Essen. Boris Orlowski hat als neuer Geschäftsführer viel vor mit der Weißen Flotte. Das fängt im Maschinenraum an und hört in der Kombüse nicht auf.

Leinen los auf dem Baldeneysee: Nach der verordneten Zwangspause durch die Corona-Pandemie ist die Weiße Flotte am Wochenende verspätet in die Saison gestartet. Die "Stadt Essen" legte zu zweistündigen Rundfahrten ab. Bei mäßigem Wetter und auffrischendem Wind gingen nur wenige Passagiere an Bord, wo die inzwischen üblichen Abstands- und Hygieneregeln gelten. "Wir starten und schauen wie es läuft", sagte der neue Geschäftsführer, Boris Orlowski, der am 1. Juni das Kommando bei der Weiße Flotte übernommen hat.

Boris Orlowski hätte sich einen Start unter anderen Vorzeichen gewünscht. Denn er hat viel vor mit der traditionsreichen Schifffahrtsgesellschaft. "Ich bin nicht hierher gekommen, um zu verwalten. Ich möchte gestalten", sagt der 50-Jährige, der eine Event-Agentur betrieb, bevor er bei der Weißen Flotte anheuerte.

Boris Orlowski bezeichnet sich als ein Kind des Baldeneysees

Boris Orlowski bezeichnet sich selbst als ein Kind des Baldeneysees. Seine Eltern haben sich beim Rudersport am See kennengelernt. Er selbst war ein erfolgreicher Ruderer und Trainer. Den ersten Kontakt zur Weißen Flotte knüpfte Orlowski, als er im vergangenen Jahr die Junioren-Europameisterschaft auf dem Baldeneysee organisierte. Als die Stadt einen Neuen für die Kommandobrücke suchte, sagte er sich: Warum nicht!

Von seinem Vorgänger Franz-Josef Ewers habe er ein gut geführtes Unternehmen übernommen. Wäre die Coronakrise nicht dazwischen gekommen, 2020 hätte nach der Kulturhauptstadt 2010 wohl das erfolgreichste Jahr seit Gründung der Weißen Flotte Baldeney werden können. Nun hatte die drei Monate verloren, alle gebuchten Fahrten sind storniert. So ist es ein Start ins Ungewisse.

Der Dieselmotor ist auch in der Schifffahrt ein Auslaufmodell

Orlowski ist überzeugt davon, dass die Flotte wieder Fahrt aufnimmt, wenn die Krise erst einmal überwunden ist. Und er ist sich sicher: "Da geht noch mehr."

Ja, die Weiße Flotte hat ihren ganz besonderen Charme. Für viele Essener gehören die weiß-grünen Schiffe einfach dazu zum Baldeneysee. Doch das Erscheinungsbild hat auch Patina angesetzt. Orlowski will es aufpolieren. "Ich will das Erscheinungsbild ändern." Und nicht nur das. Mittelfristig will er die Flotte erneuern.

"Wir sind gefordert, die Schiffe auf Elektro-Antrieb umzustellen", sagt er. Der Dieselmotor ist ein Auslaufmodell, nicht nur im Straßenverkehr. Umwelt- und Klimaschutz verlangen, dass auch die Schifffahrt auf Höhe der Zeit fährt.

Die Flotte zu modernisieren, "das geht nicht von heute auf morgen", weiß Orlowski. Die "Stadt Essen" könnte jedoch bald das erste Schiff sein, das umgerüstet wird, vielleicht schon zur Saison im kommenden Jahr. Eine finanzielle Förderung durch den Bund soll es möglich machen.

Die Kombüse soll mehr bieten als Kuchen und Bockwurst mit Kartoffelsalat

Nicht nur im Maschinenraum soll sich etwas tun. "Wir haben kein barrierefreies Schiff", bedauert Orlowski. Dabei zählt die ältere Generation zu den treuesten Kunden.

Aber der Neue an Bord möchte auch neue Passagiere gewinnen, ohne die Stammkundschaft zu verprellen. Das fängt in der Kombüse an, wo nicht länger nur Bockwurst mit Kartoffelsalat und Kuchen gereicht werden sollen. Wer seine Bockwurst wünscht, soll sie haben. "Aber wir müssen bereit sein für Neues."

Das gilt auch für das Programm an Deck. "Warum soll es nicht auch mal ein Gala-Dinner sein?" Oder eine "Silent Disco?", fragt Orlowski, selbst Vater von zwei erwachsenen Kindern. Die Gäste an Bord würden den Beat über Kopfhörer genießen, so dass sich niemand am See an der Musik stört. Das Schiff könnte dann illuminiert auf dem See seine Runden drehen. Es wäre ein Hingucker. "Es gibt viele, die wir ausprobieren müssen."

Orlowski sprüht vor Ideen. So wie er sie vorträgt, wirkt er überzeugend, ja ansteckend, dass man ihm allein wegen seiner einnehmenden Art viel Erfolg wünscht. "Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit", sagt Orlowski. Sein Vertrag läuft über fünf Jahre.

FAHRTEN AUF SEE UND KANAL

Zweistündige Rundfahrten auf dem Baldeneysee bietet die Weiße Flotte wieder vom 11. bis 14. Juni an, von 11.10 Uhr (Start Hügel) bis 18 Uhr. Fahrten auf der Ruhr durch die Schleuse Baldeney vom Anleger Hügel nach Kettwig starten um 12 Uhr und 14.30 Uhr am Regattaturm und um 13.15 Uhr am Kettwiger Stausee.

Die Linienfahrten auf dem Rhein-Herne-Kanal von Gelsenkirchen-Nordsternpark über Essen-Zweigertbrücke zum Centro und zum Kaisergarten in Oberhausen stehen am 12. und 13. Juni sowie danach jeden Mittwoch und Samstag auf dem Fahrplan. Nähere Infos: www.baldeneysee.com oder über die Hafen-Hotline 185799-0.