Essen. Das Essen Light Festival zieht Neugierige in die Innenstadt. Abstände werden eingehalten; wo die Besucherzahl steigt, tragen die Menschen Masken.
Atmen, berühren, kommunizieren – Corona, Isolation und Beschränkungen erinnern, wie wichtig das Wesentliche für uns Menschen ist. Beim Essen Light Festival 2020, das noch bis zum Sonntag, 11. Oktober, jeden Abend mit Lichtinstallationen in die Innenstadt lockt, werden diese Themen durch einige der Kunstwerke behandelt.
Das Gefühl des Ausnahmezustands, das die Menschen seit Ausbruch der Pandemie begleitet, ist aber auch durch die Umstände präsent: Weder Eröffnungsfeier noch Abschlussfeuerwerk gibt es dieses Jahr, außerdem weniger und weitläufiger verteilte Installationen auf einer festen Route. Für Richard Röhrhoff von der Essener Marketing Gesellschaft (EMG) ist es spannend zu sehen, „ob das Konzept, das Ganze über die Inhalte zu steuern“ funktioniere.
Vor dem Studio von Radio Essen leuchten Handydisplays in der Dunkelheit, bis das Kunstwerk „Breathe!“ (Atme!) illuminiert wird und die Daumen ihre Fotoauslöser finden. Licht durchströmt eine sechs Meter hohe, kniende Skulptur, zeigt wie die Atemwege des Menschen verlaufen.
Die festgelegte Strecke des Essen Light Festivals verläuft gut ausgeschildert vom Willy-Brandt-Platz durch die Innenstadt zum Medienturm der Funke Mediengruppe in der Neuen Mitte. „Es ist ein bisschen so wie eine Prozession“, lacht eine Besucherin. Der Vorteil der gleichen Richtung: Es gibt keine frontalen Begegnungen. Zwar kommt man auch mal ins Gespräch, hält aber Abstand.
Mit wachsender Besucherzahl steigt auch die Zahl der Maskenträger
Mit wachsender Besucheranzahl nehmen auch die Masken zu. „Die Leute wissen mittlerweile ja, wie man sich verhält“, setzt Röhrhoff auf die Vernunft der Gäste. Er glaubt, sie seien „aktuell sehr dankbar, dass so etwas stattfindet und deshalb auch diszipliniert“. Lediglich die Ecke II. Hagen, wo das Publikum einen mit Lichtprojektion inszenierten Land Rover vorfindet, erweist sich, im Vergleich zur übrigen, luftig geplanten Route, als Nadelöhr. Hier fällt es nicht ganz leicht Abstände einzuhalten. Anders auf dem Kennedyplatz, wo genug Raum ist, um die zauberhafte Prima Ballerina-Figur in der Mitte zu bestaunen. „Kindheitserinnerung pur“, schwärmt Sylvia Parrhysius, „so eine Spieluhr hatte ich früher“.
Auch die Installation am Funke-Medienturm ruft Emotionen hervor. Nachdenkliche Gesichter betrachten die leuchtenden Umrisse einer Hand, die sich wie in der Luft schwebend, zärtlich auf eine unsichtbare Glasscheibe zu legen scheint. Erinnerungen an die Covid-Krise, in der viele ihre Liebsten nur noch durch ein Fensterglas sehen durften, haben hier Platz.
Um Gemeinschaft geht es auch bei dem Kunstwerk am Kopstadtplatz. Erst wenn die umstehenden Besucher alle im Kreis angeordneten Steine aktiviert haben, beginnt das Spektakel. „Da fehlt aber ein Desinfektionsmittel-Spender neben dem Stein“, witzelt Martin Fischer.
Der Baum der Wünsche sorgt für Glück, Frieden – oder Remmidemmi
Ausgelassen ist die Stimmung beim „Baum der Wünsche“ am Hirschlandplatz. Über die Internetseite der Sparkasse darf man einen Wunsch abgeben. Neben meditativen Optionen wie „Glück“, oder „Frieden“, bevorzugen manche Zuschauer auch „Remmidemmi“. Dann wird es skurril: Mit Kirmes-Ansage-Stimme auf Disco-Beats singt der Baum: „Ich bin ein Baum und gehe voll ab“.
Richard Röhrhoffs Wunsch ist dagegen konkreter: „Dass die Leute weiterhin rücksichtsvoll sind und diesen Abendspaziergang mit schöner Kunst genießen. Wenn das klappt, können wir bald ein bisschen mehr machen“, hofft er mit Blick auf die Weihnachtsmarktzeit.