Essen. Im März meldete Essen den ersten Corona-Fall und in der Folge stieg die Zahl schnell an. Essen, ein halbes Jahr mit Covid19 - das ist die Bilanz.
Eins vorweg: Grundsätzlich gilt in Essen weiterhin, dass die Corona-Pandemie weitestgehend unter Kontrolle zu sein scheint. Während andere Ruhrgebietsstädte wie Herne und Duisburg, den Sommer über regelmäßig die Liste der deutschen Städte mit den meisten wöchentlichen Neuinfektionen je 100.000 Einwohner (Inzidenzwert) anführten, ist Essen bisher vergleichsweise glimpflich durch die Pandemie gekommen. Ein Grund zur Entwarnung ist das gleichwohl nicht, wie die Corona-Fallzahlen der vergangenen Wochen beweisen.
Am 1. März weist die Stadt die erste Covid-19-Infektion bei einem Essener nach. Danach wächst die Zahl zunächst in den wohlhabenderen Stadtteilen vergleichsweise schnell an, bis am Ende des Monats 565 Menschen in Essen an Corona erkrankt und sieben von ihnen mit dem Virus gestorben sein werden. Am 26. März liegt der Inzidenzwert bei besorgniserregenden 31. Zu keinem anderen Zeitpunkt danach bis September wird dieser Wert mehr überschritten.
Obwohl die inzwischen angeordneten Coronaschutzverordnungen ihre Wirkung nicht verfehlen und die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner bis Ende April gar auf 4,9 sinkt, hat sich das Virus inzwischen in der Stadt verteilt. Die meisten bestätigten Kranken gibt es im Stadtbezirk III (Altendorf, Frohnhausen, Fulerum, Haarzopf, Holsterhausen), wo bis September auch die meisten Menschen mit dem Coronavirus gestorben sein werden. Zuvor zählen die Behörden wochenlang die meisten Erkrankten im Stadtbezirk II (Bergerhausen und Rüttenscheid).
Die meisten Essener, die mit Corona gestorben sind, waren älter als 80 Jahre
Waren es im März noch sieben Menschen, die in Verbindung mit einer SARS-CoV-2-Infektion gestorben sind, so sind es im April schon 26. Weitere 20 werden es noch bis Anfang September sein. Insgesamt sterben 46 Essener mit dem Coronavirus im ersten Covid19-Halbjahr. Einer von ihnen war erst 26 Jahre alt, drei waren zwischen 50 und 59 Jahre und 31 Verstorbene waren älter 80 Jahre alt.
Seitdem sensible Bereiche wie Altenheime und Pflegeeinrichtungen im Frühjahr durch strengere Besuchs-, Abstands- und Hygieneregeln besser vor dem Einschleppen des Virus geschützt werden, sterben in Essen nur noch selten Menschen mit dem Virus.
Diese Alterskohorten sind in Essen im Moment besonders von Corona betroffen
Anfang September sind es besonders Essener zwischen 20 und 29 Jahren sowie zwischen 50 und 59 Jahren, die mit Corona infiziert sind. Während die 20- bis 29-Jährigen nur 13 Prozent der Stadtbevölkerung ausmachen, ist ihr Anteil an den Personen mit einem aktuellem Covid19-Befund mit 24 Prozent vergleichsweise sehr hoch. Ähnlich ist sieht es in der Kohorte der 50- bis 59-Jährigen aus: Der Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt 15 Prozent, der Anteil an den aktuell Erkrankten in der Stadt hingegen 25 Prozent.
Kinder und Jugendliche vergleichsweise nicht oft mit Corona infiziert
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Mit großer Skepsis und Sorge vor einer zweiten Welle, haben nicht wenige vor der Rückkehr der Schulen und Kindergärten in den Normalbetrieb gewarnt. Obgleich auch in Essener Bildungs- und Betreuungseinrichtungen schon eine ganze Reihe Corona-Fälle aufgetreten sind, dokumentieren die Zahlen des Gesundheitsamtes, dass das Ansteckungsrisiko offenbar nicht so groß ist wie mitunter befürchtet. Während die unter 20-Jährigen 18 Prozent der Essener Bevölkerung ausmachen, ist ihr Anteil an den bisher an Corona erkrankten Menschen mit rund zehn Prozent vergleichsweise gering.
Wieder deutlich mehr Corona-Neuinfektionen in Essen
Unabhängig davon, dass sich Schulen und Kitas nicht als der Ansteckungshort erwiesen haben, wie mitunter befürchtet, ist die Zahl der Corona-Fälle in Essen zuletzt wieder rapide angestiegen. Im August verzeichnete das Gesundheitsamt 365 Neuinfektionen, nur im Ausbruchsmonat März waren es mehr (420). Vor allem deshalb mahnen Mediziner und die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung weiterhin zur Einhaltung der Coronaschutzverordnungen.
„Im Frühjahr suchten die kranken Menschen ihre Ärzte auf und wurden auf Corona untersucht. Es gab jedoch zusätzlich eine Gruppe von Menschen, die unbemerkt mit dem Virus infiziert war. Da sie jedoch keine schweren Symptome erlebten, gingen sie nicht zum Arzt und wurden entsprechend nicht getestet. Im Vergleich zum März/April wurden in den letzten Wochen insgesamt deutlich mehr Tests durchgeführt und andererseits erfolgten diese Untersuchungen zu einem großen Teil an anderen Personengruppen (z.B. Reiserückkehrer)“, berichtet Prof. Dr. Mirko Trilling vom Institut für Virologie der Universitätsmedizin Essen.
Im Gegensatz zum Frühjahr seien also viel häufiger gesunde Erwachsene getestet worden. „Unter den positiv getesteten Menschen sind heute deswegen viel weniger Patienten mit schweren Symptomen. Das ist jedoch kein Grund zur Entwarnung, sondern nur eine Folge der veränderten und breiteren Teststrategie. Wir müssen weiter mithilfe der AHA-Maßnahmen versuchen, SARS-CoV-2-Infektionen – insbesondere von älteren Menschen und Vorerkrankten – zu verhindern.