Essen. Der Diesel ist auch in der Schifffahrt ein Auslaufmodell: Die Weiße Flotte Baldeney will auf Elektroantrieb umstellen.

Die Corona-Krise bedeutete für die Weiße Flotte Baldeney „schweres Wetter“: Drei Monate lagen die Fahrgastschiffe im Hafen am Hardenbergufer an der Kette und durften nicht auslaufen. Das Chartergeschäft, das so gut angelaufen war, kam vollständig zum Erliegen. Erst am 6. Juni hieß es wieder: „Leinen los“. Auch wenn seitdem mehr Passagiere zugestiegen sind als in der vergangenen Saison, wird die Flotte den finanziellen Verlust nicht wieder reinfahren. Ein höherer sechsstelliger Betrag dürfte unterm Strich in der Kasse fehlen.

Für Boris Orlowski war es alles andere als ein leichter Start. Umso mehr hat sich der neue Geschäftsführer der Weißen Flotte für die kommenden Jahre vorgenommen. Schon zur kommenden Saison will er mit der „Stadt Essen“ das Flaggschiff der Flotte auf Elektroantrieb umrüsten.

Zum 1. Januar 2021 will die Weiße Flotte beim Bund Anträge auf Förderung stellen

Fahrgastschiffe mit Dieselmotoren passen nicht mehr in die Zeit, sagt Orlowski. Dass seine Schiffe am Anleger vor der Regattatribüne bei laufender Maschine festmachen, weil sonst die Kühlung versagen würde, sei eine Zumutung für die Umwelt wie für all jene, die auf der Tribüne die Sonne genießen wollen und denen der Dieselgestank das Vergnügen verleidet.

Dass auch die Schifffahrt mit der Zeit gehen muss und sich technischen Innovationen nicht verschließen kann, ist inzwischen eine weit verbreitete Einsicht. „Ich will vorne sein“, sagt Orlowski. Zumal der Bund eine lukrative Förderung in Aussicht stellt und 80 Prozent der Kosten übernehmen würde. „Das können wir uns nicht entgehen lassen“, betont der neue Chef auf der Brücke.

600.000 Euro würde die Umrüstung der „Stadt Essen“ auf Elektroantrieb kosten

Zum 1. Januar will Orlowski Förderanträge für drei seiner Schiffe stellen: für die „Stadt Essen“, die „Baldeney“ und die „Heisingen“. Die „Stadt Essen will Orlowski schon bis zum kommenden Frühjahr mit einem Elektromotor ausrüsten lassen. 600.000 Euro würde das kosten, von denen die Weiße Flotte 120.000 Euro tragen müsste. Der Zeitplan ist ehrgeizig. Der Bund muss den Antrag genehmigen, dann muss der Umbau des Schiffes europaweit ausgeschrieben werden. Und um die Flotte mit Gleichstrom zu versorgen, müssten am Hardenbergufer erst noch Leitungen verlegt werden.

Orlowski hält es für realistisch. Die anderen beiden Schiffe sollen folgen. „Wir wollen erst Erfahrungen sammeln.“ Über den Winter soll das Flaggschiff überholt und modernisiert werden.

Derweil steht die „Steele“ zum Verkauf. Auch von der „Kettwig“ will die Weiße Flotte sich trennen. Beide sind in die Jahre gekommen, letztere gilt als zu klein. Mit dem Erlös will die Weiße Flotte sich finanziellen Spielraum verschaffen, mittelfristig soll ein neues Fahrgastschiff angeschafft werden.

Und dann wäre da noch die „Innogy“. Das mit Methanol betriebene „Forschungsschiff“ war der Star 2017, dem Jahr der Grünen Hauptstadt und lockte Fachpublikum aus aller Welt nach Essen. Die Brennstoffzelle, die den Elektromotor des Schiffes mit Energie versorgt, hat jedoch ihre Tücken, berichtet Orlowski. Wirtschaftlich sei der Betrieb aufgrund der hohen Betriebskosten nie gewesen. Tanken könnte die Innogy allerdings auch an der Steckdose.

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