Essen. In Essen haben SPD und CDU den Weg für die erste Umweltspur der Stadt freigemacht. Ausgerechnet die fahrradfreundlichen Grünen stimmten dagegen.

Mit den Stimmen von SPD und CDU hat der Bau- und Verkehrsausschuss des Stadtrates am Donnerstag Essens erste Umweltspur auf den Weg gebracht. Ausgerechnet die Grünen, die sonst für sich in Anspruch nehmen vorneweg zu radeln, wenn es um den Radverkehr geht, stimmten dagegen.

Die Überraschung war groß unter den Zuhörern im Sitzungssaal „Sunderland“ des Rathauses. Hatte die Politik doch mehr als ein Jahr in diversen Sitzungen und Arbeitskreisen um eine Umweltspur für Radfahrer und Ruhrbahn-Busse gerungen. Nun, da der Planungsbeschluss anstand, traten ausgerechnet die Grünen auf die Bremse. Deren verkehrspolitischer Sprecher, Ernst Potthoff, kommentierte den Vorschlag der Verwaltung, der zur Abstimmung stand, so: „Der Berg kreißte und gebar eine Maus.“

Ursprünglich war angedacht, eine Umweltspur um die komplette Innenstadt zu führen

Aus Sicht der Grünen war die Verwaltung Stück für Stück von ihrem ursprünglichen Ziel, den Radverkehr und Ruhrbahn-Busse zu beschleunigen, abgerückt – zugunsten des Autoverkehrs. Es sei allein darum gegangen, ein Dieselfahrverbot so eben noch zu umgehen, ohne dabei zu sehr in den Straßenverkehr eingreifen zu müssen. Dies im Wissen, dass politisch mehr nicht durchsetzbar wäre, mutmaßte Potthoff. Umweltdezernentin Simone Raskob wies dies für die Verwaltung zurück.

Tatsächlich war ursprünglich angedacht, Radfahrer und Busse auf einer eigenen Fahrspur rund um die Innenstadt zu führen. Übrig geblieben ist ein Fragment: Die Umweltspur soll nun aus Richtung Süden als gesicherte Fahrradspur durch den Tunnel unter den DB-Gleisen am Hauptbahnhof beginnen. Von dort geht es weiter über die Bernestraße vorbei an der Alten Synagoge über Schützenbahn bis zum Viehofer Platz führt. Die Umweltspur endet schließlich im Universitätsviertel.

Auf eine Pförtnerampel am Ausgang des Tunnels auf der Schützenbahn wird verzichtet

„Wir hätten uns mehr gewünscht“, sagte Ernst Potthoff für seine Fraktion. So kritisieren die Grünen, dass die Umweltspur in Höhe der Alfredistraße unterbrochen wird. Auch halten sie daran fest, am nördlichen Ende des Rathaustunnels auf der Schützenbahn eine Pförtnerampel zu installieren, damit Fahrradfahrer bereits dort Vorrang erhalten.

Der Planungsbeschluss rückt davon ab: Es sei sicherer für Radfahrer, wenn sie erst ab der Gerlingstraße in Fahrbahnmitte in Richtung Viehofer Platz gelenkt werden, betonte Rainer Wienke vom Amt für Straßen und Verkehr. Aus dem gleichen Grund soll die Umweltspur am Viehofer Platz in Fahrtrichtung Süden statt 4,50 Meter nur 3 Meter breit werden. Andernfalls sei die Gefahr groß, dass Radfahrer buchstäblich unter die Räder kommen, wenn sie auf der Umweltspur von einem Bus der Ruhrbahn überholt werden. Die Grünen halten an einer 4,50 Meter breiten Spur fest. Die geplante Umweltspur sei zwar eine Verbesserung für den öffentlichen Nahverkehr, nicht aber für den Radverkehr.

Die Vertreter der SPD kommentierten dies mit Kopfschütteln. Guntmar Kipphardt (CDU) nannte das Verhalten der Grünen kindisch: „Wenn ich nicht drei Kugeln Eis kriege, nehme ich gar kein Eis.“

Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe

Die Einrichtung einer Umweltspur ist Bestandteil des Vergleichs, den das Land NRW und die Stadt Essen mit der Deutschen Umwelthilfe vor dem Oberverwaltungsgericht Münster geschlossen haben. Ziel des Vergleichs ist es, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge und ältere Benziner zu umgehen, unter anderem durch die Förderung des Radverkehrs. Dazu gehört auch eine Fahrradstraße vom Südviertel über Holsterhausen bis nach Frohnhausen. Auch diese hat der Bau- und Verkehrsausschuss am Donnerstag beschlossen.

Während die Ratsmehrheit den Weg für Essens Umweltspur freimachte, stimmten neben den Grünen auch Linke und FDP dagegen. Angesichts der veranschlagten Kosten in Höhe von rund 2,7 Millionen Euro sei der finanzielle Aufwand unverhältnismäßig, kritisierte FDP-Vertreter Thomas Spilker.

Die Umweltspur soll noch in diesem Jahr eingerichtet werden. Ob sie tatsächlich dazu beiträgt, dass die Busse der Ruhrbahn in Zukunft pünktlicher sind und mehr Radfahrer die Strecke nutzen als heute, soll die Verwaltung auf Antrag von SPD und CDU anhand von Verkehrszählungen überprüfen.