unter Denkmalschutz.
In den vergangenen Jahren zog vermehrt Gastronomie ein. Leerstand herrschte vor allem innerhalb der Passage. Doch mit dem Weggang des Schneiders Dolzer, des Schuhladens Yves und mit der Pleite von Vapiano stehen nun auch im Außenbereich gleich mehrere Läden leer.
Bevor sich die Stadt für einen Investor – falls es denn mehrere Interessenten gibt – entscheidet, wird dieser ihr sein Konzept vorstellen müssen. Harter kündigt bereits an, dass der Preis allein nicht ausschlaggebend dafür sein werde, wer den Zuschlag erhält.