Essen-Kettwig. Hochwasser führten zu Hinterspülungen und die Schutzfunktion war weg. Aber warum werden Steine in die Ruhr gekippt? Ein Bauingenieur klärt auf.
Nach über 70 Jahren erneuert die RWE Generation, Tochter des Essener Energiekonzerns, die Verankerung der Spundwand am Stauwehr in Kettwig-Unterwasser. Die seit August andauernde Baustelle zieht immer wieder die Aufmerksamkeit von Spaziergängern auf sich: Zum einen, weil an einem wichtigen Brückenbauwerk im Stadtteil und damit direkt am und im Wasser gearbeitet wird, zum anderen, weil das Ganze nicht gerade geräuschlos vonstatten geht.
„Wir haben uns gewundert, dass es irgendwo ständig donnert und rauscht“, sagt Armin Rahmann. Der Vorsitzende der Museums- und Geschichtsfreunde Kettwig vernahm die Geräuschkulisse über mehrere Wochen immer wieder. „Selbst in der Altstadt war es noch sehr gut zu hören und hat natürlich für ziemlichen Gesprächsstoff im Dorf gesorgt“, sagt er lächelnd.
Schwere Steine sausen mit Karacho in die Ruhr
Wer am Promenadenweg entlang geht, sieht denn auch schnell die Ursache des Lärms: In unregelmäßigen Abständen laden Laster auf der anderen Flussseite, an der Straße Zur Alten Fähre in Vor der Brücke, schwere Steine ab. Die rutschen dann mit Karacho ins Wasser.
Was es damit auf sich hat und warum überhaupt am Stauwehr gearbeitet werden muss, darüber klärt Projektleiter Torsten Lippert im Gespräch mit unserer Redaktion auf. „Einer der Stützanker in der Spundwand hat versagt und der Kopfbalken der Wand ist gebrochen“, berichtet er.
Der Grund: Durch zahlreiche Hochwasser wurde die Spundwand im Laufe der Jahrzehnte regelmäßig hinterspült. Dadurch hat sich beim Rückgang des Wassers hinter der Wand ein erheblicher Druck entwickelt, der die Schäden noch weiter vergrößert hat, so der Fachmann.
Sichere Abdichtung
Hauptsächlich dienen Spundwände zur Sicherung von Baugruben in Gebieten, wo das Platzangebot keine Böschung zulässt, oder eine Abdichtung gegen drückendes Wasser erforderlich ist. Dauerhaft sind sie Bauelemente für Kaimauern, Schleusenwände, Kanäle, Molen und Hafenbecken.
Bereits die Römer verwendeten Spundwände. Bis 1880 die erste Stahlwand produziert wurde, waren sie stets aus Holz.
Neue Anker sichern künftig Wand und Hang
Zudem ist durch den Turbinenbetrieb im Kraftwerk das Flussbett ausgespült worden. „Das minderte die Tragfähigkeit des Bauwerks zusätzlich und machte die Arbeiten absehbar“, so Bauingenieur Lippert. Nun wurde die Spundwand in den vergangenen Wochen neu verankert. Die Kraftbelastung der neuen Anker wurde anschließend im Rahmen einer Zugprobe in dieser Woche getestet.
Außerdem reparierten die Arbeiter den Kopfbalken und beseitigten die Ausspülungen im Flussbett. Und jetzt klärt sich auch auf, warum so viele riesige Steine in die Ruhr befördert wurden: Das Flussbett wurde mit den 20 bis 30 Zentimeter großen Brocken, die vom Ufer aus antransportiert wurden, ausgebessert.
Steine in der Ruhr dienen zweierlei Zwecken
Zunächst dienen die Steine als Untergrund für die Baugeräte, zum Ende der Maßnahmen, das wird vermutlich Anfang Oktober sein, werden sie aber im Flussbett verteilt. Bauingenieur Lippert: „Die Steine stabilisieren auf diese Weise die vier Meter herunter ragende Spundwand.“
Als letzte Maßnahme wird dann die Wandkante zum Hang aufgefüllt, betoniert und verklammert. „Wir sind mit den Arbeiten am Stauwehr Kettwig-Unterwasser bisher absolut im Zeitplan“, erklärt Torsten Lippert. Kraftwerkbetreiber RWE schätzt die Kosten der Maßnahmen auf einen niedrigen bis mittleren sechsstelligen Betrag.
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