Essen. Lange hat das Theater Freudenhaus Geschichten aus dem alten Ruhrgebiet erzählt. Jetzt geht es um Aussichten auf eine schöne, neue Hightech-Welt.

Wir schreiben das Jahr 2040 und blicken zurück auf den Wandel des Ruhrgebiets und nach vorn. Florian Heller, vormals sechs Jahre Dramaturg am Schauspiel Essen und Autor von „After Midnight“, hat es im Auftrag des Theater Freudenhaus getan. Herausgekommen ist ein „Science-Fiction-Komödien-Thriller“ mit dem Titel „Stillstand“. Das Rundumpaket in Sachen Zukunft hat am 1. Oktober Premiere.

Derzeit schwanken die Macher der Steeler Bühne wegen Corona zwischen Vorfreude und Bedenken. „Wir freuen uns, dass es wieder losgeht. Finanziell wäre es besser, nicht zu spielen. Aber wir wollen ja arbeiten. Also versuchen wir, einen goldenen Weg zu finden zwischen Finanzierbarkeit und Verantwortung gegenüber Schauspielern und Publikum“, erklärt der künstlerische Leiter Rainer Besel, der auf das Hygienekonzept mit reduziertem Platzangebot und Belüftung des Saales verweist.

Von Duisburg nach Dortmund in 17 Minuten mit der X 40

Trotz der Pandemie hielt er an dem Plan fest, auch diese Spielzeit mit einem neuen Stück zu eröffnen. Florian Heller hatte bereits im Januar mit dem Schreiben begonnen. Ausgehend von der Kulturhauptstadt 2010, wo nach dem Stillleben auf der A 40 die Gründung der Metropole Ruhr angesiedelt wurde, fragte er sich: „Wie geht das Ruhrgebiet mit seiner Geschichte um? Was, wenn es sich nach der Schließung der Zechen in eine Hightech-Region verwandelt und nur ein Zentral-Magistrat statt vieler Oberbürgermeister die Geschicke lenkt?

Resultat ist die Geschichte der X 40, einer computergesteuerten Schwebebahn, die die ewig währenden Verkehrsprobleme des Ruhrgebiets lösen soll. „Es hat“, setzt der Autor voraus, „einen wahnsinnigen Schub an künstlicher Intelligenz gegeben.“ Von Duisburg bis Dortmund in 17 Minuten. Ob sich dieses Versprechen einlösen lässt?

Das Stück dockt an die Realität an und lässt Platz für Komik

Beleben das zukunftsweisende Bühnenbild des neuen Stücks „Stillstand“ im Theater Freudenhaus (v.l.): Angelo Enghausen-Micaela, Kerstin Kramer, Aless Wiesemann, Thos Renneberg und Thorsten Strunk. 
Beleben das zukunftsweisende Bühnenbild des neuen Stücks „Stillstand“ im Theater Freudenhaus (v.l.): Angelo Enghausen-Micaela, Kerstin Kramer, Aless Wiesemann, Thos Renneberg und Thorsten Strunk.  © Theater Freudenhaus | Foto: Sivani Boxall


„Stillstand“, das von Regisseurin Tabea Nora Schattmaier („Der stumme Diener“ am Schauspiel Essen) inszeniert wird, dockt an die Realität an. „Es geht um öffentlichen Nahverkehr, soziale und ökologische Fragen“, lässt aber auch Spielraum für Fiktion und Komik. „Ganz ernst sollte man das Stück nicht nehmen. Das wird so grotesk, dass man darüber lachen kann“, meint der Autor. Er hat mindestens einen Fallstrick eingebaut. Und das ist der Faktor Mensch.

Das utopische Gefährt befindet sich auf einer Testfahrt, als unvorhergesehene Gäste zusteigen: Dr. Wellfonder, Marketingmitarbeiter Lukas Steener und Frau Mary, der demente Herr Donart und seine undurchsichtige Begleiterin Kali. „Da braut sich etwas zusammen und es entwickelt sich eine gewisse Spannung“, erklärt Florian Heller, will jedoch nicht zuviel verraten. Dass Technobabbel in die Sprache einfließt, sei kein Problem. „Man kann das Stück auch ohne die technologischen Ausdrücke genießen“, so Heller und denkt an seine Oma, die ohne jeden Begriff zu kennen, „Star Trek“ verstehen könne.



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Das Theater Freudenhaus will mit diesem Stück einen neuen Weg gehen. Ein neues Publikum soll hinzugewonnen werden. „Wir können nicht zum tausendsten Mal die Geschichte vom Kumpel erzählen“, sagt Rainer Besel. „Die ist erzählt. Wir müssen uns den Themen widmen, die uns auf den Nägeln brennen.“