Essen. Abertausende Menschen pendeln nach Essen. Heinz-Jürgen Hacks von der IHK glaubt, dass viele nach Essen ziehen würden, aber keine Wohnung finden.

Dass es viele Menschen aus dem Umland nach Essen zur Arbeit zieht, ist nicht neu. Doch die Zahl der täglichen Pendler hat zuletzt nochmals stark zugenommen. Wie das Statistische Landesamt am Dienstag mitteilte, pendelten im vergangenen Jahr 156.273 Erwerbstätige von außerhalb in die Stadt. Das sind über 3100 Pendler mehr als im Jahr zuvor. 47,6 Prozent derjenigen, die in Essen einen Job haben, wohnen demnach nicht in Essen. Essen ist die Pendlerhochburg im Ruhrgebiet.

Noch deutlicher wird der Zuwachs im längerfristigen Vergleich. Im Jahr 2013 wies das Statistische Landesamt noch 139.370 Einpendler nach Essen aus. Binnen acht Jahren ist ihre Zahl also um fast 17.000 angestiegen.

Die meisten Werktätigen, die täglich zur Arbeit nach Essen fahren, kommen aus den Nachbarstädten Gelsenkirchen, Bochum, Mülheim, Oberhausen und Duisburg.

Mehr Jobs bedeutet auch mehr Pendler

Für Heinz-Jürgen Hacks, Geschäftsführer bei der Industrie- und Handelskammer und dort auch für den Bereich Verkehr zuständig, sind die jüngsten Entwicklungen keine Überraschung. Hacks schaut dabei auf die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Und deren Zahl ist im vergangenen Jahr um etwa 6000 gewachsen. Dass davon etwa jeder Zweite ein Nicht-Essener ist, sei bereits seit einigen Jahren so. Die einfache Formel also lautet: Mehr Jobs, mehr Pendler.

Dass das aber nicht logischerweise ein Automatismus sein muss, stellt Hacks auch klar. „Ich denke, unter den Pendlern gibt es viele, die gern nach Essen ziehen würden, anstatt sich jeden Tag viele Kilometer Arbeitsweg anzutun.“ Und dann häufig im Stau zu stehen.

Allerdings bedeutet das, dass Essen dafür ein adäquates Wohnungsangebot haben müsste. „Doch daran hapert es“, betont Hacks.

Wohnungsbau in Essen hinkt deutlich hinterher

Tatsächlich liegt Essen bei den Neubauten deutlich hinter vielen Großstädten. Das Immobilienportal Immowelt hatte vor wenigen Tagen eine Untersuchung dazu veröffentlicht. Demnach wurden in Essen im Schnitt der vergangenen zehn Jahre nur 14 Wohnungen gerechnet auf 1000 Einwohner gebaut. Damit hat die Ruhrstadt den geringsten Neubauanteil im Vergleich der untersuchten 14 größten deutschen Städte. Spitzenreiter Frankfurt kam auf 48 Wohnungen.

Hacks verweist auf die Widerstände, die einer Ausweitung des Wohnungsbaus in Essen oft im Wege stehen. „Der Aufschrei unter den Bürgern ist immer dann groß, wenn direkt vor ihrer Tür gebaut werden soll. So werden wir aber nicht voran kommen.“ Er spielt damit auch auf das Bürgerforum „Wo wollen wir wohnen?“ an, welches Oberbürgermeister Thomas Kufen angestoßen hatte. Am Ende blieb nach der Diskussion nur eine Handvoll potenzieller neuer Wohnbauflächen übrig.

Der IHK-Experte macht dagegen deutlich, wie viel Chancen die Stadt Essen liegen lässt, wenn es nicht gelingt, die Pendler zu einem Umzug zu bringen. Denn jeder Erwerbstätige, der auch seinen Wohnsitz in Essen hat, bringt ihr Einkommenssteuern. Es geht also um viel Geld.

Viele Essener arbeiten aber auch außerhalb der Stadt

Umgekehrt pendeln aber auch immer mehr Essener in andere Städte zur Arbeit. Ihre Zahl ist aber deutlich geringer als die der Einpendler. Im vergangenen Jahr fuhren täglich 105.773 Essener über die Stadtgrenzen hinweg zu ihrer Arbeitsstätte. Das waren fast 1800 mehr als im Jahr zuvor. Mittlerweile pendeln damit täglich 38 Prozent der Essener Erwerbstätigen. 2013 gab es in Essen nur 91.711 Auspendler. Die Auspendlerquote lag damals bei 35 Prozent.

Die meisten arbeiten in Düsseldorf. Jeden Tag machen sich über 13.000 Essener auf den Weg zu ihrem Job in die Landeshauptstadt. Dahinter folgen die Nachbarstädte Mülheim, Duisburg, Bochum, Gelsenkirchen.

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