Essen. Verleihung des Essener „Jazz Pott“ wird wegen Corona gleich zweimal gefeiert. Pianistin Julia Kadel dankt mit der Weltpremiere ihres neuen Trios.
Doppelt hält besser, weiß der Volksmund. Und so gab es diesmal zum Auftakt der neuen Saison von „Jazz in Essen“ gleich zwei Auftritte der Berliner Pianistin Julia Kadel im wegen Covid-19 Sitzplatz-mäßig reduzierten, gleichwohl stimmungsvollen Ambiente des Grillo-Theaters.
Kabarettist Hagen Rether stiftete auch in Corona-Zeiten wieder das Preisgeld
Mit der hübschen Folge, dass die 34-jährige Klangkünstlerin, die nach Jutta Hipp 1956 als erste deutsche Musikerin ihr Debüt-Album „Im Vertrauen“ auf dem renommierten US-Label Blue Note veröffentlichen konnte, von Impressario Berthold Klostermann mit dem 23. „Jazz Pott“ zwar nicht doppelt, aber doch zweimal geehrt wurde. In dessen feinsiniger Laudatio auf die neue Preisträgerin stach ein Satz besonders hervor: „Obwohl er seit Beginn der Corona-Krise keinen einzigen Auftritt mehr hatte, stiftete Hagen Rether auch diesmal wieder das Preisgeld für den ,Jazz Pott‘“ – tosender Applaus für den Essener Musik-Kabarettisten.
Nicht nur darob gerührt, freute sich Julia Kadel in mädchenhafter Überschwänglichkeit über die von dem berühmten Schweizer Grafiker Niklaus Troxler gestaltete stählerne Trophäe. Und bedankte sich dafür mit der Weltpremiere ihres neuen Trios, das mit dem britischen Bassisten Phil Donkin und dem amerikanischen Schlagzeuger Devin Gray nun endgültig internationales Format hat.
Wer das Glück hatte, gleich beide Konzerte hören zu können (wie etwa ein eigens aus Göttingen angereister Jazzfan), der erlebte in faszinierender Klangpracht, wie variabel dieses Trio die taufrischen Kompositionen von Julia Kadel auszugestalten vermag. Technisch brillant, entfaltete die fantasievolle Pianistin an den 88 Tasten, aber auch im Saitenkasten, einen soghaften Flow aus vertrackten Strukturen, reizvollen harmonischen Brüchen und nur fragmentarisch aufscheinenden Melodien, die sich üblichem Schubladen-Denken rigoros widersetzen.
Klangbilder von betörender Intensität und erfrischender Originalität
Dynamisch und gestalterisch weit ausholend, satt grundiert von Phil Donkin mit delikatem Bürstenwerk auf den Cymbals und gelegentlich aufblitzender Snare hinreißend angetrieben von dem hierzulande nur Experten bekannten Devin Gray, funkelten da aberwitzig detailreiche Klangbilder von betörender Intensität und erfrischender Originalität.
Es war ein imposantes Debüt ihres neuen Trios, mit dem Julia Kadel souverän bewies, dass sie zurecht eine Nachfolgerin solcher klavierspielender „Jazz Pott“-Granden wie Uri Caine oder ihrer Mentorin Julia Hülsmann ist. Was das Essener Jazz-Publikum denn auch lautstark bejubelte und dies gleich zweimal.