Essen. Mit Commerzbank und Sparda-Bank schließen weitere Geldinstitute in Essen Zweigstellen. Seniorenvertreter sehen Entwicklung mit Sorge.

Das Sterben von Bankfilialen in Essen geht weiter und besorgt zunehmend Wohlfahrtsverbände wie auch den Seniorenbeirat der Stadt. „Das ist eine sehr unglückliche Entwicklung, die uns enorme Sorgen macht“, sagte Alfred Steinhoff, Vorsitzender des Seniorenbeirates. Ähnlich bewerten dies Vertreter des Sozialverbands VdK und der Caritas. Auch die Politik ist alarmiert.

Jüngstes Beispiel ist die genossenschaftliche Sparda-Bank West. Sie will bis Ende des Jahres ihre beiden Filialen in Borbeck und Steele schließen und verweist ihre Kunden auf die innerstädtischen Zweigstellen am Willy-Brandt-Platz und in der Kruppstraße. Auch ein Selbstbedienungsangebot will die Bank in den betroffenen Stadtteilen nicht mehr anbieten. Kunden könnten kostenlos die Geldautomaten von Partnerbanken in der Nähe nutzen. Was aber, wenn diese die gleiche Strategie fahren würden?, fragt ein verärgerter Sparda-Bank-Kunde.

Der CDU-Fraktionschef in der Bezirksvertretung IV, Thomas Mehlkopf-Cao, schätzt, dass in Borbeck und Steele etwa 25 Prozent der Bevölkerung Senioren sind. „Gerade für die stellt der Wegfall der Filialen eine große Herausforderung dar“, sagt er.

Sparkasse dünnt Filialnetz seit 2016 in Essen aus

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Die Sparda-Bank ist aber längst nicht die einzige Bank, die die Axt an ihr Filialnetz legt, um Kosten zu sparen. Auch die Commerzbank wird zum Ende des Jahres ihre Geschäftsstellen in Bredeney und Werden dichtmachen. Kunden müssen dann deutlich weitere Wege bis zur nächsten Filiale in Kauf nehmen - entweder nach Rüttenscheid oder Kettwig. Ob es an den betroffenen Standorten weiterhin wenigstens ein Selbstbedienungsangebot geben wird, sei noch nicht entschieden, sagte ein Sprecher.

Die Deutsche Bank hat ebenfalls die nächste Sparrunde bekanntgegeben. Nochmals sollen im kommenden Jahr rund 100 Filialen bundesweit wegfallen. Ob es - wie bei der letzten Streichungsrunde 2016 - auch wieder Essen trifft, ist noch nicht ausgemacht. Noch könne man keine Einzelheiten bekanntgeben, so ein Sprecher. Ihre seit 2016 laufende Einsparrunde schließt unterdessen die Sparkasse Essen im kommenden Jahr ab. Mit dem Wegfall der Filiale in Altenessen-Süd ist ihr Filialnetz dann um 14 auf immerhin noch 35 Geschäftsstellen geschrumpft.

Seniorenbeirat: Ältere schätzen den persönlichen Kontakt in der Bank

Für Senioren sei der Rückzug der Banken aus der Fläche zunehmend ein Problem, sagt Alfred Steinhoff vom Seniorenbeirat, der die Interessen von 130.000 Senioren in der Stadt vertritt. Zum einen seien viele nicht so mobil. Zum anderen sei den Älteren die Kommunikation wichtig. Gerade Senioren schätzten, wenn sie in ihrer Bank „mit jemandem reden können“. Viele kennen die Bankangestellten oft seit Jahren, freuen sich, wenn sie in der Filiale mit Namen begrüßt werden. „Das bricht weg“, mahnt Steinhoff.

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Die offizielle Begründung der Banken ist immer die gleiche, wenn sie Filialen schließen: Immer mehr Bankkunden würden ihre Bankgeschäfte übers Internet abwickeln. Corona habe dies sogar noch beschleunigt. Steinhoff jedoch meint: Die rasante Entwicklung des Onlinebankings laufe nicht mit den Senioren gemeinsam. „Viele ältere Menschen wollen dies aus Angst nicht. Aber häufig fehlt ihnen auch die technische Ausstattung.“

Dass immer weniger Menschen die Filialen nutzen und damit das Sterben der Bankfilialen mit antreiben, will der Seniorenvertreter nicht gelten lassen. „Darf die Wirtschaftlichkeit der einzige Aspekt sein, oder haben Banken nicht auch eine gesellschaftliche Aufgabe?“, fragt er. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Senioren mit dem Problem alleingelassen werden nach dem Motto: Seht, wie ihr zurecht kommt.“

Er schlägt als Kompromiss vor, nicht gleich ganze Filialen zu schließen sondern nur die Öffnungszeiten zu verringern. „So bliebe wenigstens noch ein Angebot vor Ort.“

VdK-Mitglieder beschweren sich über Banken

Auch Manfred Ochs, stellvertretender Kreisvorsitzender im Sozialverband VdK, spricht von einem „ganz großen Missstand“. Dass es immer weniger Banken vor Ort gibt, „wird in unseren Senioren-Treffen immer wieder beklagt. Viele unserer Mitglieder beschweren sich“, sagt der 82-Jährige.

Die Wege würden weiter, doch oft gebe es kein gutes ÖPNV-Angebot zur nächsten Filiale. Wer nicht ständig fremde Hilfe in Anspruch nehmen will, dem bleibe eigentlich nur, die Bank zu wechseln. „Aber auch da tun sich Senioren schwer“, betont Manfred Ochs.

Geldbring-Service der Sparkasse

Die Sparkasse bietet Kunden, die nicht so einfach die nächste Filiale erreichen können, einen Bargeld-Bringservice an. Er nimmt auch ausgefüllte Überweisungsaufträge mit. Der Service kostet jedoch fünf Euro Gebühr.

Laut Sparkasse würden im Durchschnitt fünf bis sechs Kunden täglich dieses Angebot nutzen. Anfang des Monats seien die Zahlen erfahrungsgemäß höher.

Caritasdirektor Enno Hermans sieht die Entwicklung nicht nur als alleiniges Problem für Senioren. „Viele Senioren beschäftigen sich intensiv mit Onlinebanking und sind da sehr fit“, sagt er. Wenn sich aber Banken oder auch der Einzelhandel zurückzögen, „dann macht das etwas mit der Quartiersentwicklung“. Die Menschen hätten zunehmend das Gefühl, dass in ihren Nahräumen immer mehr Infrastruktur und somit Begegnungsmöglichkeiten wegbrechen. „Stadtteilarbeit muss sich deshalb Gedanken machen, wie man andere Angebote der Begegnung schafft“, so Hermans.

Bezirksbürgermeister in Borbeck hätte gern Bankbus als Filial-Ersatz

Der Bezirksbürgermeister in Borbeck, Klaus Dieter Pfahl (CDU), hat derweil eine Idee, wie eine Lösung im Fall der Sparda-Bank-Filiale dort aussehen könnte. „In Dellwig gibt es bereits einen Bus, in dem können Bürger ihre Bankgeschäfte erledigen. Warum richtet die Sparda-Bank nicht auch einen hier ein?“ Der Bus komme einmal in der Woche. Vertreter der Bank würden bei Fragen helfen, Kunden könnten dort Geld abheben oder Daueraufträge einrichten. Und die Bürger würden dort gern auch ein Schwätzchen halten.

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