Essen. Das Essen Light Festival beginnt in diesem Jahr schon am 2. Oktober. Die Lichtkunst soll Menschen in die City locken – aber keine Menschenmassen
Das Essen Light Festival vom 2. bis 11. Oktober 2020 bricht in diesem Jahr mit den Gesetzmäßigkeiten der Veranstaltungsbranche: Sollen sonst regelmäßig die Besucherzahlen vom Vorjahr übertroffen, neue Rekorde erzielt werden, geht es im Corona-Jahr 2020 um eine gezielte Reduzierung der Besucherzahl. „Was wir sonst an diesem Festival so lieben: viele Besucher, viel Nähe, Menschenmengen, die sich vor der Lichtkunst drängen – das müssen wir jetzt vermeiden“, sagt der Geschäftsführer der Essen Marketing Gesellschaft (EMG), Richard Röhrhoff.
Lichtkunst unter freiem Himmel – da gibt sogar das Gesundheitsamt sein Okay
So sei es gelungen, das Okay von Ordnungsamt und Verkehrsbehörden zu bekommen, und natürlich grünes Licht vom Gesundheitsamt, dessen Leiterin Juliane Böttcher a) ein großer Fan des Festivals sei und b) als Vorteil der Veranstaltung wertet, dass die an der frischen Luft stattfindet. Aber eben nicht mit jenen etwa 350.000 Besucher, die nach Zählungen der EMG im vergangenen Jahr an zehn Tagen Lichtkunst, Videomappings und Installationen in der Innenstadt besahen und bestaunten.
Um die Veranstaltung zu entzerren, werde in diesem Jahr auf den ersten gemeinsamen Rundgang ebenso verzichtet wie auf ein Feuerwerk. Streng genommen könne man 2020 kaum von einem Festival reden, sagt Röhrhoff, den Namen verwende man nur, weil er inzwischen eingeführt sei. „Eigentlich ist es mehr ein Art-Walk.“
Die Ballerina tanzt zum Steigerlied
Die WAZ-Route führt vom Willy-Brandt-Platz bis zur Grünen Mitte am Berliner Platz. Startpunkt ist das Videomapping „Lumen“ von Julien Menzel, der mit dem Illustrator und Musiker Damien Reynaud eine Geschichte zur Müllproblematik erzählt. Sie machen das „Sinn“-Haus zur Bühne und bieten mit dem Willy-Brandt-Platz einen Zuschauerraum, der Verweilen mit ausreichendem Abstand ermöglicht.
Noch weitläufiger ist der Kennedyplatz, der von 70 bis 80 Scheinwerfern auf den umliegenden Dächern in ein „Meer aus Licht“ getaucht werde, wie Röhrhoff ankündigt: „Licht bei der Nacht – Prima Ballerina“ heiße die Installation, die so opulent wie stimmungsvoll sei. Die übergroße Ballerina tanze zu einer 25-minütigen Variation des Steigerliedes, die die Ruhrgebietshymne in einen poppigen Klangteppich einwebe.
Auch wenn die Interaktion mit dem Publikum coronabedingt zurückgefahren wird, beim „Magic Stone Circle“ auf dem Kopstadtplatz ist sie ausdrücklich erwünscht: Wer nah an die von Stonehenge inspirierten „Steine“ herantritt, sorgt dafür, dass diese erstrahlen. Sind alle erleuchtet, begleitet Musik das Lichtspiel. An der Marktkirche wiederum werden die Zuschauer aufgefordert, Meisterwerke großer Maler neu zu gestalten: Je nachdem, wie viele Menschen da sind, verändern sich die projizierten Gemälde.
Festival als Testlauf für den Weihnachtsmarkt
Trotz des Ausfalls einiger Sponsoren wird es auf der Route zwölf Stationen geben, vom stillen Lichtzauber bis zur Rückkehr des Wunschbaumes, der nun auch „Remmidemmi“ verkörpern soll. Die Funke-Mediengruppe setzt als Partner des Festivals den Schlusspunkt vor ihrem Medienturm am Berliner Platz: Dort stehen zwei meterhohe Hände, eine Installation mit dem Titel „Close again“ („Wieder nah“), die Röhrhoff als sinnbildlich ansieht, „für unsere Sehnsucht nach Nähe, nach Normalität“.
Weil er mit dieser Normalität aber nicht allzu bald rechne, wertet der EMG-Chef das diesjährige Essen Light Festival auch als guten Testlauf für den Weihnachtsmarkt: „Es ist spannend zu sehen, wie sich die Leute verhalten.“ Wenn weniger Besucher kommen als 2019 – umso besser: Das mache auch einen Weihnachtsmarkt in diesem Jahr wahrscheinlicher.