Essen. In Corona-Zeiten gehen manche Herzpatienten zu spät in die Klinik. Essener Herzexperten ermuntern sie, lieber einmal zu viel den Arzt zu rufen

Einmal im Jahr laden die Herz-Spezialisten des Essener Elisabeth-Krankenhauses zum Tag der Offenen Tür, beantworten Fragen rund ums Herz, von Bluthochdruck bis Herzklappe. Coronabedingt ist der direkte Austausch in diesem Jahr nicht möglich, und so bieten die Experten diesmal eine Woche lang täglich eine digitale Sprechstunde an – und hoffen auf viele Teilnehmer. „Auch in diesen Zeiten sollten die Menschen achtsam mit möglichen Herzbeschwerden umgehen und Symptome ernst nehmen“, mahnt Oliver Bruder, Chefarzt im Contilia Herz- und Gefäßzentrum.

Alles, was zwischen Nasenspitze und Bauchnabel drückt, kann ein Infarkt-Symptom sein

Während der ersten Corona-Welle im Frühjahr habe man beobachten müssen, dass weniger Herz-Patienten ins Elisabeth-Krankenhaus kamen, und dass sie sich länger Zeit ließen, bis sie Hilfe suchten. „Wir hatten Fälle, da war der Infarkt schon drei, vier Tage her“, sagt Prof. Dr. Heinrich Wieneke. Europaweite Erhebungen bestätigten, dass zu Beginn der Pandemie ein Drittel weniger Herzinfarkt-Patienten stationär aufgenommen wurden, ergänzt Dr. Thomas Schmitz. Oft blieben diejenigen zu Hause, die nicht so schwerwiegende oder für sie nicht richtig zu deutende Symptome hätten, sagen die beiden Chefärzte.

„Wir wollen daher das Bewusstsein dafür wecken, dass praktisch alles, was zwischen Nasenspitze und Bauchnabel dumpf drückt, ein Symptom für einen Herzinfarkt sein kann“, ergänzt ihr Kollege Oliver Bruder. „Da sollte man lieber einmal zu viel den Arzt rufen.“ Beim Verdacht eines Infarktes solle man sofort die 112 wählen – und dann dem Betroffenen beistehen, ihn nicht alleine lassen. „Es hilft, einfach dazusein und beruhigend auf denjenigen einzuwirken“, versichert Thomas Schmitz.

Auch 30-Jährige sollten mal ihren Blutdruck messen

Bei ihren digitalen Sprechstunden, die vom 2. bis zum 6. November täglich um 17 Uhr stattfinden, soll es aber nicht nur um den Notfall gehen, sondern täglich um ein anderes Herzens-Thema: um verschiedene Formen von Erkrankungen, um Behandlungsmethoden oder um die Frage, wie man den Blutdruck richtig misst und was zu tun ist, wenn dieser zu hoch ist. Das sei übrigens nichts, was nur ältere Menschen betreffe: „Auch 30-Jährige sollten mal ihren Blutdruck messen“, empfiehlt Oliver Bruder. „20 Millionen Menschen in Deutschland haben Bluthochdruck – gerade mal jeder vierte wird richtig behandelt.“ Auch weil die ungesunden Werte bei vielen lange unentdeckt bleiben.

Auch wenn die drei Chefärzte um keinen Preis oberlehrerhaft erscheinen wollen, werben sie für viel Bewegung, raten Übergewichtigen abzunehmen und Rauchern, ihr Laster aufzugeben. Keine neuen Tipps, aber wirkungsvoll. „Wer sich früh um seine Gesundheit kümmert, wird angenehmer älter, erlebt im Alter nicht eine so dramatische Verschlechterung mit Krisen und Krankenhausaufenthalten“, sagt Bruder. Und versichert gleich, dass man denjenigen Patienten, die es nicht schaffen, auf Zigaretten und reichhaltige Kost zu verzichten, selbstverständlich mit der gleichen Empathie begegne. „Wir wollen Mut machen!“

Ärzte ermuntern, die digitale Sprechstunde zu nutzen

Dazu gehöre auch der Mut, neue Wege zu gehen und sich digital beraten zu lassen. Zum Tag der Offenen Tür habe man in den vergangenen Jahren oft 300 bis 400 Teilnehmer begrüßen können, nun lasse man sich überraschen, wie viele sich in den Livestream zuschalten. Zwar gebe es unter den Herzpatienten viele, die 70 und älter seien, doch auch die seien immer mehr im Internet unterwegs. Manche hätten gerade während des Lockdown technisch aufgerüstet, meint Heinrich Wieneke. „Die wollten ja mit Kindern und Enkeln in Kontakt bleiben.“ Da dürften sie nun auch den Weg in die digitale Sprechstunde leicht finden.

Den direkten Link zu den Kardiologen findet man auf: www.contilia.de

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