Essen-Katernberg. Anfang des 20. Jahrhundert erbaut, war der große Platz in Essen-Katernberg ein Schmuckstück und ein Beleg für den wachsenden Wohlstand der Bürger.

Er ist zweifelsohne seit nunmehr über 120 Jahren der Mittelpunkt Katernbergs: der große Marktplatz. Auf ihm sind kaiserliche Truppen wie Nazis marschiert, wurden „Vaterländische Feiern“ abgehalten, haben sich Demonstranten versammelt, wurden Schützenfeste und Jahrmärkte gefeiert. Doch das alles ist nunmehr Geschichte. Außer an den beiden Wochenmarkttagen wird die große, baumumstandene Fläche zum Bedauern vieler Katernberger kaum noch genutzt.

Johannes Maas ist Katernberger durch und durch: Im selben Jahr als die große evangelische Kirche, die den Marktplatz bis heute überragt, erbaut wurde, eröffnete sein Großvater auf der Katernberger Straße ein Schuhgeschäft. Das war 1901. „Damals war Katernberg ein schnell wachsender blühender Stadtteil“, erzählt der 66-Jährige. Die nahe gelegene Zeche Zollverein sorgte für genügend Arbeitsplätze, die Einwohnerzahl stieg stetig.

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Nicht nur Bergarbeiter zog es nach Katernberg, auch Beamte und Bürger ließen sich hier nieder. Geschäfte florierten: Rund um den zentralen Platz gab es alles, was das Herz begehrte: Metzger, Bäcker, Eisenwaren, Obst und Gemüse. Vielen Katernbergern ist noch das dreigeschossige Textilhaus Kämper, das 1900 direkt am Platz eröffnet wurde, ein Begriff: Wo heute ein Ein-Euro-Shop ist, kaufte man bis 1985 Kleidung ein.

Einst war er ein repräsentatives Schmuckstück: Als diese Postkarte verschickt wurde, hieß der Katernberger Markt noch Kaiser-Wilhelm-Platz.
Einst war er ein repräsentatives Schmuckstück: Als diese Postkarte verschickt wurde, hieß der Katernberger Markt noch Kaiser-Wilhelm-Platz. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Der Platz wird vom einstigen Postamt, Rathaus und der Kirche eingerahmt

Zeitgleich zur evangelischen Kirche wurden auch das herrschaftliche Postamt und das Rathaus gebaut. Alle drei Gebäude sind bis heute gut erhalten und rahmen den Platz ein. Nur der vierte markante „Ankerpunkt“ hat stark gelitten: Das einstige Ehrendenkmal gegenüber der Kirche war ein gepflegtes Mahnmal, das an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges erinnerte. Für seine Errichtung hat die Katernberger Bürgerschaft Ende der 1920er Jahre viel Geld gesammelt. Mittlerweile ist die Anlage kaum noch sichtbar, wurde bis auf den Gedenkstein und zwei Edelstahlkreuze zurückgebaut.

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Die Geschichte des Ehrenmals wird, wie die gesamte Geschichte des Katernberger Marktes, von der Geschichtswerkstatt Zollverein bewahrt. Dessen Vorsitzender Klaus-Peter Scholz ist wie Johannes Maas überzeugter Katernberger Bürger, kann sich noch sehr gut daran erinnern, wie er als Kind auf dem Marktplatz gespielt hat. „Ein echter Höhepunkt war natürlich die große Kirmes zum Schützenfest. Da traf sich die Katernberger Hautevolee und flanierte im Sonntagsstaat über den Platz“, sagt der 71-Jährige.

Johannes Maas (66) hat schon als Kind auf dem großen Marktplatz gespielt. Der Katerbrunnen ist neben der Kirche das Wahrzeichen des Platzes.
Johannes Maas (66) hat schon als Kind auf dem großen Marktplatz gespielt. Der Katerbrunnen ist neben der Kirche das Wahrzeichen des Platzes. © FUNKE Foto Services | Klaus Micke

Bis 1935 hieß der Katernberger Markt Kaiser-Wilhelm-Platz

Und er erinnert sich auch noch an die Aufstellung des Katerbrunnens, der an derselben Stelle steht wie einst das 1900 errichtete Kaiser-Wilhelm-Denkmal, das bis 1935 auch Namensgeber des Platzes war: Den Kaiser-Wilhelm-Platz schafften die Nationalsozialisten ab. Ebenso das Denkmal. Das wurde im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen, man brauchte die Bronze. Übrig blieb nach dem Krieg nur der Sockel. „Als der Bildhauer Adolf Wamper dann 1956 den Auftrag für den Brunnen erhielt, hieß es explizit, dass er ein unpolitisches Denkmal schaffen soll“, sagt Klaus-Peter Scholz.

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Erst viele Jahre später erhielt der Marktplatz sein heutiges Gesicht: Nach dem Bau eines architektonisch durch und durch misslungenem Bürger- und Gemeindezentrums direkt neben der Kirche wurde er 1994 komplett umgebaut. Eine schöne Pflasterung, neue Bäume ringsherum, ein paar Bänke, ein Kiosk und ein Toilettenhaus sowie unterirdische Müllcontainer (eine Posse, die 500.000 Mark kostete und nicht lange Bestand hatte) und ein Parkverbot sollten ihm wieder mehr Attraktivität verleihen. Umsonst. Der schöne Marktplatz ist zwar immer noch das geografische Zentrum des Stadtteils, jedoch wird er als solcher von den Bürgern kaum wahrgenommen. Ideen, ihn langfristig wiederzubeleben, fehlen. Leider.

1929 wurde Katernberg eingemeindet

Der Katernberger Markt wurde Ende des 19. Jahrhunderts als repräsentatives Zentrum des Stadtteils Katernberg auf dem Gelände des Hofes Schulte op der Hege, angelegt.

Die Zeche Zollverein hatte den Hof aufgekauft und das Grundstück auf die damalig noch selbstständige Gemeinde Caternberg übertragen. Katernberg wurde erst 1929 eingemeindet.

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