Essen. In Essen erhalten drei Soziokulturelle Zentren Förderung vom Land. Neben dem „Grend“ profitieren die Zeche Carl und das Forum Billebrinkhöhe

Zwei Sätze hat sich das Essener Kulturzentrum Grend derzeit über die Haustür geschrieben: „Wir lieben Wissenschaft. Wir lieben Kultur.“ Das beides gebraucht und wertgeschätzt wird in Zeiten der Pandemie, davon ist man in Steele überzeugt. Doch Kultur unter Corona-Schutzauflagen kostet. Mehr denn je. Schon deshalb ist man im Grend bewegt und erleichtert, zu den elf ausgewählten soziokulturellen Zentren zu gehören, die das NRW-Kulturministerium mit einer besonderen Konzeptförderung bedenkt. Rund 1,5 Millionen Euro fließen in den kommenden drei Jahren in die Weiterentwicklung der Häuser, zu denen in Essen auch die Zeche Carl und das Forum Billebrinkhöhe gehört. Für Heike Herold von der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren zählt vor allem der langfristige Ansatz: „Nur eine mehrjährige Projektförderung hilft, sich neu aufzustellen.“

Ein starkes Zeichen in schwierigen Zeiten

Der Generationenwechsel im Kulturzentrum Grend ist eingeleitet. Geschäftsführerin Gemma Russo-Bierke hat im Sommer das Amt von Johannes Brackmann übernommen.
Der Generationenwechsel im Kulturzentrum Grend ist eingeleitet. Geschäftsführerin Gemma Russo-Bierke hat im Sommer das Amt von Johannes Brackmann übernommen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Als starkes Zeichen in schwierigen Zeiten“ wertet Gemma Russo-Bierke den Förderbescheid des Landes, den der Parlamentarische Staatssekretär Klaus Kaiser persönlich in Steele überbrachte. Mit den 150.000 Euro pro Haus soll die „künstlerisch-kulturelle Ausrichtungen geschärft, Strukturen professionalisiert und neue Formate ausprobiert werden“, erklärt Kaiser. Im Grend fällt die Förderung mit einem Personalwechsel zusammen. Grend-Geschäftsführerin Gemma Russo-Bierke hat das Amt vom langjährigen Vorgänger Johannes Brackmann mitten in der Pandemie übernommen. Kein einfacher Start. Und doch fühle sich das Grend angesichts der aktuellen Lage besonders gefordert, sagt die 38-Jährige. Als „offenes Haus“, das für kulturelle Diversität und gesellschaftliche Teilhabe stehe, will man Themen wie Fremdsein und Einwanderung in den kommenden Jahren mit allen Akteuren aus dem Stadtteil in unterschiedlichen Projekten bearbeiten.

Denn es rückt ein Thema wieder in den Vordergrund, „das man fast schon überwunden glaubte“, so Oberbürgermeister Thomas Kufen. Mit dem regelmäßigen Aufmärschen der Steeler Jungs und spätestens mit den Schüssen aufs Kulturzentrum Grend im März 2019 ist das Thema Antirassismus wieder zu einer zentralen Angelegenheit geworden. Man sehe die Gefahr, dass Steele zu einem neuen Hotspot der Rechten in Deutschland werde. Dem wolle man sich mit einer starken demokratischen Botschaft entgegen stellen, erklärt Gemma Russo-Bierke. Kunst, Kultur und Bildung spielten dabei eine wesentliche Rolle.

Mittel für die Digitalisierung und das Erreichen neuer Zielgruppen

Die Verbindung all dieser Bereiche hat das Grend denn auch zu einem der elf Auswahlkandidaten der Jury gemacht. „Es wird vernetzt gedacht“, lobt Klaus Kaiser. So solle von den 150.000 Euro das Theater Freudenhaus genau so profitieren wie das Grend Bildungswerk. Dort beispielsweise sieht man gerade die Herausforderung, mehr Teilnehmer auch auf digitalem Wege zu erreichen; und generell auch neue Zielgruppen anzusprechen.

Vielfalt mit Qualität

Das Kulturzentrum Grend feiert im kommenden Jahr das 25-jährige Bestehen.

An den Visionen der Gründungsphase hält man fest: (sozio)kulturelle Vielfalt mit Qualität und für möglichst viele und unterschiedliche Menschen, Milieus und gesellschaftliche Gruppen anzubieten.

Es gibt Kunst, Kultur und Bildung unter einem Dach. So erlangte die 1996 uraufgeführte Ruhrgebietskomödie „Freunde der italienischen Oper“ Kultstatus. Untergebracht sind aber auch ein Gästehaus und Seminarräume.

Das „Concept Interface – neue Schnittstellen zum Morgen. Ein Konzept zu künstlerischen und strukturellen Neuausrichtung des Grend Kulturzentrum in bewegten Zeiten“ ist denn auch das etwas sperrig betitelte, aber gleichwohl zielgerichtete Maßnahmenpaket, mit dem man neue Wege „historisch, aber auch zukunftsgewandt“ einschlagen möchte.

Auch die Stadt Essen will helfen, dass es trotz Corona weitergeht. „2021 wird es für viele Kulturschaffende noch schwieriger“, fürchtet OB Thomas Kufen. Und hält es deshalb für angezeigt, auch im nächsten Jahr über einen Sonderfonds für die Kultur nachzudenken, wie er in diesem Jahr bereits mit 500.000 Euro aufgelegt wurde.

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