Essen. Trotz Warnstreik bei der Ruhrbahn, lief auf den Straßen fast alles wie immer. Verdi kündigt noch für diese Woche weitere Streikaktionen an.
„Wir verbessern den Takt“ steht in großen Buchstaben am Kundencenter der Ruhrbahn am Hauptbahnhof zu lesen. Am Dienstag klang der Slogan wie unfreiwillige Ironie. Denn Busse und Bahnen blieben an diesem Tag in den Depots, im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst hatte Verdi die Beschäftigten der Ruhrbahn zu einem eintägigen Warnstreik aufgerufen. Das befürchtete Chaos aber blieb aus. Verdi kündigt derweil weitere Streikaktionen an. Schon am Mittwoch sind drei Krankenhäuser an der Reihe.
Am Hauptbahnhof herrscht am Dienstagmorgen wenig Betrieb, was ungewöhnlich ist zu dieser Stunde. Wer noch nichts mitbekommen hat vom Warnstreik, wird spätestens am Abgang zur U-Bahn darauf aufmerksam. „Die Ruhrbahn wird von 3 Uhr bis Betriebsende bestreikt. Es fahren keine Busse und Bahnen“, steht auf der elektronischen Anzeigetafel über den Rolltreppen zu lesen.
Am Taxi-Stand am Hauptbahnhof ist nicht mehr los als an einem gewöhnlichen Werktag
In der unterirdischen Zwischenebene stehen sich Mitarbeiter der Security die Füße platt. Auch am Taxistand ist nicht viel mehr los als an einem gewöhnlichen Werktag, bestätigt eine der Droschkenkutscher. Was soll’s! Der Mann zuckt mit den Schultern und nimmt es gelassen: „An einem Tag wird man auch nicht Millionär.“
Berufstätige und Pendler hatten sich offenbar darauf eingestellt, dass an diesem Tag im öffentlichen Personen-Nahverkehr nichts gehen würde. Dennoch brach der Verkehr auf den Straßen nicht gleich zusammen. Im Gegenteil. Nur auf Hauptverkehrsachsen wie der Ruhrallee standen Autofahrer schon mal länger im Stau.
Verdi hatte Warnstreiks bereits in der vergangenen Woche angekündigt. „Wir wollen die Leute ja nicht vergraulen“, sagt Walburga Ludwig-Nikodem, Verdi-Vertrauensfrau bei der Ruhrbahn. Am Betriebshof an der Beuststraße hat die Gewerkschaft einen „Drive-in-Schalter“ eingerichtet. Kollegen fahren im eigenen Pkw an einem Party-Pavillon vor und tragen sich in Streiklisten ein, ohne ihr Auto zu verlassen. Arbeitskampf mit Abstand unter Coronabedingungen.
Am Ruhrbahn-Betriebshof hat Verdi einen „Drive-in-Schalter“ eingerichtet
Die Mitarbeiter der Ruhrbahn streiken nicht nur für mehr Geld - 4,8 Prozent verlangt Verdi. Ziel sei ein bundesweit einheitlicher Tarifvertrag. Ein solcher sei seit 20 Jahren überfällig, betont Bernt Kamin-Seggewies. Der stellvertretender Geschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft spricht von einem „Wettbewerb um schlechte Arbeitsbedingungen“ und meint damit die unterschiedlichen Tarifverträge in den Bundesländern. Verdi will damit Schluss machen. Die Arbeitgeberseite wolle darüber nicht reden. Das klingt nach einer zähen Angelegenheit. Weitere Warnstreiks bei der Ruhrbahn schließt die Gewerkschaft nicht aus.
Bereits am Montag hatten Beschäftigte der Stadtverwaltung die Arbeit für einen Tag niedergelegt. Auch Schwimmbäder und der Grugapark blieben geschlossen. Verdi-Geschäftsführerin Henrike Eickholt zeigt sich mit der Resonanz zufrieden, auch wenn in Bürgerämter wie gewohnt Publikumsverkehr herrschte. „Wir werden uns in den nächsten Wochen steigern“, kündigt Eickholt an.
Nur eines von drei Krankenhäusern hat eine Notdienstvereinbarung abgeschlossen
Bereits am Mittwoch sind die Beschäftigten von drei Krankenhäusern zum Warnstreik aufgerufen. In der Ruhrlandklinik, am LVR-Klinikum und am Alfried-Krupp-Krankenhaus sollen Mitarbeiter ebenfalls einen Tag lang die Arbeit niederlegen. Eine Notdienstbetreuung habe nur das Alfried-Krupp-Krankenhaus mit der Gewerkschaft abschließen wollen, bedauert Eickholt. Die beiden beiden anderen Häuser setzen offensichtlich darauf, dass der Betrieb ohne große Störungen weiterläuft.
Auch am Donnerstag und am Freitag soll es laut Verdi Warnstreiks im öffentlichen Dienst geben. Dann „in Bereichen, die sonst nicht so stark im Fokus der Öffentlichkeit stehen“, sagt Henrike Eickholt und lässt durchblicken, dass Verdi noch weitere Pfeile im Köcher hat. Am 22./23. Oktober steht die nächste Verhandlungsrunde an.
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