Essen. Die Leitung der Essener Denkmalbehörde ist seit Juli 2019 vakant. Auf eine Zusage, folgte eine Absage - und Streit vor Gericht

Zeit ist vergänglich. Wo wüssten sie das besser als im Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege? Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit sich dessen langjährige Leiterin Petra Beckers in den Ruhestand verabschiedet hat. Seitdem ist ihr Platz verwaist, wird Essens Denkmalpflege kommissarisch verwaltet. Nun will die Stadt die vakante Stelle im zweiten Anlauf neu besetzen. Der erste Anlauf endete - und das ist ungewöhnlich - vor Gericht.

Zur Erinnerung: Im Juli vergangenen Jahres gab der Rat der Stadt bereits grünes Licht für die Neubesetzung der Institutsleitung. Die Wahl war auf Andrea Behrendt gefallen, Leiterin der Untere Denkmalbehörde der schönen Stadt Potsdam und dort als Landeskonservatorin unter anderem zuständig für das Erbe, das die Preußenkönige der Nachwelt überlassen haben. Sie hatte sich unter 20 Kandidaten durchgesetzt.

Die Überraschung darüber, wer da den Weg nach Essen gesucht hat, war durchaus groß. Auch in Potsdam. Denn dort hatte die studierte Architektin und ehemalige Leiterin des Amtes für Bau- und Kunstpflege Verden der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover ihre Stelle erst vier Monate zuvor angetreten, was in Essen niemanden zu stören schien. Die Kunde von ihrem bevorstehenden Abschied gen Ruhrgebiet erreichte das Rathaus in Potsdam laut Märkischer Allgemeiner Zeitung übrigens „via Pressemitteilung“.

Das Verfahren zur Besetzung der Leitung des Instituts für Denkmalpflege wurde abgebrochen

Andrea Behrendt dürfte nicht besonders glücklich gewesen sein über die Informationspolitik der Stadt Essen. Zumal auf die mündliche Zusage eine schriftliche Absage folgte. Ihre Dienste würden nicht mehr benötigt. Begründung: Das Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege wird als Abteilung in das Stadtplanungsamt integriert. Da es kein Institut mehr gibt, braucht es auch keine Institutsleitung. Das Verfahren zur Nachbesetzung werde deshalb abgebrochen.

Andrea Behrendt ist dagegen rechtlich vorgegangen. Ihre Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) in zweiter Instanz zurück. Die Neuorganisation der Denkmalpflege liege im Ermessen des Dienstherren. Willkür oder einen Rechtsmissbrauch vermochte das Gericht ebenso wenig zu erkennen wie Anhaltspunkte dafür, dass verwaltungsinterne Reintegration nur vorgeschoben sein könnte, um Behrendt auf elegantem Wege wieder loszuwerden, wie die Klägerin offenbar vermutete.

Das Oberverwaltungsgericht nennt das Verfahren der Stadt Essen "wenig bewerberfreundlich"

Dass es unüberwindbare Hindernisse gegeben haben soll zwischen der Stadt Essen und der designierten Institutsleiterin, wie Teilnehmer einer nichtöffentlichen Sitzung des für Personalangelegenheiten zuständigen Ratsausschusses zu berichten wussten, wies die Stadt vor Gericht entschieden zurück. Diese Aussage entbehre jeder Grundlage.

Leise Kritik mochten die Richter der Stadt Essen aber nicht ersparen. Deren Informationspolitik sei zögerlich und „wenig bewerberfreundlich“ gewesen. Auch komme es in der Praxis selten vor, dass ein Verfahren zur Stellenbesetzung abgebrochen wird, nachdem ein Auswahlverfahren durchgeführt wurde - und das mit Erfolg. Dass Behrendt eine mündliche Zusage erhalten hatte, kommentierte das Gericht nicht weiter. Einen Rechtsanspruch kann die Bewerberin daraus jedenfalls nicht ableiten.

Mit Blick auf die verwaltungsinterne Neuorganisation der Denkmalpflege merkte die Kammer an, dass die Stadt sich dieser hätte widmen können, bevor die Stelle der Institutsleitung ausgeschrieben wurde. Den Ärger hätten sich die Beteiligten dann erspart. So gehen alle beschädigt aus dem Verfahren.

Das Institut für Denkmalpflege wurde inzwischen ins Stadtplanungsamt integriert

Die Integration des Instituts für Denkmalpflege in das Stadtplanungsamt ist inzwischen vollzogen. Inhaltlich ändere sich dadurch gar nichts, heißt es seitens der Verwaltung, was Andrea Behrendt als Bestätigung werten dürfte. Nur sind die Denkmalschützer nicht mehr direkt dem Planungsdezernenten unterstellt, sondern dem Leiter des Planungsamtes.

Die Abteilungsleitung wurde mittlerweile öffentlich ausgeschrieben. Den Einwand von Andrea Behrendt vor dem Oberverwaltungsgericht, dass es sich um die gleiche Stelle handele auf die sie sich beworben hatte, ließ die Kammer nicht gelten. Die Institutsleitung hätte mehr Eigenverantwortung und mehr Entscheidungsfreiheit bedeutet als die Leitung einer Abteilung.

Andrea Behrendt soll sich dem Vernehmen auch auf die neue Ausschreibung in Essen beworben haben. Zum Zuge kam diesmal jedoch jemand anderes, wieder jemand von außerhalb. Der oder die Neue soll die Stelle am 1. Januar 2021 antreten. Um wen es sich handelt, will die Verwaltung nicht verraten. Offenbar fürchtet man im Rathaus, dass Behrendt noch nicht klein beigegeben könnte.

Die Denkmalpflegerin aus Potsdam ist derweil abgetaucht, wie die Märkische Allgemeine vor wenigen Wochen berichtete. Ihr Amt in der Stadt der Preußenkönige habe sie seit einem Jahr nicht mehr wahrgenommen.