Essen. Essens erste Umweltspur sorgt bei Autofahrern noch für Verwirrung. Viele ignorieren die neuen Verkehrsregeln.
Auch die Stadt Essen hat jetzt hat eine Umweltspur. Unmittelbar nach der offiziellen Eröffnung am Dienstag durch Oberbürgermeister Thomas Kufen zeigte sich: Die neue Verkehrsführung auf dem östlichen Innenstadtring ist noch gewöhnungsbedürftig – allen voran für Autofahrer.
Die neue, insgesamt 1,5 Kilometer lange Trasse beginnt von Süden kommend an der Weiglestraße. Von dort werden Fahrradfahrer auf einer so genannten „Protected Bike Lane“ durch die Unterführung der Eisenbahngleise an der Bernestaße geführt. Der Radweg, der durch eine rund 80 Zentimeter hohe Betonmauer von der übrigen Fahrbahn getrennt ist, mündet in die Umweltspur.
Taxis und Elektrofahrzeuge dürfen nicht auf der Umweltspur fahren
Diese führt über die Schützenbahn, den Viehofer Platz und die Friedrich-Ebert-Straße bis zur Gladbecker Straße. Die Umweltspur darf ausschließlich von Fahrradfahrern und Linienbussen genutzt werden. Auch Taxis und Elektrofahrzeuge dürfen dort nicht fahren.
Trotz neuer Beschilderung und Piktogrammen auf der Fahrbahn hält sich längst nicht jeder an die neuen Regeln. Wer auf der Schützenbahn in Richtung Altenessen unterwegs ist, muss neuerdings durch den Tunnel fahren. Oberirdisch geht es in Höhe der Rathausgalerie noch noch links ab, geradeaus verläuft die Umweltspur.
Zahlreiche Autofahrer die am Dienstag an der Alten Synagoge vor der Ampel an der Alfredistraße halten mussten, bemerkten zu spät, dass es für sie geradeaus nicht mehr weitergeht - und ignorierten es. Rot-weiße Baustellen-Baken, welche die Stadt sicherheitshalber dort zur Markierung der Umweltspur aufgestellt hat, konnten sie nicht davon abhalten.
Die Beschilderung war zur Eröffnung der Umweltspur noch nicht optimal
Die rot-weißen Baken sollen durch festinstallierte ersetzt werden. Um zu verhindern, dass Autofahrer, die aus Richtung Norden kommen, in Höhe der Alten Synagoge wenden, sollte noch im Laufe des Tages ein entsprechendes Verkehrsschild aufgehangen werden: U-Turns verboten!
Andreas Demny vom Amt für Straßen und Verkehr geht davon aus, dass sich ein Gewöhnungseffekt bald einstellen wird. Die Hersteller von digitalen Kartenmaterial für Navigationsgeräte seien über die Änderungen bereits informiert. Die Polizei werde ein Auge darauf haben, dass sich Verkehrsteilnehmer auch an die Regeln halten.
Und wer weiß: Vielleicht fühlt sich so mancher animiert, das eigene Auto öfter stehen zu lassen. Denn dazu soll Essens erste Umweltspur beitragen. „Mit der Umweltspur und der Protected Bike Lane stärken wir den Radverkehr und den öffentlichen Personen-Nahverkehr in unserer Stadt“, betonte dann auch OB Thomas Kufen.
Die neue Trasse ist Bestandteil des gerichtlichen Vergleichs, den die Stadt Essen und das Land NRW mit der Deutschen Umwelthilfe zur Verbesserung der Luftqualität geschlossen hat - auch wenn an der Schützenbahn gar keine Schadstoffe gemessen werden. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft muss stadtweit eingehalten werden. Stichtag ist der 30. Juni 2021.
Die Ruhrbahn verspricht sich von der Trasse mehr Pünktlichkeit für ihre Busse
Die Ruhrbahn verspricht sich von der Umweltspur, dass ihre Busse pünktlich sind. Zu Spitzenzeiten von morgens sechs bis acht Uhr sind bis zu 60 Busse pro Stunde in beide Richtungen unterwegs. Fahrradfahrer sollen sicherer über den Innenstadtring geleitet werden. Zweifellos ist dies im Tunnel an der Bernestraße der Fall, wo bislang die Devise lautete: Helm festzurren, Augen auf und durch.
Das Fahren auf der Umweltspur dürfte weniger geübte Radfahrer hingegen vor eine Herausforderung stellen. Zu dieser Einschätzung kamen Essens Fahrradverbände bereits beim Blick auf die Baupläne. Mit 4,75 Metern sei die Umweltspur breit genug, so dass Linienbusse Radfahrer sicher überholen können, so Andreas Demny. Wer einen Bus hinter sich weiß, muss Nerven und Ruhe bewahren.
Am Ausgang des Tunnels auf der Schützenbahn hat die Stadt auf Ampeln verzichtet, die den Autoverkehr dort stoppen würden, damit Radfahrer auf die Umweltspur in Richtung Viehofer Platz einfädeln. Letztere müssen bis zur Ampel an der Gerlingstraße vorfahren, um vor den Autos auf die Umweltspur zu wechseln. Dafür bleibt ihnen vier Sekunden Zeit. Dann zeigt die Ampeln auch allen anderen Grün.
Ob alles so funktioniert, wie es sich die Verkehrsplaner erdacht haben, muss sich noch erweisen. Staus soll es ihren Simulationen nach nicht geben. Anders als noch während der Bauarbeiten, aber da waren teils zwei von drei Fahrspuren gesperrt.
Essens erste Umweltspur hat nach Angaben der Stadt zwei Millionen Euro gekostet, weitere 458.000 Euro entfielen auf die „Protected Bike Lane“.