Essen. SPD-Landtagsabgeordneter Serdar Yüksel forderte die Absetzung des Behördenleiters Frank Richter. Das gefiel Fraktionschef Kutschaty gar nicht.

Die Forderung des SPD-Landtagsabgeordneten Serdar Yüksel, den Essener Polizeipräsidenten Frank Richter durch den Innenminister absetzen zu lassen, findet keinen Rückhalt bei den Sozialdemokraten im Landtag. Im Gegenteil: Nach dem Vorstoß des 47-Jährigen, für den das Bekanntwerden der mutmaßlichen Nazi-Chats und einer als rassistisch kritisierten Polizei-Broschüre zu arabischen Familienclans angeblich „das Fass zum Überlaufen gebracht“ hatte, schaltete sich SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty ein - zumindest hinter den Kulissen.

Er habe mit Yüksel nach dessen Angriff auf den Behördenleiter „ein ernstes Gespräch geführt“, sagte der Essener Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der SPD Essen am Mittwoch auf Nachfrage dieser Zeitung. Details daraus wollte Kutschaty nicht nennen. Bemerkenswert ist allerdings, dass bislang kein Sozialdemokrat von sich aus öffentlich auf Yüksels Angriff gegen das SPD-Mitglied Frank Richter reagiert hat.

Dass der Polizeipräsident auch „ein SPD-Parteibuch besitzt, ist mir piepschnurzegal“, hatte Yüksel gesagt und gefordert: Das Essener Präsidium brauche einen Neuanfang an der Spitze. Eine Sprecherin des Innenministeriums stellte danach gegenüber der Deutschen Presse-Agentur klar: „Der Minister sieht keinen Grund, warum Polizeipräsident Richter sein Amt nicht weiter ausüben sollte.“

In der Clan-Broschüre findet sich ein Vorwort des Polizeipräsidenten

In der neben den Nazi-Chats nicht nur von Yüksel inkriminierten 20-seitigen Broschüre „Arabische Familienclans. Historie. Analyse. Ansätze zur Bekämpfung“ führt die Polizei-Professorin Dorothee Dienstbühl unter anderem aus, dass es bei Clans eine „verbreitete Angst vor Hunden“ gebe, weibliche Polizistinnen „Reizfaktoren“ seien und der zur Schau gestellte Luxus von Clan-Mitgliedern oftmals „allerdings Show“ sei. Das Heft mit einem Vorwort des Polizeipräsidenten hatte Dienstbühl 2019 als Schulungsmaterial für die Essener Polizei erstellt.

Die Polizei Essen wies die Vorwürfe zu der Broschüre zurück. Man wolle das Heft weiterhin intern verwenden, sagte ein Sprecher. Es handele sich um eine wissenschaftliche Ausarbeitung, die dem besseren Verständnis von Clan-Strukturen diene.